Luftverkehrssteuer: "Keine ökologische Lenkungswirkung"

Erst zum 01. Januar 2011 eingeführt, steht die Luftverkehrsteuer schon wieder auf der Kippe. Die Wissenschaftler des Institus der deutschen Wirtschaft Köln (IW) haben nichts gegen die Pläne des Wirtschafts- und Verkehrsministerium, die Steuer wieder abzuschaffen.

Was ist geplant?

Innerhalb der Bundesregierung ist die zum 1. Januar 2011 eingeführte Luftverkehrsteuer sehr umstritten. Die Steuer sieht nach Entfernungszonen gestaffelte Abgaben auf Starts von Passagieren von deutschen Flughäfen vor. Das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium fordern ihre Abschaffung.

Das Bundesfinanzministerium plante mit der im Rahmen des Sparpakets für 2011 eingeführten Abgabe Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich. Mit 960 Millionen Euro für das vergangene Jahr wurde dieses Ziel nur knapp verfehlt. Erhoben wurden 8 Euro je Abflug für die Kurzstrecke – bei innerdeutschen Flügen also 16 Euro für Hin- und Rückflug, worauf auch noch Mehrwertsteuer fällig wird –, 25 Euro für die Mittelstrecke und 45 Euro für Interkontinentalflüge. Mit Jahresbeginn 2012 wurden diese Sätze reduziert, da der Luftverkehr in der EU seit Januar in den Emissionshandel einbezogen wird. Die Sätze betragen nun je nach Entfernung zur Hauptstadt des Ziellandes 7,50 Euro, 23,43 Euro beziehungsweise 42,18 Euro.

Bewertung (5 von 5 Sternen) und Begründung

  • Von Beginn an wurden von Wirtschaftsverbänden und Luftfahrtexperten erhebliche Zweifel an der neuen Steuer geäußert, da sich ihre Ziele – ökologische Lenkungswirkung und Staatseinnahmeerzielung – widersprachen. Es wurden umweltpolitisch bedenkliche Ausweichreaktionen auf weiter entfernte ausländische Flughäfen befürchtet, die zudem Arbeitsplätze und Steuereinnahmen an deutschen Flughafenstandorten und bei inländischen Fluggesellschaften kosten.

 

  • Zwar ist der Flugverkehr insgesamt in Deutschland 2011 trotz der neuen Abgabe um 4,8 Prozent gewachsen, doch war dies auf die gute Konjunktur und die erheblichen Flugausfälle aufgrund von Vulkanasche im Frühjahr 2010 zurückzuführen. Im Vergleich zu den westeuropäischen Nachbarländern ist der Luftverkehr in Deutschland jedoch unterdurchschnittlich gewachsen. Negative Auswirkungen durch die Luftverkehrsteuer gab es vor allem auf kleineren Flughäfen; Schätzungen gehen hier von 1 bis 1,8 Millionen Fluggästen(Infras für das BMF) bis zu 5 Millionen Fluggästen (Flughafenverband ADV) aus, die auf Grund der Steuer nicht oder von ausländischen Flughäfen geflogen sind. Dies dürfte zum Verlust bzw. zur Nichtentstehung von mindestens 1.000 Arbeitsplätzen geführt haben. Nach einer Faustregel sind mit einer Million Fluggäste circa 1.000 Arbeitsplätze bei Fluggesellschaften und Flughäfen verbunden; bei Billigfluggesellschaften etwas weniger. Die Arbeitsplatzverluste könnten damit auch spürbar höher ausgefallen sein. • Mit der neuen Steuer gab es 2011 eine starke Verschiebung zwischen regionalen Flughäfen, die Verkehrseinbußen von bis zu 17 Prozent hinnehmen mussten, und den großen Standorten in Frankfurt, München, Berlin und Düsseldorf mit Steigerungen von bis zu 9 Prozent. Umsteigeverkehr, den es nur an den Drehkreuzen gibt, ist nämlich von der Steuer ausgenommen. Ein weiterer Grund für die ungleiche Betroffenheit ist der Rückzug der Billigflugfluggesellschaften von Regionalstandorten wie Hahn und Weeze am Niederrhein, von wo viele Flüge ins nahegelegene Maastricht verlagert wurden. Damit gehen in strukturschwachen Regionen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren, während die Überlastung an manchen Großflughäfen weiter steigt.
  • Die Kritik an der Luftverkehrsteuer und ihren Folgewirkungen, die das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium, die Bundesländer sowie Wirtschaftsverbände geäußert haben, ist deshalb stichhaltig. Eine ökologische Lenkungswirkung ist nicht zu erkennen. Die Steuer führt zu Verlagerungen auf grenznahe Flughäfen wie Maastricht in den Niederlanden oder Basel in Frankreich, die Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung samt der damit verbundenen Steuereinnahmen kosten. Eine Abschaffung der Steuer könnte den kleineren Flughäfen mit freien Kapazitäten wieder Wachstumsperspektiven eröffnen. Mindereinnahmen bei der allein dem Bund zustehenden Luftverkehrsteuer stünden Mehreinnahmen in den betroffenen Kommunen und Ländern gegenüber.

Der Gesetzescheck ist Bestandteil des Deutschland-Checks, eine monatlich erscheinende Dauerstudie der INSM und der WirtschaftsWoche. Insgesamt besteht der Deutschland-Check aus drei Teilen: Die Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung, einer Beurteilung neuer Gesetze und einer Umfrage unter Wirtschaftsexperten, Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

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