Gutachten: Bis zu 5,5 Prozent weniger Altersvorsorge
Am Donnerstag, 14. Februar 2013, wird der EU-Kommissar Algirdas Semeta einen Entwurf zur Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer in der EU vorlegen. Spekulationen sollen damit eingedämmt werden und gleichzeitig erhofft man sich neue Milliarden für die Staatskasse. Geht diese Rechnung auf? Vermutlich nicht. Mindestens wird es Kollateralschäden geben. Nach Berechnungen einer Studie für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) trifft eine solche Steuer vor allem Privatanleger und zwar in einer Größenordnung von 2,5 bis 5,5 Prozent der auszahlbaren Renten.
Unter den Befürwortern gilt sie als finanzpolitische Wunderwaffe: die Finanztransaktionssteuer. Sie soll den Staaten Einnahmen verschaffen und die Verursacher der Finanz- und Bankenkrise zur Kasse bitten. Zudem sollen Spekulationen, die keinen gesamtwirtschaftlichen Effizienzbeitrag leisten, verteuert und somit reduziert werden. Dadurch würden Finanzmärkte stabiler und die beuge der Entstehung neuer Finanzkrisen vor, so die Argumentation der Befürworter. Doch bereits dies ist widersprüchlich: Setzt die Lenkungswirkung ein, d.h. verringert sich die Zahl der Transaktionen am Markt, geht dies notwendigerweise mit einer Verfehlung des Fiskalziels einher. Denn dann wird die Finanztransaktionssteuer nicht die Einnahmen erzielen, die sich die Befürworter von ihr versprechen.
Eine ganz andere Frage ist, ob die Steuer auf Aktien, Anleihen und Derivate überhaupt in der Lage ist, das Finanzsystem zu stabilisieren. Daran gibt es erhebliche Zweifel. Zwar besteht in der Wissenschaft weitestgehend Einigkeit darüber, dass das Handelsvolumen an den Märkten durch die Besteuerung fällt, ob damit allerdings ein gewünschter Stabilisierungseffekt einhergeht steht ganz und gar nicht fest. Prinzipiell ist es sogar umgekehrt: je liquider ein Markt, desto weniger anfällig ist er für Fehlbewertungen. So kommt auch die Mehrzahl der Studien, die sich mit dem Thema beschäftigen zu dem Schluss, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer entweder ohne Wirkung auf die Kursschwankungen am Markt bleibt oder diese sogar erhöht!
Und schließlich sollte nicht vergessen werden, dass ein erheblicher Teil der Steuer nicht von den Finanzdienstleistern bezahlt wird, sondern von den Anlegern, deren Vermögen die Finanzdienstleister lediglich verwalten. Dies führt unmittelbar zu einem Aspekt, der in der Diskussion bislang vernachlässigt wurde. Auch die private Altersvorsorge wird durch diese Steuer getroffen werden. Und entgegen den Behauptungen der Befürworter wird dieser Effekt nicht vernachlässigbar sein, sofern es nicht einfache Wege geben wird, die Steuer zu umgehen. Nach unseren Berechnungen würde eine Transaktionssteuer zu einer Einbuße bei den auszahlbaren privaten Renten in der Größenordnung von 2,5 bis 5,5 Prozent führen. Diese Einbuße wird voraussichtlich höher sein als der Betrag, der derzeit über die staatliche Förderung in Form von Riester-Verträgen verteilt wird.
Die Finanzkrise geht im Kern auf die fehlende Verbindung zwischen Risiko und Haftung zurück. Kosten von Fehlspekulationen der Finanzinstitute konnten auf die Steuerzahler abgewälzt werden. Eine Finanztransaktionssteuer löst dieses Problem nicht. Treffsicherer sind dafür gesetzliche Vorschriften, die das verhindern. Insbesondere die „Too big to Fail“ Problematik muss gelöst werden. Der Wunsch, dass die Kosten der Finanzkrise verursachergerecht verteilt werden ist legitim und verständlich. Doch auch hier versagt die Finanztransaktionssteuer.