Ohne Reformen steigen Beiträge zur Sozialversicherung auf über 50 Prozent
Mehr Rentner, bessere medizinische Versorgung und eine steigende Zahl von Pflegefällen. Um all das zu finanzieren, werden die Beitragssätze der Sozialversicherungen ansteigen müssen. Wer diesen Anstieg reduzieren möchte, wird langfristig um Änderungen beim Leistungsumfang der Sozialversicherungen kaum herumkommen. Wie groß der Reformbedarf ist, beschreibt ein Gutachten der WHU – Otto Beisheim School of Management für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).
Ohne Reformen steigen die Beitragssätze der Sozialversicherungen in den kommenden Jahrzehnten auf über 50 Prozent an. Im Extremfall könnten es im Jahr 2050 sogar über 60 Prozent Beitragssatz sein. Die Sozialbeiträge zur Renten-, Kranken, Pflege- und Arbeitslosenversicherung summieren sich derzeit – Arbeitnehmer und -geberbeiträge – auf knapp unter 40 Prozent.
Ein Lösung dieser Problematik allein durch höhere Produktivität, halten die Autoren aus ökonomischen Gründen für wenig aussichtsreich. Sie zeigen daher Reformvorschläge auf, welche durch mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung eine Stabilisierung der Beitragssätze leichter machen könnten.
Prof. Dr. Christian Hagist: „Angesichts der derzeitigen Wahlkampfdebatte um Haltelinien in der Rente und Verbote des Versandhandels im Apothekenwesen fehlt ein wenig das Vertrauen, dass die Politik die Brisanz der anstehenden Entwicklung erkannt hat.“ Doch Handeln sei dringend erforderlich: „Was das Zwei-Grad-Ziel beim Klimawandel ist, könnte für Deutschland die 40-Prozent-Marke bei den Sozialbeiträgen sein – ein ambitioniertes Vorhaben, an welchem sich die Politik zukünftig messen lassen kann.“
Dazu Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM: „Noch liegen die Jahre 2030, 2040 und 2050 in scheinbar ferner Zukunft. Aber wenn wir verhindern wollen, dass die Folgen des demografischen Wandels unsere Kinder und Enkel mit voller Wucht treffen, müssen wir schon heute darüber diskutieren, wie wir künftig unserer Sozialversicherungen finanzieren wollen und welche Leistungen wir erwarten können. Wer neben den unabdingbar wichtigen auch vertraute und komfortable Leistungen erhalten will, muss diese begründen und gegebenenfalls sagen, welche anderen Leistungen dafür entfallen sollen. Die 40-Prozent-Marke bei den Sozialbeiträgen ist ein richtiges und wichtiges Ziel. Die INSM als Reform-Initiative wird diese Diskussion in den kommenden Jahre aktiv begleiten.“