INSM-Bildungsmonitor 2024: Herausforderungen im Bildungssystem wachsen

Der INSM-Bildungsmonitor 2024 zeigt deutliche Verschlechterungen in zentralen Bereichen des deutschen Bildungssystems. Die Untersuchung, die bereits zum 21. Mal vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) durchgeführt wurde, analysiert, in welchen bildungspolitischen Handlungsfeldern Fortschritte erzielt wurden und wo dringender Handlungsbedarf besteht. 

Zusammenfassung der Ergebnisse

Rückgang in Schulqualität und Bildungsarmut 

Die aktuelle Ausgabe des Bildungsmonitors offenbart ernüchternde Ergebnisse. Insbesondere in den Bereichen Schulqualität (-28,2 Punkte), Bildungsarmut (-25,7 Punkte) und Integration (-39,5 Punkte) gab es im Vergleich zu den letzten Jahren deutliche Verschlechterungen. Vor allem der Kompetenzverlust bei den Schülern, insbesondere denjenigen mit Migrationshintergrund, zeigt die Dringlichkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität zu ergreifen. 

Steigende Anforderungen durch gesellschaftliche Transformationen 

Die deutsche Bildungslandschaft steht zudem vor großen Herausforderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografischen Wandel und De-Globalisierung. Diese Transformationen erfordern verstärkte Anstrengungen, um die benötigten Fachkräfte zu sichern. Der Bildungsmonitor hebt die Notwendigkeit hervor, die Investitionen in Bildung, insbesondere in frühkindliche Bildung und die MINT-Fächer, zu erhöhen, um die Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz Deutschlands zu sichern. 

Trotz des allgemein negativen Trends gibt es auch positive Entwicklungen, etwa in den Bereichen Internationalisierung (+32,2 Punkte), Förderinfrastruktur (+18,5 Punkte) und Betreuungsbedingungen (+16,5 Punkte). Der Bericht unterstreicht die Bedeutung gezielter Fördermaßnahmen, wie dem Startchancenprogramm, das auf eine Verbesserung der Schulqualität, Reduzierung von Bildungsarmut und eine bessere Integration abzielt. 

Der INSM-Bildungsmonitor 2024 zeigt klar, dass für die Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen eine fokussierte und zielgerichtete Bildungspolitik unerlässlich ist. Deutschland muss seine Investitionen in das Bildungssystem deutlich steigern, um die Potenziale aller Schüler zu fördern und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. 

Die Bundesländer im Einzelnen 

INSM-Bildungsmonitor 2024 - Ranking der Bundesländer

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1. Sachsen

Sachsen bleibt weiterhin an der Spitze des Rankings und belegt den ersten Platz im INSM-Bildungsmonitor 2024. Das Bundesland zeigt besondere Stärken in den Bereichen Förderinfrastruktur, Schulqualität, Bildungsarmut und Forschungsorientierung. Diese Erfolge sind das Ergebnis kontinuierlicher Investitionen in die Bildungsinfrastruktur und -qualität. 

2. Bayern

Bayern belegt den zweiten Platz und führt im Bereich berufliche Bildung. Das Bundesland profitiert von einer starken Fokussierung auf praxisorientierte Bildungswege, die die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Bayerns fördern. Dennoch gibt es Verbesserungspotenzial in den Bereichen Schulqualität und Bildungsarmut. 

3. Hamburg

Hamburg hat sich auf den dritten Platz verbessert und zeigt herausragende Ergebnisse in der Internationalisierung, Inputeffizienz und Förderinfrastruktur. Nahezu alle Schüler besuchen Ganztagsschulen, und der Fremdsprachenunterricht ist weit verbreitet. Herausforderungen bestehen jedoch weiterhin bei der Schulqualität und der Bildungsarmut. 

4. Thüringen

Thüringen erreicht den vierten Platz und zeigt solide Ergebnisse in mehreren Bildungsbereichen. Trotz Fortschritten gibt es noch Handlungsbedarf bei der Digitalisierung und der Verringerung der Bildungsarmut, um mit den führenden Bundesländern mitzuhalten. 

5. Baden-Württemberg

Baden-Württemberg belegt den fünften Platz und zeigt Stärken in den Bereichen Digitalisierung und Zeiteffizienz. Trotz der insgesamt guten Platzierung besteht in einigen Bereichen, wie der Integration und Schulqualität, noch Verbesserungspotenzial, um das Niveau der führenden Bundesländer zu erreichen. 

6. Saarland

Das Saarland verbessert sich auf den sechsten Platz und führt im Handlungsfeld Ausgabenpriorisierung. Die hohen Bildungsausgaben zeigen positive Effekte auf die Bildungsergebnisse. Dennoch gibt es Herausforderungen in den Bereichen Schulqualität und digitale Ausstattung der Schulen. 

7. Hessen

Hessen verbessert sich auf den siebten Platz und zeigt starke Ergebnisse in Integration, Förderinfrastruktur und Inputeffizienz. Besonders hervorzuheben ist der geringe Anteil ausländischer Schulabgänger ohne Abschluss. Verbesserungsbedarf besteht jedoch bei der Internationalisierung und Schulqualität. 

8. Niedersachsen

Niedersachsen belegt den achten Platz, mit Stärken in Ausgabenpriorisierung, Forschungsorientierung und Integration. Die hohen Bildungsausgaben und gute Forschungsfinanzierung unterstreichen die Investitionsbereitschaft des Landes. Verbesserungsbedarf besteht in den Bereichen Internationalisierung und Hochschulbildung. 

9. Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz sichert sich den neunten Platz. Das Bundesland zeigt gute Ergebnisse in der Bildungsarmut und Integration, jedoch gibt es Verbesserungspotenzial in der Schulqualität und bei den Betreuungsbedingungen in Kitas und Schulen. 

10. Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein belegt den zehnten Platz und zeigt Erfolge in den Bereichen Zeiteffizienz, Bildungsarmut und Schulqualität. Herausforderungen bestehen bei der Digitalisierung, Hochschule/MINT und Förderinfrastruktur, wo weiterhin Aufholbedarf besteht. 

11. Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt belegt Platz elf und zeigt Erfolge bei der Forschungsorientierung und Ausgabenpriorisierung. Herausforderungen gibt es bei der Internationalisierung und Inputeffizienz, die das Bildungssystem im Vergleich zu anderen Bundesländern verbessern könnten. 

12. Berlin

Berlin verbessert sich auf Platz zwölf, mit besonderen Stärken in den Bereichen Betreuungsbedingungen, Inputeffizienz und Internationalisierung. Trotz dieser Fortschritte bleiben die berufliche Bildung, Bildungsarmut und Schulqualität herausfordernde Bereiche für die Hauptstadt . 

13. Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern belegt den 13. Platz und zeigt gute Ergebnisse in den Bereichen Betreuungsbedingungen und Förderinfrastruktur. Verbesserungen sind jedoch bei der Schulqualität und Integration notwendig, um im Ländervergleich aufzuholen. 

14. Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen belegt den 14. Platz. Das Bundesland zeigt Stärken bei der Internationalisierung, jedoch bestehen erhebliche Herausforderungen bei der Schulqualität und den Betreuungsbedingungen, die es zu adressieren gilt. 

15. Brandenburg

Brandenburg liegt auf dem 15. Platz und zeigt Stärken im Bereich Integration. Es bestehen jedoch deutliche Herausforderungen in den Bereichen Schulqualität und Bildungsarmut, die dringend adressiert werden müssen. 

16. Bremen

Bremen belegt den letzten Platz im Bildungsranking. Obwohl das Bundesland in einigen Bereichen wie Hochschule/MINT erste Plätze erzielt, bestehen erhebliche Defizite in der Schulqualität und den Betreuungsbedingungen, die die Gesamtleistung negativ beeinflussen 

Was jetzt zu tun ist

Der diesjährige Bildungsmonitor steht klar unter der Überschrift: Potenziale der Zuwanderung besser nutzen! 

Ein zentraler Fokus des Berichts liegt auf der Integration und den Bildungschancen von Schülern mit Migrationshintergrund. Trotz des Potenzials, das Zuwanderung zur Milderung der demografischen Herausforderungen bietet, zeigt der Bildungsmonitor, dass diese Potenziale noch nicht ausreichend gehoben werden. Es zeigt sich, dass nicht der Migrationsstatus per se zu schlechteren Bildungsergebnissen führt, sondern die Sprachkompetenzen im Elternhaus und der Bildungsstand der Eltern ausschlaggebend sind. 

Frühkindliche Bildung und Sprachförderung intensivieren

Frühkindliche Bildung und gezielte Sprachförderung müssen stärker ausgebaut werden, um insbesondere Kinder aus bildungsfernen Haushalten und mit Migrationshintergrund frühzeitig zu unterstützen. Hierzu sollte ein verpflichtender Sprachtest für Vierjährige bundesweit eingeführt werden, um Sprachdefizite frühzeitig zu erkennen und zu beheben. 

Investitionen in die Qualität der frühkindlichen Bildung, insbesondere in der Ausbildung und Fortbildung des Personals, sind notwendig, um die Chancengerechtigkeit zu erhöhen und langfristige Bildungs- und Arbeitsmarkterfolge zu ermöglichen. 

Ganztagsangebote in Kitas und Schulen ausbauen

Der Ausbau von Ganztagsangeboten sollte flächendeckend weiter vorangetrieben werden, speziell in Grundschulen und Kitas. Dies trägt nicht nur zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei, sondern hat auch positive Effekte auf die Bildungsqualität und die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern. 

Länder wie Hamburg und Berlin zeigen bereits positive Entwicklungen durch eine nahezu flächendeckende Ganztagsbetreuung, was auch auf andere Bundesländer übertragen werden sollte. 

Bildungsarmut verringern durch gezielte Förderprogramme

Die Bildungsarmut bleibt in vielen Bundesländern ein zentrales Problem. Hier sind gezielte Förderprogramme, wie das „Startchancenprogramm“ für benachteiligte Schulen, notwendig. Diese Programme sollten erheblich ausgeweitet werden, um nicht nur die am stärksten benachteiligten 10%, sondern mindestens 40% der Schulen zu erreichen. 

Solche Programme müssen umfassender werden und gezielt Schulen in benachteiligten sozialen Umfeldern unterstützen, um den Bildungserfolg unabhängig von der sozialen Herkunft zu gewährleisten. 

Verbesserung der Schulqualität und Kompetenzerhebungen

Eine systematische Verbesserung der Schulqualität, insbesondere in den Fächern Mathematik, Deutsch und den MINT-Fächern, ist dringend erforderlich. Dazu gehören eine bessere Ausstattung der Schulen, kleinere Klassengrößen und eine verstärkte Förderung von Lehrkräften in Fort- und Weiterbildungsprogrammen. 

Regelmäßige und standardisierte Kompetenztests (wie IQB-Erhebungen) sollten fortgesetzt und für zielgerichtete Maßnahmen genutzt werden. Ergebnisse müssen genutzt werden, um Schwächen frühzeitig zu identifizieren und gezielt anzugehen. 

Integration und Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund stärken

Die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund bleibt eine Herausforderung, besonders in Hinblick auf die Sprachkompetenzen und den Bildungserfolg. Der Fokus sollte auf der besseren sprachlichen und fachlichen Förderung dieser Gruppe liegen, um die Potenziale der Zuwanderung besser zu nutzen. 

Schulen sollten zusätzliche Ressourcen und Personal für die gezielte Sprachförderung und integrationsfördernde Maßnahmen erhalten, um eine verbesserte Integration und Chancengleichheit zu fördern. 

Investitionen in digitale Bildung und Infrastruktur

Es besteht weiterhin erheblicher Bedarf an Investitionen in die Digitalisierung der Bildungseinrichtungen. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung von Breitbandinternet und digitaler Ausstattung an Schulen, sondern auch die Schulung der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien und Tools. 

Länder wie Schleswig-Holstein und Berlin zeigen, dass auch kleinere Verbesserungen in der digitalen Ausstattung bereits zu Effizienzsteigerungen führen können. Diese Best Practices sollten auf alle Bundesländer übertragen werden. 

Verbesserung der beruflichen Bildung und Arbeitsmarktorientierung

Die berufliche Bildung und die duale Ausbildung müssen gestärkt werden, um die Fachkräftesicherung langfristig zu gewährleisten. Dies erfordert mehr Ausbildungsplätze und eine bessere Vorbereitung der Jugendlichen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere in den MINT-Berufen und anderen wachstumsstarken Sektoren. 

Es ist notwendig, die Attraktivität der beruflichen Bildung durch Kooperationen mit Unternehmen, erweiterte Praktikumsangebote und duale Studiengänge zu erhöhen. 

Effizientere Nutzung von Bildungsausgaben

Eine effizientere Nutzung der Bildungsausgaben ist entscheidend, besonders in Hinblick auf eine optimale Balance zwischen Personal- und Sachausgaben. Einige Bundesländer wie Hamburg zeigen bereits, dass hohe Sachausgaben positive Effekte auf die Qualität und Effizienz der Bildung haben können. 

Die Bildungsausgaben sollten gezielt in Bereiche fließen, die direkte Effekte auf die Qualität und Ergebnisse der Bildung haben, wie z.B. digitale Infrastruktur, Lehrerfortbildung und Schulmodernisierung. 

 

INSM Bildungsmonitor 2024 Pressekonferenz

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Autor:

Prof. Dr. Axel Plünnecke ist stellvertretender Leiter des Wissenschaftsbereichs Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik und Leiter des Kompetenzfelds Humankapital und Innovationen beim Institut der deutschen Wirtschaft.

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