Bildung
INSM-Bildungsmonitor Spezial 2024

Schülerkompetenzen während Corona stark gesunken

Die Schulschließungen während der Corona-Pandemie und die übermäßige Nutzung digitaler Medien durch Jugendliche haben signifikant zu den stark gesunkenen Schülerkompetenzen in Deutschland beigetragen. Dies zeigt eine aktuelle Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

3. Juni 2024

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Ergebnisse

Die PISA-Studie belegt, dass zwischen 2012 und 2022 der Anteil der Schüler, die in Mathematik die Mindeststandards nicht erreichten, von knapp 18 % auf fast 30 % angestiegen ist. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Top-Performer von fast 18 % auf unter 9 % halbiert. Besonders stark betroffen sind Jugendliche mit Zuwanderungshintergrund, insbesondere aus der ersten Zuwanderergeneration. Diese Entwicklung korreliert mit dem Anstieg des Anteils 15-jähriger Schüler mit Zuwanderungshintergrund von knapp 26 % im Jahr 2012 auf fast 39 % im Jahr 2022. 

 

 

Für den Bildungsmonitor haben die Bildungsforscher des IW die neuesten PISA-Ergebnisse sowie weitere internationale Studien ausgewertet und wesentliche Einflussfaktoren auf die PISA-Ergebnisse identifiziert. 

Ein zentraler Faktor für den Negativtrend waren die Schulschließungen während der Corona-Pandemie. Besonders Kinder aus bildungsfernen Schichten hatten weniger Unterstützung durch ihre Eltern, konnten dem Fernunterricht schlechter folgen und erhielten weniger Unterstützung von den Schulen. Zusätzlich wurden die PISA-Ergebnisse negativ beeinflusst, wenn Kinder und Jugendliche sehr viel Zeit mit digitalen Medien wie Videospielen oder sozialen Netzwerken verbrachten. Diese intensive Nutzung digitaler Medien führte dazu, dass weniger Zeit für schulische Aktivitäten, Lesen oder Sport blieb. 

Ein wesentlicher Grund für das sinkende Bildungsniveau sind die mangelnden Deutschkenntnisse bei immer mehr Kindern aus Zuwandererfamilien. Der Anteil der zugewanderten Jugendlichen, bei denen zu Hause Deutsch gesprochen wird, sank laut PISA von 72 % im Jahr 2012 auf unter 52 % im Jahr 2022. Bei Schülern der ersten Zuwanderergeneration liegt dieser Anteil sogar nur noch bei knapp 13 %. Im Rahmen der Analyse fiel auf, dass die fehlenden Sprachkenntnisse dieser Gruppe erhebliche, negative Auswirkungen auf deren Ergebnisse in der PISA-Studie hatten. Ebendiese familiär benachteiligten Jugendlichen wurden von den coronabedingten Schulschließungen besonders stark getroffen. 

Zudem belegen nationale und internationale Studien, dass die Schulschließungen zu deutlichen Lernrückständen führten, die nicht vollständig kompensiert werden konnten. Besonders betroffen waren: 

  • Kinder mit Migrationshintergrund oder aus sozio-ökonomisch benachteiligten Haushalten: Diese Gruppen zeigten größere Lernrückstände als Kinder aus bildungsnahen Haushalten. 

  • Jüngere Kinder: Sie waren stärker von den negativen Auswirkungen betroffen als ältere Schüler und Jugendliche. 

  • Fächerunterschiede: Die Lernverluste waren in Mathematik größer als im Lesen. 

Handlungsempfehlungen

Um die durch die Pandemie entstandenen Defizite auszugleichen und die Chancengerechtigkeit zu verbessern, werden folgende Maßnahmen empfohlen: 

  1. Gezielte frühkindliche Förderprogramme: Einführung von Chancenbeauftragten an Schulen zur Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Kompensation von Lernrückständen. Diese Programme sollen speziell Kinder aus benachteiligten Verhältnissen unterstützen. 

  2. Bildungsangebote stärker nach einem Sozialindex finanziell ausstatten: Zur Sicherstellung einer hohen Qualität und gezielte Sprachförderung, insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund, sollte die Finanzierung von Schulen anhand des Sozialindex bemessen werden. 

  3. Digitalisierung der Schulen: Verbesserung der digitalen Ausstattung und Ausbildung der Lehrkräfte, um auch zukünftig auf Schulschließungen besser vorbereitet zu sein und die digitale Bildung zu fördern. Schulen sollten mit modernen Lernplattformen und digitalen Geräten ausgestattet sein. 

Fazit

Die Corona-Pandemie hat deutliche Schwachstellen im deutschen Bildungssystem offenbart, aber auch gezeigt, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Bildungsgerechtigkeit zu erhöhen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf ab, die entstandenen Lernlücken zu schließen und langfristig gleiche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Die frühkindliche Förderung, Digitalisierung der Schulen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen und Elternhäusern sind dabei von zentraler Bedeutung.