10 Fakten zur Angebotspolitik

Angebotspolitik ist ein Begriff aus der Volkswirtschaft. Sie umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens oder Staates, um die Menge und Qualität von Gütern und Dienstleistungen zu erhöhen. Der Fokus liegt also auf der Förderung der Produktion und einer effizienteren Wirtschaft statt auf der Stützung der Nachfrage. Der Staat organisiert dafür gute Rahmenbedingungen und hat darüber hinaus keine aktive Rolle.

Angebotspolitik schafft Wachstum durch mehr Produktion


Fakt 1: Hohe Inflation und schwaches Wachstum sind Realität.

Fakt 2: Energiepolitische Heraus­forderungen bleiben groß.

Fakt 3: Babyboomer-­Verrentung reißt Arbeitskräftelücke.

Fakt 4: Gut drei Millionen zusätzliche Arbeitskräfte sind möglich.

Fakt 5: In Deutschland wird vergleichs­weise wenig gearbeitet.

Fakt 6: Der Faktor Arbeit wird in Deutschland zu hoch belastet.

Fakt 7: Bürokratie und Regulierung verhindern Wachstum.

Fakt 8: Freihandel sichert Jobs und Wohlstand in Deutschland.

Fakt 9: Deutschland ist für Unter­nehmen ein Hochsteuerland.

Fakt 10: Frauen in MINT­-Berufen: Großes Wachstumspotenzial.


Angebotspolitik ist ein Begriff aus der Volkswirtschaft. Sie umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens oder Staates, um die Menge und Qualität von Gütern und Dienstleistungen zu erhöhen. Der Fokus liegt also auf der Förderung der Produktion und einer effizienteren Wirtschaft statt auf der Stützung der Nachfrage. Der Staat organisiert dafür gute Rahmenbedingungen und hat darüber hinaus keine aktive Rolle.

Bessere Bedingungen sind beispielsweise Anreize für Investitionen in Maschinen, Anlagen und IT sowie in Bildung, Forschung und Entwicklung, weniger Regulierung und Bürokratie sowie niedrigere Steuern und Abgaben. Eine höhere Produktion und damit ein größeres Angebot führt – wegen sinkender Preise – auch zu weniger Inflation, mehr Arbeitsplätzen, Wirtschaftswachstum und einer höheren Wettbewerbsfähigkeit – und damit zu mehr Wohlstand für alle.

Die Idee der „Supply-Side Economics“ (engl. für Angebotspolitik) ist in den 1970er Jahren in den USA entstanden. Als geistige Väter gelten der kanadische Ökonomie-Professor Robert A. Mundell (1932–2021), der an der Columbia University in New York wirkte, und sein Mitarbeiter, der US-Ökonom Arthur Laffer (*1940).

Hohe Inflation und schwaches Wachstum sind Realität.

Corona, gestörte Lieferketten, Ukraine-Krieg, hohe Energiepreise – zahlreiche Krisen haben die Inflation in Deutschland in lange nicht gekannte Höhen getrieben. Hatte die Inflationsrate von 2010 bis 2020 meist deutlich unter 2 Prozent gelegen, erreichte sie 2022 einen Wert von 7,9 Prozent1. Das bedeutete den schlimmsten Preisschock seit Bestehen der Bundesrepublik. Experten rechnen ab 2024 mit einem deutlichen Rückgang der Inflation.

Die Wirtschaft hat sich 2022 zwar robuster gezeigt als erwartet – doch im vierten Quartal sank das BIP gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. Bei hohen Inflationsraten und einer zugleich schwachen wirtschaftlichen Entwicklung spricht man von Stagflation. Um diese zu beenden, ist eine Rückkehr zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik geboten: Eine Ausweitung des Angebots an Waren und Dienstleistungen nimmt den Preisdruck und gibt positive Impulse für das Wirtschaftswachstum.

Quellen: Jahreswirtschaftsbericht 2023 (bmwk.de)Inflationsraten Deutschland: Tabelle von 1992 bis 2023 (finanz-tools.de)

Zurück zum Seitenanfang

Energiepolitische Heraus­forderungen bleiben groß.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat für einen Angebotsschock am Energiemarkt gesorgt. Die Bundesregierung steuert dagegen, etwa durch den Import von Flüssiggas (LNG). Dank eines milden Winters und Einsparungen vor allem in der Industrie hat sich die Lage auf den Energiemärkten ein wenig beruhigt, doch die Preise sind immer noch deutlich höher als vor Kriegsausbruch und belasten die internationale Wettbewerbsfähigkeit enorm.Die angestrebte Klimaneutralität der Wirtschaft erfordert darüber hinaus zuvorderst den Ausbau der erneuerbaren Energien. Dafür gilt es, Genehmigungs- und Planungsverfahren weiter zu vereinfachen und zu beschleunigen. Der schnelle Bau der LNG-Terminals kann hier Vorbild sein. Eine von
der INSM beauftragte Umfrage zeigt, dass die Deutschen einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien mehrheitlich (fast 68 Prozent) positiv bewerten.
Quelle: Civey-Umfrage

Babyboomer-Verrentung reißt Arbeitskräftelücke.

Viele Unternehmen in Deutschland beklagen einen großen Arbeits- und Fachkräftemangel, zugleich ist die Arbeitslosigkeit gering und die Zahl der Erwerbstätigen auf Rekordniveau. Zusätzlich werden bis Mitte der 2030er Jahre die geburtenstarken 1950er und 1960er Jahrgänge – die sogenannten Babyboomer – in Rente gehen. Bis 2036 werden dann fast 13 Millionen Menschen das Rentenalter überschritten haben, das entspricht knapp 30 Prozent des Arbeitskräfteangebots des Jahres 2021. Anreize zur Frühverrentung wie die Rente mit 63 verschärfen das Problem. 2021 erreichte die Zahl der Neurentnerinnen und -rentner, welche diesen Zugang zur Rente wählten, mit 268.957 fast wieder den Rekord von 2015. Zugleich stagniert der Trend, dass Menschen länger erwerbstätig sind. Eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit im höheren Alter würde das Arbeitsangebot erhöhen und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Quelle: Erwerbstätige – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

Zurück zum Seitenanfang

Gut drei Millionen zusätzliche Arbeitskräfte sind möglich.

Unglaublich, aber wahr: 2021 wünschten sich in Deutschland gut 3,1 Millionen Nichterwerbspersonen im Alter von 15 bis 74 Jahren Arbeit. Das sind immerhin 17 Prozent aller Nichterwerbspersonen. Dabei handelt es sich um Menschen ohne Arbeit, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder momentan nicht aktiv nach Arbeit suchen, sich aber trotzdem Arbeit wünschen. Sie gelten deshalb nicht als erwerbslos, sondern als sogenannte Stille Reserve am Arbeitsmarkt. Die Gründe, trotz Arbeitswunsch nicht aktiv zu werden, sind beispielsweise Betreuungspflichten oder die subjektive Annahme, keine passende Tätigkeit finden zu können. Übrigens stellten im Jahr 2021 Frauen mit knapp 56 Prozent die Mehrheit der Stillen Reserve. 60 Prozent der Menschen in der Stillen Reserve hatten 2021 mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hoch- oder Fachhochschulreife.

Quelle: Stille Reserve am Arbeitsmarkt im Jahr 2021 bei gut 3,1 Millionen Menschen – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

Zurück zum Seitenanfang

In Deutschland wird vergleichs­weise wenig gearbeitet.

An den demografischen Trends kann die Politik kurzfristig wenig ändern: Die Gesellschaft altert, bald wird die Zahl der Erwerbstätigen stark zurückgehen. Das Arbeitskräfteangebot wird aber auch dadurch bestimmt, ob jemand sich überhaupt am Erwerbsleben beteiligt und wenn ja, in welchem Umfang. Was die jährlichen Arbeitsstunden je Erwerbstätigen angeht, hat Deutschland noch Luft nach oben: Im OECD-Vergleich kommt Deutschland auf den letzten Platz. Würden alle Erwerbstätigen in Deutschland eine Stunde pro Woche mehr arbeiten, entspräche dies annähernd 1,8 Millionen zusätzlichen Erwerbstätigen.

Quelle: Hours worked, Total, Hours/worker, 2021 or latest available (oecd.org)

Zurück zum Seitenanfang

Der Faktor Arbeit wird in Deutschland zu hoch belastet.

Im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte aus aller Welt hat Deutschland ein Problem: die hohe Abgaben- und Steuerlast. Für 2021 weist die OECD für einen kinderlosen Single mit Durchschnittseinkommen Steuern und Abgaben von 37,8 Prozent des Einkommens aus. Nur Belgien belastet diesen Steuerzahlertyp mit 39,8 Prozent höher. In der Schweiz werden 17,9 Prozent fällig, im Schnitt der OECD sind es 24,6 Prozent. Die arbeitgeberseitige Belastung für den Single mit Durchschnittseinkommen liegt mit 48,1 Prozent in Deutschland noch darüber.

Würde die Steuer- und Abgabenlast gesenkt, würden die Unternehmen mehr Arbeitsplätze schaffen und den Arbeitnehmern bliebe netto mehr vom Brutto. Das erhöht auch die Attraktivität des Standorts Deutschlands für ausländische Arbeits- und Fachkräfte, auf die ohnehin schon hohe Sprachhürden und ein zu wenig digitalisiertes Land warten.

Quelle: Arbeitskosten international: Deutschland in der Spitzengruppe – Institut der deutschen Wirtschaft (IW) (iwkoeln.de)

Zurück zum Seitenanfang

Bürokratie und Regulierung verhindern Wachstum.

Ein Zuviel an Bürokratie und Regulierung behindert das Funktionieren des Staates. Deutschland muss dringend Bürokratie abbauen. Auch gilt es, den Trend zu stoppen, zunehmend Verwaltungskosten zu externalisieren, indem den Unternehmen immer mehr Berichts- und Informationspflichten sowie Aufgaben zur Umsetzung staatlicher Regeln aufgebürdet werden. Das dürfte inzwischen ein ernsthaftes Investitionshemmnis darstellen. Die Regel „One in, one out“, also pro neuer Regulierung eine andere abzuschaffen, erhält nur den Status quo. Vor allem Planungs- und Genehmigungsverfahren sind kaum mehr ohne anwaltliche Begleitung möglich. Die mangelhafte Digitalisierung der Verwaltung ist ein weiteres Hemmnis. Die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes ist klar gescheitert. Hier sollten bis Ende 2022 exakt 575 definierte Verwaltungsdienstleistungen bundesweit einheitlich digitalisiert werden. Geschafft wurden nur 105.

Quelle: Publikation (bdi.eu)

Zurück zum Seitenanfang

Freihandel sichert Jobs und Wohlstand in Deutschland.

Das deutsche Wirtschaftsmodell beruht maßgeblich auf der starken Integration in die Weltwirtschaft. Im Jahr 2020 hing gut ein Viertel aller Arbeitsplätze in Deutschland vom Export ab. Ein freier Handel sorgt zudem für ein größeres Güter- und Dienstleistungsangebot, da Waren ohne zusätzliche Kosten wie Zölle importiert werden können. Allerdings gibt es in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen bislang beachtliche ungenutzte Potenziale. Durch ein Freihandelsabkommen etwa mit Indien – für das Land werden in den nächsten Jahren Wachstumsraten von über 6 Prozent erwartet – könnte die EU deutliche Wohlstandsgewinne einfahren.

Weitere Potenziale für den Freihandel liegen in bereits ausgehandelten Freihandelsabkommen der EU. Besonderes Gewicht hat hier der Mercosur-Wirtschaftsraum. So sind dessen Gründungsstaaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wichtige Absatzmärkte für die deutsche Wirtschaft.

Quelle: EU Trade agreements (europa.eu)

Zurück zum Seitenanfang

Deutschland ist für Unter­nehmen ein Hochsteuerland.

Immer mehr Bürokratie (siehe Lieferkettengesetz), ein bis dato nicht abgeschaffter Solidaritätszuschlag und fehlende Strukturreformen im Steuerrecht: Die Unternehmen müssen immer größere Belastungen schultern. Alarmierend ist das vor allem, weil die Steuerbelastung in anderen Ländern oft deutlich geringer ist.

Die nominale Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften liegt hierzulande im Mittel bei etwa 30 Prozent. Im OECD-Schnitt beträgt sie 23,1 Prozent, in der EU sogar nur 21,2 Prozent. Bei Personengesellschaften erreicht die Steuerbelastung in Deutschland bis zu 45 Prozent. Diese Nachteile machen sich bei Investitionsentscheidungen immer stärker bemerkbar, zumal Deutschland auch bei weiteren Standortfaktoren wie Energiekosten, Fachkräften, Digitalisierung und Infrastruktur zurückfällt. Dies gilt nicht nur im Vergleich zu den Nachbarländern, sondern auch gegenüber den USA.

Quelle: Bundesfinanzministerium – Neue Broschüre: Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2021

Zurück zum Seitenanfang

Frauen in MINT­-Berufen: Großes Wachstumspotenzial.

Bildung ist und bleibt die Basis für heutigen und künftigen Wohlstand. Das gilt in besonderem Maße für ein an sonstigen Ressourcen wie etwa Bodenschätzen armes Land wie Deutschland. Anders gesagt: Gute Fachkräfte sind unser Kapital. Gerade im für die Innovationskraft zentralen Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (kurz: MINT) schlummern in Deutschland nicht gehobene Potenziale – bei den Frauen. Denn hierzulande ist die Geschlechterdiversität in der Technologielandschaft besonders gering. So liegt Deutschland mit einem Frauenanteil von 22 Prozent bei Bachelor-Abschlüssen in MINT-Fächern deutlich unter dem EU-Durchschnitt (32 Prozent).

In der EU arbeiten derzeit 22 Prozent der Frauen in Tech-Jobs. Gelänge es, diesen Anteil bis 2027 zu verdoppeln – geschätzt 3,9 Millionen zusätzliche Frauen in Tech-Berufen –, könnte das BIP in der EU um bis zu 600 Milliarden Euro steigen.

Quelle: women-in-tech-the-best-bet-to-solve-europes-talent-shortage_vf.pdf (mckinsey.de)

Zurück zum Seitenanfang


Ausgewählte Quellen

Wachstum statt Stagflation: Vorschläge für eine Rückkehr zur Angebotspolitik
Expertise im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) von Prof. Dr. Jan Schnellenbach, Januar 2023

Statistisches Bundesamt, 2023

Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, 2023

Women in tech: The best bet to solve Europe’s talent shortage
McKinsey, 2023

Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2021
Bundesministerium der Finanzen, 2021

Das könnte Sie auch interessieren