Familienunternehmen: Weniger Bürokratie, mehr Wirtschaftsleistung

Das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW bescheinigt dem Standort Deutschland unnötige bürokratische Lasten, wovon insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen betroffen sind. Deshalb: Um Deutschland wieder familienunternehmerfreundlich zu machen, bedarf es jetzt einer klugen Wirtschaftspolitik.

Spricht man vom Rückgrat der deutschen Wirtschaft, so ist es genauer betrachtet vor allem eine ganz besondere Spezies, die nachhaltig und über Generationen hinweg zum Innovationstreiber und Garant unseres Wohlstands geworden sind – unsere inhaber- und familiengeführten Unternehmen.

Nicht nur aufhorchen, sondern erschrecken, lässt daher der jüngst veröffentliche „Länderindex Familienunternehmen“. Die Studie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW bescheinigt dem Standort Deutschland unnötige bürokratische Lasten und unterdurchschnittliche Resultate in den Bereichen Steuern, Arbeits- und Energiekosten; ganz zu schweigen von der desaströsen digitalen Infrastruktur.

 

Politik kann und muss aktiv werden, um Deutschland wieder familienunternehmerfreundlich zu machen.“

Fast scheint es, als habe die letzte Legislaturperiode unter Schwarz-Rot alles darangesetzt Familienunternehmern das Leben schwer zu machen. Im internationalen Vergleich der Studie schafft es das Land mit den meisten Weltmarktführern, Deutschland, deshalb auch gerade einmal auf einen enttäuschenden Platz 17 von 21. Und selbst dieses alarmierende Ergebnis konnte nur durch die finanzielle Stabilität unserer Unternehmen und guten Finanzierungsmöglichkeiten aufrechterhalten werden.

Eine ernüchternde Bilanz, die wir so nicht stehen lassen können, nicht nur weil wir auch für kommende Durststrecken gewappnet sein sollten. Die gute Nachricht ist: Dieser Zustand ist nicht in Stein gemeißelt. Politik kann und muss aktiv werden, um Deutschland wieder familienunternehmerfreundlich zu machen. Denn dazu gehört mehr als ein weiteres „Gut-gemeint-Gesetz“, dazu gehört eine kluge Wirtschaftspolitik, die den sozialen Rückhalt dieser Gesellschaft stärkt.

Neue Bürokratiemonster

Bürokratie ist menschengemacht und keine Naturgegebenheit. Und hinter Vorhaben wie dem geplanten Gesetz zur Stärkung der wirtschaftlichen Integrität“ oder dem zu erwartenden Lieferkettenhaftungsgesetz“ warten neue Bürokratiemonster. Sie werden die Unternehmen zwingen, sich mit Dokumentationspflichten zur Haftungsvermeidung zu beschäftigen, anstatt sich dem eigentlichen Geschäft zu widmen.

Wehe dem, der seine Pflicht nicht treu erfüllt und ungeschickt eine falsche Formulierung wählt, eine Frist versäumt oder gar ungenügend dokumentiert. Er darf sich über Abmahnungen und Klagen freuen, die spezialisierte Verbände, Anwälte und Schein-Wettbewerber“ schon vorbereitet in der Schublade liegen haben.

Schon heute sind es die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die besonders durch die Bürokratie belastet werden, da sie nur schwer die personellen Kapazitäten im Unternehmen zur Erfüllung der Auflagen bereitstellen können.

Zu glauben, dass die in manchen Gesetzen vorgesehene Dokumentationspflicht ja nur bestimmte Unternehmen oder spezielle Branchen trifft, ist schlicht naiv. Über Compliance Regelungen“ müssen Unternehmen auch ihre Zulieferer in die Pflicht nehmen und die Bürokratie frisst sich durch die komplette Wertschöpfungskette, ohne Rücksicht auf Größe“ oder Struktur der Unternehmen.

Staat misstraut Unternehmen

Gesetze, wie das Entgeltgleichheitsgesetz“ oder das Wortungetüm der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung“ sind Ausdruck des generellen Misstrauens gegenüber unseren Unternehmen. Die Erkenntnis, dass Wohlstand und Prosperität erwirtschaftet werden müssen und nicht staatlich verordnet werden können, scheint vielen politischen Mandatsträgern abhandengekommen zu sein. Zu oft wird pauschal die Wirtschaft“ unter Generalverdacht genommen und insbesondere der Mittelstand zum Leidtragenden regulativer Überreaktionen des Gesetzgebers.

Um Deutschland wieder attraktiv für Familienunternehmer zu machen, bedarf es eines politischen Umdenkens. Wir müssen stolz auf Gründer und Unternehmer sein, die mit Überzeugung, Willens- und Schaffenskraft Prosperität und Arbeitsplätze aufbauen. Die teilweise über Generationen hinweg erarbeitete Leistung unserer Familienunternehmen ist Grund zur Freude und nicht zum Misstrauen. Ungebrochen ist die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft, die wir positiv unterstützen und nicht bändigen sollten.

Das zeigt sich besonders in der aktuellen Krise. Über 70 Prozent der Familienunternehmen geben an, trotz Einbußen die Mittel für das gesellschaftliche Engagement nicht kürzen zu wollen. 20 Prozent wollen gerade wegen der allgemein schwierigen Lage die sozialen Ausgaben noch aufstocken. Darüber hinaus haben viele Gesellschafter das Kapital ihrer Unternehmen erhöht, um ihre Firmen und vor allem ihre Mitarbeiter gut durch die Krise zu führen.

Überhaupt wäre eine rein politische Bewältigung der Corona-Krise undenkbar. Impfungen gegen das Virus sind nur durch die Innovationskraft von Familienunternehmen möglich geworden. Neben Firmen wie BioNTech und Curevac, die selbst aus dem Prinzip des Familienunternehmens entstanden sind, leisten inhabergeführte Apotheken vor Ort genauso ihren Beitrag wie die zahlreichen Zulieferer oder familiengeführten Konzerne, wie beispielsweise die B. Braun Melsungen AG, die die notwendigen Spritzen und Kanülen herstellt, um impfen zu können. 

Während Corona Krise abgemildert

Kurzum, Politik sollte dem Unternehmertum dankbar sein und dieses nicht durch andauernde Schikanen mittels neuer Auflagen im Keim ersticken. Eine verbindliche Mittelstandsklausel auf Bundesebene, die dazu verpflichtet, alle Gesetze und Verordnungen hinsichtlich ihrer bürokratischen Auswirkungen unter die Lupe zu nehmen, wäre sicherlich ein erster, richtiger Schritt, der helfen kann, dass wir nicht auf den hinteren Rängen rangieren, wenn es um Standortzufriedenheit geht.

Noch sind nach Angaben der Stiftung Familienunternehmen rund 90 Prozent der Unternehmen familiengeführt und nicht von Fremdkapital oder der Gnade von Investoren und Hedgefonds abhängig. Sie sind Arbeitgeber von fast 60 Prozent der in Deutschland Beschäftigten und garantieren Stabilität und Lebensqualität im ländlichen Raum. Vier von fünf Auszubildenden werden in Familienunternehmen auf ihr Berufsleben vorbereitet und sichern damit unsere dringend benötigte qualifizierte Arbeitskraft“ und die geringe Jugendarbeitslosigkeit in unserem Land.

In der Corona-Pandemie haben die Familienunternehmen entscheidend dazu beigetragen, die Krise abzumildern und soziale Absicherung aufrechtzuerhalten. Jetzt ist die Politik an der Reihe, dafür zu sorgen, dass der nächste Länderindex eine gesunde Anerkennung für Familienunternehmen widerspiegelt, damit uns diese noch viele Generationen erhalten bleiben und Unternehmertum in Deutschland wieder Spaß macht.

Mehr Interesse an ökonomischen Aspekten der Corona-Krise? Stöbern Sie hier durch unsere Übersichtsseite.

[newsletter-allgemein]

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren RSS-Feed sowie unseren Newsletter.

Autor:

Alexander Kulitz ist Mitglied des Bundestags und Außenhandels- und außenwirtschaftspolitischer Sprecher der FDP.

Datum:
Themen:

Das könnte Sie auch interessieren