Studien
WZB-Studie im Auftrag der INSM

Ist der deutsche Arbeitsmarkt fit für die Krise?

Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hat in einer Studie im Auftrag der INSM untersucht, wie sich die Beschäftigungschancen von Erwerbslosen entwickelt haben. Ein Ergebnis: Die jüngsten Arbeitsmarktreformen haben die Beschäftigungschancen für die meisten Menschen verbessert - aber nicht für alle. "Kurs halten statt Reformen zurückzunehmen", fordert deshalb WZB-Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger. 

26. April 2009

Prof. Jutta Allmendinger WZB-Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger

Die jüngsten Arbeitsmarktreformen haben die Beschäftigungschancen für die meisten Menschen verbessert. Ältere Beschäftigte zählen zu den Gewinnern des letzten Aufschwungs. 20 Jahre nach dem Mauerfall haben sich die Chancen auf den Einstieg in Arbeit in Ost- und Westdeutschland deutlich angenähert. Dagegen haben Langzeitarbeitslose nicht von den Arbeitsmarktreformen profitieren können. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) durchgeführt hat.

Das WZB hat herausgefunden, dass sich die Chancen auf einen Einstieg in Arbeit in der letzten Konjunkturphase verbessert haben. Rund drei Viertel der Erwerbslosen, die zunächst eine befristete Beschäftigung aufgenommen hatten, waren auch drei Jahre später noch erwerbstätig, wobei der Hälfte dieser Personen bereits der Wechsel auf eine unbefristete Stelle gelungen war.

Das WZB untersuchte zudem, welche Methoden bei der Stellensuche genutzt wurden und welche letztlich zum Erfolg führten. Ergebnis: Je nach Alter, Bildungsgrad und Dauer der Erwerbslosigkeit erweisen sich unterschiedliche Methoden als erfolgreich. So fanden junge, hochgebildete Menschen vermehrt über Initiativbewerbungen und das Internet einen Job, während Langzeitarbeitslose und Menschen mit niedriger Bildung eher über die Bundesagentur für Arbeit den Einstieg in Arbeit schafften.

Die Präsidentin des WZB, Prof. Jutta Allmendinger, sagte: „Die bisherigen Arbeitsmarktreformen haben das Problem der Langzeiterwerbslosigkeit nicht zufriedenstellend lösen können.“ Bei Teilgruppen wie älteren Erwerbslosen habe man jedoch Fortschritte erzielt. Aufgrund der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise bestehe jedoch die Gefahr, dass Reformen zurückgenommen werden. So wird diskutiert, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I wieder zu verlängern. „Statt Reformen zurückzunehmen, sollte Kurs gehalten werden. Auch müssen neue Konzepte für Übergänge zwischen Bildung, Ausbildung, Weiterbildung, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit entwickelt werden – auch im Blick auf die demographische Entwicklung des 21. Jahrhunderts und jene Personengruppen, die am schwersten den Einstieg in Arbeit schaffen.“

INSM-Geschäftsführer Max A. Höfer forderte aus diesem Grund weitere Reformanstrengungen am Arbeitsmarkt: „In seiner derzeitigen Form ist der deutsche Arbeitsmarkt nicht krisensicher. Es müssen verstärkt Anreize zur Integration von Langzeitarbeitslosen gesetzt werden, um nach der Krise schnell wieder ein hohes Beschäftigungsniveau zu erreichen.“ 

Die zentralen Ergebnisse der WZB Studie auf einen Blick

  • Der Arbeitsmarkt in Ost und Westdeutschland wächst 20 Jahre nach dem Mauerfall zusammen. Die WZB-Studie im Auftrag der INSM zeigt, dass in der letzten Konjunkturphase die Chancen auf einen Arbeitsplatz im Osten und Westen erstmals nahezu gleich sind
  • Insbesondere ältere Arbeitnehmer haben ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt signifikant verbessert
  • Problemgruppe bleiben die Langzeitarbeitslosen. Die Verbesserung der Chancen von Langzeitarbeitslosen zu einem Wiedereinstieg in Arbeit war erklärtes Ziel der Hartz-Gesetze. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden. Deshalb sind hier weitere Reformen notewendig. Insbesondere die Kanäle der Arbeitssuche und Arbeitvermittlung müssen besser an die jeweiligen Zielgruppen angepasst werden
  • Mehr als die Hälfte der aufgenommenen Arbeitsverhältnisse sind Vollzeitstellen
  • Ein großer Teil der Teilzeitstellen und der geringfügigen Beschäftigung ist unfreiwillig: Besonders in Ostdeutschland würden Einsteiger gerne länger arbeiten
  • Fast drei Viertel derjenigen, die eine befristete Beschäftigung mit direkter Anstellung aufgenommen haben, sind drei Jahre später noch erwerbstätig
  • Die Studie zeigt, dass je nach Ausbildung und Bildungsgrad unterschiedliche Wege zum Einstieg in Arbeit führen. Gutausgebildete und Akademiker schaffen den Einstieg über das Internet und über Initialbewerbungen
  • Langzeitarbeitslose werden meistens über die Bundesagentur für Arbeit vermittelt. Es stellt sich die Frage, ob vor diesem Hintergrund nicht die gesamte Arbeitsvermittlung neu gedacht und eine klare Ausrichtung und Ausstattung personeller Ressourcen der Arbeitsagenturen auf Langzeitarbeitslose erfolgen muss 

Pressekontakt

Bernd Schwang, Tel.: 0221 4981-412, schwang@insm.de