1. Mai 2011
Wirtschaftsentwicklung: Nur Tempoverluste im Laufe des Jahres
Der wirtschaftliche Aufschwung ist nach wie vor intakt. Zwar signalisieren konjunkturelle Frühindikatoren, dass sich das Tempo im weiteren Verlauf des Jahres verringern könnte, aber an der positiven Grundtendenz ändert dies nichts. Die globale Nachfrage ist kräftig und der Welthandel floriert, trotz der dämpfenden Effekte, die durch die Entwicklungen in Japan und Nordafrika wirksam sind. Gute Nachrichten sind dies vor allem auch für den deutschen Finanzminister. Die Steuerquellen sprudeln kräftiger als noch in der Steuerschätzung vom November letzten Jahres angenommen. Die aktuelle Mai-Steuerschätzung hat kräftige Aufwärtskorrekturen für dieses und die nächsten Jahre gebracht. Der staatliche Finanzierungssaldo wird deshalb dieses Jahr, dies versprechen die aktuellen Prognosen, deutlich unterhalb der 3-Prozent-Maastrichtgrenze bleiben. So erfreulich diese Entwicklung ist: Die Konsolidierungsaufgabe, die die Schuldenbremse Bund und Länder vorgibt, ist damit keineswegs erfüllt. Die Finanzminister von Bund und Ländern wären deshalb gut beraten, angesichts der positiven Nachrichten von der Steuerfront aufkommenden Begehrlichkeiten für staatliche Ausgabenerhöhungen einen Riegel vorzuschieben.
Die positive wirtschaftliche Grundtendenz spiegelt sich im April auch im Arbeitsmarktindex und Wachstumsindex des D-Checks wider, deren Aufwärtstendenz sich im April fortsetzen konnte.
Die April-Ergebnisse im Einzelnen:
Die Arbeitsmarktindikatoren halten ihren Kurs. Auch im April trugen beide Teilindikatoren zum Anstieg des Arbeitsmarktindex bei:
Die gute Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes in und nach der schweren Rezession und die Diskussion über zunehmende Fachkräfteengpässe am deutschen Arbeitsmarkt zeigen, dass hohe Arbeitslosigkeit nicht unser Schicksal sein muss und Vollbeschäftigung keineswegs eine unerfüllbare Illusion bleiben muss. Um dem Vollbeschäftigungsziel Nachdruck zu verleihen, wird mit dieser Ausgabe des D-Checks dem Arbeitsmarktindex eine Vollbeschäftigungsschwelle an die Seite gestellt und grafisch umgesetzt (siehe Abb. Arbeitsmarktindex).
Nun wird Vollbeschäftigung nicht erst bei einer Arbeitslosenquote von null Prozent erreicht. Allein schon wegen der natürlichen Fluktuation auf einem funktionierenden Arbeitsmarkt liegt die Quote deutlich höher. Denn ein dynamischer und flexibler Arbeitsmarkt ist immer in Bewegung, Arbeitsplätze gehen verloren und neue entstehen. Die Frage, bei welcher Arbeitslosenquote Vollbeschäftigung genau erreicht ist, lässt sich kaum eindeutig beantworten und ändert sich im Zeitablauf. Hier wird angenommen, dass Vollbeschäftigung ab einer Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent erreicht ist.
Für den im D-Check ausgewiesenen Arbeitsmarktindex bedeutet dies einen Indexwert von 260. Die Grafik zeigt, dass der Arbeitsmarktindex derzeit noch ein gutes Stück von diesem Vollbeschäftigungsschwellenwert entfernt ist. Aber er ist in Reichweite. Wenn der Arbeitsmarktindex sich mit dem Tempo verbessert, den er seit seinem Tiefpunkt im September 2009 erreicht hatte, wird er die 3,5-Prozentschwelle Mitte 2015 erreichen. Das ist verlockend nah. Aber es wird nicht leicht sein, dieses Erfolgstempo am Arbeitsmarkt durchzuhalten, um das Ziel auch wirklich so schnell zu erreichen. Ohne eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung am deutschen Arbeitsmarkt wird das Vollbeschäftigungsziel wohl für längere Zeit ein Hoffnungswert bleiben. Die Wirtschaftspolitik bleibt gefordert.
Wachstumsindex macht wieder an Boden gut
Nachdem der Wachstumsindex im März 2011 erstmals seit August 2010 ins Minus gerutscht war, konnte er im April wieder Boden gut machen. Zwei der drei in diesen Index eingehenden Teilindikatoren haben dazu beigetragen:
Was ist geplant?
Kohlendioxid gilt als eines der wichtigsten Gase, das für den globalen Treibhauseffekt verantwortlich gemacht wird. Die drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen bis hin zu einer weitgehenden Dekarbonisierung aller Prozesse in Deutschland ist erklärtes Ziel der Politik. Gleichzeitig soll aber auch eine bezahlbare Energieversorgung und eine starke industrielle Produktion in Deutschland weiterhin möglich sein, um den Wohlstand in Deutschland aufrechterhalten zu können. Effizientere Prozesse, geringere Energieverbräuche und der Ausbau einer kohlendioxidarmen Energieerzeugung sind dafür wesentliche Bausteine.
Mit der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) wird eine weitere Möglichkeit entwickelt, mit weniger Emissionen zu wirtschaften und günstige Energieträger wie die heimische Braunkohle weiterhin mit zur Stromerzeugung nutzen zu können. Die Idee dabei ist, dass das anfallende Kohlendioxid (Carbon) aufgefangen (Capture) und gelagert (Storage) wird. Es kann dann nicht in die Atmosphäre gelangen und hätte keine klimaschädliche Wirkung. Viele Elemente dieser Technologie sind bekannt und bewährt, die Nutzung in großem Maßstab muss jedoch noch erprobt werden.
Das „Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhafter Speicherung von Kohlendioxid“ soll die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, dass diese Technologie in Deutschland erprobt werden kann. Dabei ist insbesondere die dauerhafte Einlagerung des Kohlendioxids in den dafür geeigneten Gesteinsschichten besonders umstritten. Vor allem die norddeutschen Bundesländer, die als besonders geeignet für die Lagerung erscheinen, haben sich hierbei lange gegen eine gesetzliche Regelung gewehrt.
Bewertung durch das IW Köln: 2 von 5 Sternen
Begründung:
Was ist geplant?
Die Bundesregierung beabsichtigt den sogenannten grauen Kapitalmarkt besser zu regulieren. Gemeint ist damit der Markt für Geldanlagen, der nicht durch Rechtsvorschriften und Behörden kontrolliert wird (z.B. geschlossene Fonds). Für den grauen Kapitalmarkt gelten weniger strenge Regeln als beispielsweise für Banken. Das birgt einerseits die Gefahr eines unzureichenden Verbraucherschutzes und ist andererseits wettbewerbsverzerrend.
Gemäß dem Vorschlag sollen die Verkaufsprospekte höheren Standards genügen. Ferner ist vorgesehen, dass die Standards der Vertriebsanforderungen erhöht werden. Die zugelassenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen kommen unter die Aufsicht der BaFin und die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes finden Anwendung. Die sogenannten freien Vermittler unterliegen weiterhin der Aufsicht der Gewerbeaufsichtsbehörden der Länder, wobei die Sachkundeanforderungen strenger werden. Ferner werden die Regeln bezüglich Prospekthaftung zu Gunsten der Kunden neu gefasst.
Bewertung durch das IW Köln: 3 von 5 Sternen
Begründung:
Der Boom auf dem Arbeitsmarkt geht dank des Aufschwungs auch in diesem Jahr weiter. Die Arbeitslosenzahlen sind in den vergangenen Monaten gesunken. Laut dem Frühjahrsgutachten führender Wirtschaftsforscher könnte die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2011 auf knapp 2,9 Millionen und im Jahr 2012 sogar auf 2,7 Millionen sinken. Allein in diesem Jahr könnten 430.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Wie schätzt jedoch die Wirtschaft diese Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt ein? Hierzu hat die die IW Consult GmbH 1.172 Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienste Ende April/Anfang Mai 2011 im Rahmen des IW-Unternehmervotums befragt.
Es zeigen sich keine großen Unterschiede in den verschiedenen Branchengruppen und Umsatzgrößenklassen.
Konkret gefragt wurde:
Haupthemmnis sind fehlende Qualifikationen von Arbeitssuchenden
Die Mehrheit der Wirtschaft sieht Deutschland bisher nicht auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Was sind die wesentlichen Hemmnisse aus Sicht der Unternehmen, die eine solche Entwicklung bis 2015 verhindern? Hierzu wurden die Unternehmen, die Vollbeschäftigung für „eher unwahrscheinlich“ und „sehr unwahrscheinlich“ erachten, in einer weiterführendenden Frage um eine Einschätzung gebeten. Hauptschwierigkeit aus Sicht dieses Teils der Wirtschaft ist der vorhandene Mismatch zwischen Bedarf und Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt: