Die Menschen
357.000 km2 bestens …

Oswald Bubel

Lesen Sie den Oswald Bubel Artikel „Auch große Ideen brauchen Rahmenbedingungen“ in „Das Deutschland-Prinzip“.

27. Juli 2015

Dieser Beitrag erscheint im Original im Buch „Das Deutschland-Prinzip“. Im Buch erörtern 175 prominente Gastautoren Ihre Standpunkte darüber, was  Deutschland stark macht.
Lesen Sie hier eine Auswahl der Beiträge.

 

357.000 km2 bestens vernetzte Wirtschaft

357.000 km2, das ist die Fläche Deutschlands. In kaum einer Region dieser Erde findet man auf einer vergleichbar großen Fläche eine so eng vernetzte Struktur von Wirtschaftsunternehmen aller Branchen.

In den meisten Fällen gelingt es ihnen sogar, komplette Wertschöpfungsketten abzubilden. Vom weltweit tätigen Konzern über den innovativen Mittelständler bis zum kleinen, aber spezialisierten Dienstleister wird das Know-how vieler Unternehmen in einzigartiger Weise so verknüpft, dass weltweit konkurrenzfähige Produkte entstehen.

Wir sind nicht auf allen Gebieten Spitze, aber in der Summe der vielen Faktoren, die eine erfolgreiche Wirtschaft auszeichnen, stehen wir bei den meisten Themen auf den vorderen Plätzen.

Das Netzwerk geht natürlich über die Wirtschaft und die deutschen Grenzen hinaus. Es wird von leistungsfähigen Hochschulen und Kontakten in die ganze Welt hinein unterstützt. Dennoch – ohne seine innere Kraft und Stärke hätte es seine Bedeutung auf den Märkten der Welt nicht erreicht.

Diese Stärke ist das Resultat einer langen historischen Entwicklung, die wir nicht geplant oder gesteuert haben, die sich aber aus heutiger Sicht als glücklich erweist. Sie beruht natürlich auf den Folgen der Aufklärung, der calvinistischen Arbeitsethik, dem Föderalismus in vielen Kleinstaaten unseres Raumes, der den Wettbewerb förderte, und der positiven Entwicklung von Wissenschaft und Forschung. Dabei hat sich in unserem Raum nie eine einseitige wirtschaftspolitische Ideologie durchgesetzt. Vom frühen industriellen Kapitalismus sind wir nach den schrecklichen politischen Irrungen und Wirrungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu der Grundüberzeugung gelangt, dass eine Soziale Marktwirtschaft die beste Basis für ein erfolgreiches Wirtschaften und den Wohlstand der Bevölkerung schafft. Das beschriebene Netzwerk von tausenden von Unternehmen lebt denn auch nicht nur durch die großen Konzerne, sondern entscheidend vom Eigentümer-Unternehmer, dem typischen Mittelständler, dem Selbständigen, dem Dienstleister und vor allem davon, dass diese auf immer noch überschaubarem Raum zusammenwirken. Die Entfernungen bewirken angesichts immer noch guter Verkehrsverhältnisse auch ein persönliches, Vertrauen schaffendes Klima, das stetig einen beiderseitigen und mehrseitigen Nutzen generiert. Die Zusammenarbeit dieser Unternehmen und Unternehmer in Wertschöpfungsketten mit Teilnehmern ganz unterschiedlicher Größe und Struktur hat es zum Beispiel geschafft, dass wir die Old Economy (etwa im traditionellen Maschinenbau) in hervorragender Weise mit der New Economy (Software und IT) verknüpft haben und nun die Industrie 4.0 vorantreiben.

Wir sind gut beraten, die Basis für diese Erfolge nicht infrage zu stellen, sondern zu stärken: Die Infrastruktur muss ausgebaut werden, die Zusammenarbeit vieler Firmen darf nicht durch die Reglementierung der Vertragsgrundlagen (Dienst- und Werkverträge) behindert werden, die Wertschöpfungsketten dürfen nicht durch das Herausbrechen energieintensiver Fertigungsprozesse unterbrochen werden. Unsere Struktur ist Vorbild und Ideengeber für viele andere Regionen dieser Welt. So erwachsen uns auch Wettbewerber. Wir müssen uns vor ihnen nicht fürchten. Sie werden nämlich auch unsere Produkte kaufen. Aber für uns kommt es nun darauf an, dass wir die Vorteile unseres Netzwerks nutzen, um technisch und kaufmännisch wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben.