Emissionshandel statt Verbot von Öl- und Gasheizungen

Ab dem kommenden Jahr soll der Einbau von Öl- und Gasheizungen faktisch verboten werden. Das geplante Verbot wirft jedoch Fragen auf, da eine detaillierte Regelung fehlt. Vor allem aber: Wären ökonomische Überlegungen berücksichtigt worden, hätte die Bundesregierung die Wärmewende einem in der Europäischen Union längst bewährten Klimaschutzinstrument überlassen: dem Emissionshandel.

Ab dem kommenden Jahr soll nach einem aktuellen Gesetzesentwurf der Einbau von Öl- und Gasheizungen faktisch verboten werden, sowohl im Neubau als auch als Ersatz für alte Heizungen. Damit soll eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, nach der — eigentlich erst ab dem Jahr 2025 — jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mithilfe von erneuerbarer Energien betrieben werden soll.

Die Konsequenzen, die sich aus dieser 65-Prozent-Quote ergeben, liegen allerdings keineswegs auf der Hand. Daher ist ein detailliertes Regelwerk nötig, um zu klären, welche Art und welche Kombination von Heizungstechnologien künftig noch erlaubt sein sollen. Dieses Regelwerk ist ständigen Änderungen unterworfen, die die Bürgerinnen und Bürger noch stärker verunsichern, als es durch die legislative Hauruckaktion von einem Jahr auf das andere ohnehin bereits geschieht.

Klar ist lediglich: Diese Quote bedeutet das faktische Verbot des Einbaus von Heizungen, die ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betrieben werden. Damit haben Eigentümerinnen und Eigentümer noch weniger Möglichkeiten, wenn sie ihre alte Heizung ersetzen oder eine neue Heizung in ihrem Neubau einbauen möchten. Dabei ist die Zahl an Alternativen auch ohne ein Verbot überschaubar. Mit sehr wenigen Ausnahmen, wie etwa Pellet- und Infrarotheizungen, dürften die wenigen künftig noch erlaubten Optionen allesamt deutlich höhere Investitionen erfordern als der Einbau konventioneller Heizungen auf Basis von Öl und Gas.

Das gilt insbesondere für Wärmepumpen, der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck favorisierten Heizungstechnologie: Allein der Einbau einer Wärmepumpe kostet leicht ein Vielfaches einer konventionellen Heizung. Damit eine ausreichende Beheizung sichergestellt ist, kommen bei älteren Gebäuden oftmals noch Kosten für zusätzliche Dämmmaßnahmen hinzu. Alternativen wie Infrarotheizungen, die weit weniger Investitionen erfordern, sollen nur im Falle von gut gedämmten Immobilien mit einem geringen Wärmebedarf erlaubt sein.

„Welche Logik der 65-Prozent-Quote auch immer zugrunde liegt, klar dürfte sein, dass Kosteneffizienz dabei kein entscheidendes Kriterium war.“

Zu vermuten ist, dass diese Einschränkung mit dem im Vergleich zu Wärmepumpen deutlich höheren Stromverbrauch der Infrarotheizungen zu tun hat. Während beide Heizungsarten mit Strom betrieben werden, unterscheiden sie sich stark in der Energieeffizienz, mit der dies geschieht: Bei einer Jahresarbeitszahl von 3 erzeugt eine Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom im Idealfall drei Kilowattstunden Wärme, die Infrarotheizung jedoch lediglich eine Kilowattstunde Wärme. Dennoch bleibt eines der vielen Rätsel, die mit der für die Bürgerinnen und Bürger eher willkürlich erscheinenden 65-Prozent-Quote verbunden sind, warum es nicht generell erlaubt sein sollte, künftig eine Infrarotheizung zu betreiben, wenn dies mit 100 Prozent Ökostrom geschieht.

Ebenso wenig offensichtlich ist, warum Wärmepumpen beim aktuellen Strommix mit einem Erneuerbare-Energien-Anteil von knapp 50 Prozent erlaubt sein sollen, obwohl Wärmepumpen die 65-Prozent-Regel bei diesem Grünstromanteil eigentlich nicht zu erfüllen scheinen, Infrarotheizungen jedoch nur eingeschränkt zugelassen werden sollen. Noch weniger transparent als der Hintergrund für derartige Einschränkungen ist das Zustandekommen der bei diesem faktischen Verbot eine entscheidende Rolle spielenden 65-Prozent-Quote. Die Politik hat auch in diesem Punkt eine klare Kommunikation versäumt: Es würde sicher das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger für diese Maßnahme erhöhen, wenn ihnen mitgeteilt würde, auf welchen Überlegungen diese Quote beruht. So aber ist das Ganze ein kommunikatives Desaster par excellence!  

Welche Logik der 65-Prozent-Quote auch immer zugrunde liegt, klar dürfte sein, dass Kosteneffizienz dabei kein entscheidendes Kriterium war. Wären ökonomische Überlegungen berücksichtigt worden, hätte die Bundesregierung die Wärmewende einem in der Europäischen Union längst bewährten Klimaschutzinstrument überlassen: dem Emissionshandel. Die EU-Gesetzgebung sieht ab dem Jahr 2027 zusätzlich zum seit 2005 bestehenden EU-Emissionshandel für die Sektoren Industrie und Energiewirtschaft einen weiteren EU-Emissionshandel vor, der die Emissionen der beiden Sektoren Verkehr und Gebäude regulieren und begrenzen soll.

  • Quelle: Eigene Berechnung und Darstellung auf Datengrundlage von EEA greenhouse gases und EU Emissions Trading System (ETS) der European Environment Agency

National gibt es ein solches Instrument, hier Brennstoffemissionshandel genannt, bereits seit dem Jahr 2021. Seither erfolgt in Deutschland in den beiden Sektoren Verkehr und Gebäude die sogenannte CO2-Bepreisung fossiler Brenn- und Kraftstoffe zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen mit einem gesetzlich festgelegten CO2-Preis, der von 25 Euro je Tonne im Jahr 2021 auf 55 Euro im Jahr 2025 steigen soll. Ab dem Jahr 2026 soll nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz der nationale Handel mit Emissionszertifikaten beginnen und eine Obergrenze für die Summe der Emissionen beider Sektoren eingeführt werden.

Indem man diesen Schritt auf das Jahr 2024 vorzieht, könnte frühzeitig die Integration des nationalen Emissionshandels in den geplanten EU-Emissionshandel vorbereitet und die Summe der Emissionen der Sektoren Verkehr und Gebäude entlang politischer Vorgaben sukzessive und in effektiver Weise gesenkt werden. Zu bedenken gilt dabei: Wenn sich Treibhausgase in anderen durch den Emissionshandel erfassten Bereichen wie etwa dem Verkehr deutlich kostengünstiger reduzieren lassen, ist dies für den Klimaschutz ebenso wertvoll wie Emissionseinsparungen durch den Austausch von Heizungen.

„Es erstaunt sehr, dass die Politik die bislang hohe Akzeptanz für die Energiewende durch das geplante De-facto-Verbot von konventionellen Heizungen leichtfertig aufs Spiel setzt.“

Mit dem EU-weiten Emissionshandel würden dann ab 2027 die Emissionen dort in Europa vermieden, wo es in den Sektoren Gebäude und Verkehr am kostengünstigsten ist. Die kostengünstigsten CO2-Einsparmöglichkeiten dürften allerdings kaum in der Ausstattung von Altbauten mit Wärmepumpen liegen. So schätzt der Umweltökonom Joachim Weimann die Kosten, die beim Einbau von Wärmepumpen im Altbau pro eingesparter Tonne CO2 entstehen, auf rund 600 bis 1300 Euro — je nachdem, ob eine Öl- oder eine Erdgasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt wird, Kosten für energetische Modernisierung nicht eingerechnet. Zum Vergleich: Der Preis für CO2-Emissionszertifikate im seit 2005 bestehenden EU-Emissionshandel lag bislang nie nennenswert über 100 Euro je Tonne. Mit einem Verbot für den Einbau von konventionellen Heizungen auf Basis fossiler Brennstoffe würde also ein bereits durch den bestehenden nationalen Emissionshandel erfasster Bereich zusätzlich reguliert — und das auf sehr teure Weise.

Zudem dürfte das Verbot einen gravierenden Eingriff in die Eigentumsrechte von Immobilienbesitzern darstellen. Denn viele Immobilien mit konventionellen Heizungssystemen werden durch die geplante 65-Prozent-Regelung massiv entwertet, weil ein Verkauf angesichts der drohenden Kosten beim Austausch der Heizung erschwert wird und laut Verbraucherzentrale NRW Preisabschläge von rund 50.000 Euro in Kauf genommen werden müssen.

Eingriffe in die Eigentumsrechte bedürfen jedoch laut Grundgesetz einer besonderen Rechtfertigung. Ein Verweis auf die dringende Notwendigkeit des Klimaschutzes im Gebäudesektor dürfte dafür nicht ausreichen. Schließlich gibt es neben der CO2-Bepreisung bereits jetzt eine Vielzahl an weiteren Instrumenten, mit denen die Emissionen im Gebäudesektor gesenkt werden sollen: Energieeffizienzstandards und die steuerliche Förderung der energetischen Modernisierung im Altbau sind lediglich zwei prominente Beispiele.

Dass trotz all dieser politischen Maßnahmen die Emissionen im Gebäudesektor nur langsam sinken, liegt an den hohen Kosten energetischer Modernisierungen und den dadurch bedingten besonders langen Investitionszyklen. Gerade deshalb ist es jedoch der falsche Weg, den Gebäudesektor mit besonders teuren Maßnahmen, die zudem die individuelle Freiheit von Eigentümerinnen und Eigentümern deutlich einschränken, zu belasten — und dies praktisch ohne Vorankündigung von einem Jahr auf das andere.

Dies alles betrifft Mieterinnen und Mieter ebenso wie Eigentümerinnen und Eigentümer: Aufgrund der Möglichkeit, die hohen Kosten an die Mietenden weiterzugeben, sind diese davon letztlich ebenso betroffen wie die Immobilienbesitzenden in Deutschland. Vor diesem Hintergrund und dem massiven Widerstand, der dem Verbotsvorhaben der Regierung von vielen Seiten entgegengesetzt wird, erstaunt es sehr, dass die Politik die bislang hohe Akzeptanz für die Energiewende durch das geplante De-facto-Verbot von konventionellen Heizungen leichtfertig aufs Spiel setzt.

Autor:

Prof. Dr. Manuel Frondel ist außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.

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