Soziale Marktwirtschaft
9 Fakten zum freien Handel

Freier Handel bleibt alternativlos

Zuwachs von Wohlstand, weltweit eine größere Produktauswahl und eine erhöhte Nachfrage an Produkten „made in Germany“- die Vorzüge des Freihandels sind vielfältig. Trotz Corona-Krise sollte daran festgehalten werden.

25. Juni 2020

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Die Welt muss stillhalten und ist gleichzeitig in Aufruhr. Das Coronavirus hat sich rasend schnell verbreitet und bringt rund um den Globus Volkswirtschaften zum Erliegen. Stimmen werden laut, die Globalisierung sei dafür verantwortlich, dass sich das Virus so schnell verbreiten konnte. Und in der Öffentlichkeit wird bereits die Frage diskutiert, inwieweit die vielfach grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten noch tragfähig sind oder ob wichtige Produktionen nicht wieder ins Inland zurückgeholt werden sollten. Droht die Globalisierung zum Opfer einer weltweiten Gesundheitskrise zu werden?

Die Vorzüge der internationalen Arbeitsteilung sollten nicht leichtfertig über den Haufen geworfen werden. Denn es darf nicht vergessen werden, dass der freie Handel vielen Ländern in den vergangenen Jahrzehnten einen deutlichen Zuwachs an Wohlstand beschert hat. So konnte durch das internationale Wirtschaftswachstum die globale Armut reduziert werden. Zudem haben weltweit Konsumenten eine größere Produktauswahl. Vor allem Deutschland hat wie kein anderes Land stark vom freien Handel profitiert. Die Nachfrage nach Waren „made in Germany“ wächst seit Jahren und jeder vierte Arbeitsplatz ist hierzulande vom Export abhängig.

Mit dauerhaft geschlossenen Grenzen ist langfristig niemandem geholfen. Im Gegenteil: Viele Krisen wurden bereits gerade durch internationale Zusammenarbeit zwischen Staaten, Unternehmen und Institutionen bewältigt. Und nicht zuletzt wird freier Handel auch für die Zeit nach der Epidemie wichtig sein, um der gebeutelten Weltwirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Handel sichert Wachstum und Arbeitsplätze.

Der freie Welthandel lohnt sich – vor allem für die Exportnation Deutschland. Exporte sorgen hierzulande nicht nur für Wirtschaftswachstum, sie sichern auch Arbeitsplätze und sorgen für zusätzliche Jobs: So hingen in Deutschland rund 11,4 Millionen Arbeitsplätze im Jahr 2018 direkt oder indirekt vom Export ab. Innerhalb von 20 Jahren ist diese Zahl um 64 Prozent gestiegen. Damit haben wir zwei Drittel des Anstiegs der Erwerbstätigenzahl in diesem Zeitraum dem Auslandsgeschäft der deutschen Unternehmen zu verdanken. Oder anders gerechnet: Gut 25 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland waren 2018 dem Export zuzuschreiben – 1998 waren es erst knapp 19 Prozent. Dass es für die deutschen Exporte einen großen Markt gibt, zeigt der Blick auf das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP), das sich 2018 auf etwa 84,9 Billionen US-Dollar summierte.

Quellen: IW Consult, 2020 

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Deutschland ist Export- und Importland.

Entgegen den protektionistischen Tendenzen, die den Welthandel im Jahr 2019 prägten, legten die deutschen Exporte um 0,8 Prozent und die Importe um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Die wichtigsten Abnehmerländer der Erzeugnisse „made in Germany“ waren dabei die USA, gefolgt von Frankreich und China. Trotz der transatlantischen Handelskonflikte sind die USA für Deutschland noch immer der wichtigste Exportpartner. Im Jahr 2019 verkauften deutsche Unternehmen Waren im Wert von annähernd 119 Milliarden Euro an die Vereinigten Staaten – rund 5 Milliarden Euro mehr als 2018. Auch amerikanische Unternehmen konnten zuletzt ihre Warenausfuhren nach Deutschland steigern. US-Firmen setzten 2019 hierzulande mehr als 71 Milliarden Euro um, fast 7 Milliarden Euro mehr als 2018.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2020 (Seite 2)

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Vom Freihandel profitieren beide Seiten.

Am 1. Februar 2019 trat das bisher größte Freihandelsabkommen der Europäischen Union in Kraft: das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Japan und der EU, die zusammen rund ein Drittel der Weltwirtschaftsleistung erbringen. Durch die Abschaffung der Zölle für mehr als 90 Prozent der EU-Ausfuhren legte der Export der EU-Staaten nach Japan 2019 um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Gleichzeitig stiegen die Importe der EU aus Japan um 5,8 Prozent. Zu den größten Nutznießern des Abkommens gehören zum Beispiel die Hersteller elektrischer Maschinen, die ihren Absatz in Japan um rund 14 Prozent steigern konnten. Auch insgesamt stieg der Umsatz von Maschinenbauerzeugnissen und Fahrzeugen von 21,7 Millionen Euro (2018) auf zuletzt 23,1 Millionen Euro. Zusammen machte das 2019 rund 38 Prozent aller EU-Exporte nach Japan aus.

Quelle: Europäische Kommission, 2020 (Seite 3 bis 5) 

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Die Idee des Freihandels.

David Ricardo entwickelte vor über 200 Jahren das, was wir heute die klassische Außenhandelstheorie nennen. Seine Frage: Worin besteht der Vorteil des internationalen Handels? Die Antwort: Jedes Land produziert das, was es am besten kann – und produziert durch den Austausch von Waren in Summe mehr. Warum sollte das nicht auch für die Produktion von Schutzmasken und Medikamenten gelten?

Ein Beispiel: England benötigt für die Produktion von 1.000 Rollen Tuch 100 Arbeiter und für die Herstellung von 1.000 Fässern Wein 120 Arbeiter. Portugal dagegen kommt mit 90 Arbeitern für 1.000 Rollen Tuch und 80 Arbeitern für 1.000 Fässer Wein aus. Insgesamt produzieren beide Länder 2.000 Rollen Tuch und 2.000 Fässer Wein. Möglich wäre auch, dass Portugal sich nur noch auf Wein spezialisiert, da portugiesische Arbeiter dort produktiver, also kostengünstiger, sind. Ebenso sind englische Arbeiter effizienter in der Tuchproduktion.

Quelle: David Ricardo, 2006

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Weltmeister im Freihandel: Mexiko.

Mexiko ist das Land mit den meisten Freihandelsabkommen der Welt: Die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas ist an zwölf Freihandelsabkommen mit insgesamt 65 Ländern beteiligt. Mit der EU bestehen seit 20 Jahren Handelsverträge, 2018 ersetzte ein neues Abkommen das alte. Seit dem ersten Inkrafttreten des Globalabkommens im Jahr 2000 hat sich der Warenhandel zwischen der EU und Mexiko mehr als verdreifacht. Besonders intensiv sind die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Mexiko: Im Jahr 2019 exportierte Deutschland Waren im Wert von rund einem Drittel der gesamten EU-Exporte nach Mexiko. Mehr als ein Viertel der deutschen Ausfuhren entfallen auf Kfz und Kfz-Teile, knapp 20 Prozent auf Maschinen und 10 Prozent auf elektrische Ausrüstungen.

2019: vorläufige Zahlen
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2020

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Viel Vorarbeit für freien Handel.

Handelsbeziehungen sind ein komplexes Unterfangen: Bevor es zum freien Handel zwischen zwei Staaten oder Wirtschaftsräumen kommt, müssen umfassende Verträge ausgearbeitet werden. Das zeigt sich aktuell rund um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union – schon der offizielle Austritt aus der Union dauerte fast drei Jahre.

Andere Abkommen brauchten ebenfalls viel Zeit: CETA, das Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada beispielsweise, das seit 2009 verhandelt wurde, 2017 vorläufig in Kraft trat und bei dem noch immer die Ratifizierung einiger europäischer Parlamente, auch des deutschen, aussteht.

Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU über ein Abkommen (TTIP) wurden nach vier Jahren ergebnislos abgebrochen. Und auch die Zukunft des Mercosur-Abkommens, ein Vertragswerk zwischen lateinamerikanischen Staaten und der EU, ist ungewiss.

Quellen: Europäische Kommission, 2019;
Wirtschaftskammer Österreich, 2020

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WTO: Wichtig, aber blockiert.

Seit über einem Vierteljahrhundert – seit dem 1. Januar 1995 – existiert die Welthandelsorganisation (kurz WTO). Neben Währungsfonds und Weltbank ist sie eine der zentralen internationalen Organisationen für Handels- und Wirtschaftspolitik. Sie hat zwei Aufgaben:

Erstens versucht die WTO mit multilateralen Verhandlungen weitere Handelsliberalisierungen zu koordinieren.

Zweitens fungiert die WTO als Streitschlichter. Sollte sie befinden, dass sich ein Staat regelwidrig verhält, dürfen andere Staaten Sanktionen, etwa Strafzölle, verhängen. Allerdings sind Schlichtungen aktuell nicht möglich, weil die USA die Ernennung neuer Richter blockieren. Zentrale Mitglieder der WTO haben sich deshalb auf ein alternatives Schlichtungsprozedere geeinigt – ohne die USA, die bislang am häufigsten eine der Parteien bei Schlichtungsprozessen waren.

Quelle: Welthandelsorganisation, Abrufdatum April 2020

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Die Handelsbarrieren nehmen zu.

Angesichts der wachsenden Zahl der außenwirtschaftlichen Spannungen und protektionistischen Maßnahmen steht der freie Handel immer mehr unter Beschuss. Protektionismus ist derzeit das „neue Normal“: Über 1.300 neue Handelsbarrieren wurden 2019 errichtet, wie beispielsweise die US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Damit hat sich die Zahl der weltweiten, neuen Handelsbarrieren seit 2009 insgesamt vervierfacht. Gegen unfaire Handelspraktiken gibt es aber auch Erfolge: So hat die Europäische Kommission zwischen 2014 und 2019 nach Interventionen 123 Handelsbarrieren abgebaut, die die Exportchancen der EU auf globalen Märkten schmälerten. Dennoch ist auch das laufende Jahr wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie kein gutes für den Welthandel.

Quelle: Euler Hermes, 2019

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Lieber zusammen als allein.

Keine Handelsbarrieren, keine Zölle, eine höhere Produktauswahl und niedrigere Preise für Verbraucher – die Vorteile des freien Handels haben die meisten Länder mittlerweile erkannt. Dies belegt auch die Zahl der weltweit geschlossenen Handelsabkommen. Die Welthandelsorganisation (WTO) zählt derzeit 302 aktive regionale Handelsabkommen zwischen zwei oder mehr Staaten. Seit der Jahrtausendwende hat sich ihre Zahl sogar mehr als verdreifacht. Trotz der Erfolge ist eine Modernisierung des Welthandelssystems wichtig, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Wünschenswert ist eine Fortentwicklung des multilateralen Handelssystems – anstatt vieler einzelner Freihandelsabkommen. Dafür müsste die WTO jedoch dringend reformiert werden.

Quelle: Welthandelsorganisation, 2019

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Ausgewählte Quellen:

 

Europäische Kommission, 2019: EU and Mercosur reach agreement on trade
http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=2039

David Ricardo, 2006: Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung

Internationaler Währungsfonds, 2019 (Seite S. 147) : World Economic Outlook October 2019 https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2019/10/01/world-economic-outlook-october-2019