Beschäftigung

Corona-Krise trifft Arbeitsmarkt: Was jetzt zu tun ist

Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern ist rückläufig, die Kurzarbeit hat das Niveau der Krise von 2009 deutlich überschritten und die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai im Vergleich zum Vorjahr um mehr als eine halbe Million gestiegen. Wir haben im Folgenden aufgeschrieben, was aus unserer Sicht jetzt für den Arbeitsmarkt getan werden muss.

3. Juni 2020

INSM-Position WirtschaftspolitikStandpunkt Wolfgang ClementZur PressemitteilungZur Faktensammlung Arbeitsmarkt

Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt erreicht. Das war zu erwarten. Wo Produktionsprozesse unterbrochen werden, weil Lieferketten ausfallen, und wo die Nachfrage nach Zwischen- und Endprodukten teilweise drastisch sinkt, gehen Arbeitsplätze verloren. Die gute unter den schlechten Nachrichten: Wir kennen die Ursache der negativen Entwicklung. Wir wissen, mit dem Zurückdrängen und schließlich dem Ende der Pandemie steht einem wirtschaftlichen Aufschwung wenig entgegen. Vorausgesetzt, wir steuern klug durch die Krise und stellen jetzt die richtigen Weichen für einen Arbeitsmarkt, der alle Menschen in Lohn und Brot behält oder bringt.

Eine entscheidende Voraussetzung für eine positive Entwicklung: Die Arbeitskosten dürfen infolge der Krise nicht nach oben schnellen. Der Mehrheit der Deutschen ist dieser Zusammenhang bewusst: Laut einer in unserem Auftrag erstellten repräsentativen Civey-Umfrage halten mehr als 60 Prozent steigende Lohnnebenkosten für gefährlich für den Arbeitsmarkt (siehe Grafik unten).

Was aus unserer Sicht jetzt für den Arbeitsmarkt getan werden muss:

Beschäftigung in der Krise halten

Das Instrument der Kurzarbeit ist für Konjunktureinbrüche wie in der Corona-Krise geschaffen worden. Sogenannte externe Schocks treffen unverschuldet Unternehmen und Beschäftigte. Gleichzeitig besteht die berechtigte Hoffnung, auf absehbare Zeit die Krise hinter uns lassen zu können. Die Gemeinschaft der Beitragszahler in der Arbeitslosenversicherung kann in dieser Situation dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen in Beschäftigung bleiben. Das hilft heute die Arbeitslosigkeit zu dämpfen – und später, weil der Wiedereinstieg in Beschäftigung nach der Krise erleichtert wird.

Sozialversicherungen nicht überlasten

Die in der Krise steigenden Ausgaben der Sozialversicherungen haben einen stabilisierenden Effekt. Die ausgezahlten Leistungen fließen in den Wirtschaftskreislauf und wirken dem Abwärtstrend entgegen. Gleichzeitig können die steigenden Ausgaben zum Problem werden. So rechnet zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit durch die massive Zunahme von Kurzarbeit und die steigende Arbeitslosigkeit allein in der Arbeitslosenversicherung mit einem Verlust von 30,5 Milliarden Euro in diesem Jahr. Die Folge: steigende Bundeszuschüsse oder -kredite sowie steigende Beiträge – und damit steigende Arbeitskosten.

Und das nicht nur in der Arbeitslosenversicherung. In der größten Sozialversicherung, der Rentenversicherung, stellt sich die Frage, wie die Rentner an den Kosten der Krise zu beteiligen sind. Ein Weg wäre die Wiedereinsetzung des sogenannten Nachholfaktors.

Selbst bei einer solchen Wiedereinsetzung würde es im Jahr 2021 – aufgrund der Rentengarantie – keine Rentenkürzung, sondern lediglich eine Nullrunde für Rentner geben. Das wäre fair, denn schließlich müssen Beitrags- und Steuerzahler mit einem auf bis zu 20 Prozent steigenden Beitragssatz rechnen und mindestens mittelfristig die in der Corona-Krise aufgenommenen Schulden über die Steuern zurückzahlen. Die Folgen von Corona belasten damit die Beitrags- und Steuerzahler einseitig.

Wenn nun der Nachholfaktor wieder gelten würde, würden Lasten solidarisch auf mehr Schultern verteilt. Denn dann würde, wenn krisenbedingt die Einkommen der Beitragszahler sinken, Rentenerhöhungen so lange ausgesetzt, bis sie wieder im Gleichschritt mit dem Einkommenswachstum sind. Unterbleibt eine solche Anpassung, hätte dies unmittelbare Konsequenzen für neue und bestehende Arbeitsplätze – steigende Arbeitskosten können den Aufschwung am Arbeitsmarkt bremsen.

Ähnlich negative Effekte hätten politische Lohnsteigerungen. Die von Gewerkschaften und Arbeitgebern besetzte Mindestlohnkommission sollte sich gegen politische Einmischungen beim Mindestlohn wehren.

Staat muss gezielt helfen

Die öffentlichen Haushalte sind in der Krise doppelt betroffen: Zum einen brechen Einnahmen weg, während Kredite und Zuschüsse für die Sozialversicherungen steigen, zugleich erhöht der Staat die Ausgaben für Konjunkturmaßnahmen,, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen  Folgen des Einbruchs zu mildern.

Der Bund hat zwischen 2014 und 2019 Überschüsse erwirtschaftet und damit jenen Spielraum geschaffen, der jetzt für die Bekämpfung der Krise notwendig ist. Die Schuldenbremse hat dazu einen Beitrag geleistet, die Handlungsfähigkeit in der aktuellen Krise zu stärken. Dadurch ist es dem Staat auch möglich, Unternehmen zu stützen, damit sie nach der Krise zu ihren Investitionsplänen zurückkehren können.

Verhindert werden soll, dass Unternehmen Investitionen unterlassen und damit Wachstum und Beschäftigung riskieren, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Dagegen hilft eine Stärkung der Kapitalausstattung, zum Beispiel durch eine Ausweitung der Verlustvor- und -rückverrechnung. So bleiben Unternehmen besser in der Lage, an ihren Investitionsplänen festzuhalten und ihre Beschäftigten zu halten.

Wachstumsorientierte Politik ohne Steuererhöhungen

Kurzfristig sind die Hilfsprogramme der Bundesregierung im Rahmen der Corona-Pandemie richtig und wichtig, weil sie während der Einschränkung des öffentlichen Lebens die Unsicherheit für Bürger und Unternehmen verringern. Nach der akuten Corona-Wirtschaftskrise muss eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik im Rahmen der Schuldenbremse Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland sichern. Denn langfristig führt nur Wirtschaftswachstum in Verbindung mit einem hohen Beschäftigungsniveau aus dem durch Corona angestiegenen Schuldenstand heraus. Hingegen sind Steuererhöhungen kontraproduktiv – sei es in Form einer Vermögen-, einer Reichensteuer oder einer Corona-Sonderabgabe – sie alle sind Gift für das Wachstum und gefährden damit Wohlstand und Beschäftigung.