Regierungspolitik im Deutschland-Check
Deutschland-Check

"Schweizer Abkommen schließt Steuerschlupfloch"

Die Steuerhinterziehung in Deutschland durch Verlagerung von Kapitalbeständen in das Ausland, speziell der Schweiz soll nachhaltig bekämpft werden. Das Abkommen zwischen Deutschland und der Schwiz soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

18. Mai 2012

Was ist geplant?

Die Steuerhinterziehung in Deutschland durch Verlagerung von Kapitalbeständen in das Ausland, speziell der Schweiz soll nachhaltig bekämpft werden. Dabei soll einerseits Rechtssicherheit hinsichtlich der zukünftigen Besteuerung hergestellt werden und andererseits sollen alle in der Vergangenheit entstandenen Kapitalerträge, die unversteuert geblieben sind, einer nachträglichen Besteuerung unterworfen werden. Damit erlöschen alle weiteren Ansprüche des deutschen Fiskus und die deutschen Behörden bemühen sich nicht aktiv um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwendeten Kundendaten. Das Abkommen soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

4 Sterne vom IW Köln

Bewertung und Begründung

Die Experten des IW-Köln geben dem Vorhaben vier von fünf möglichen Sternen.

Das Abkommen sorgt dafür, dass dem deutschen Fiskus künftig keine Steuern mehr durch die Verlagerung privater Kapitalvermögen in die Schweiz entgehen. Zins- Und Dividendenerträge, sonstige Einkünfte und Veräußerungsgewinne werden wie in Deutschland mit einer Steuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag belegt. Diese Steuerzahlungen haben abgeltende Wirkung. Sollten sich in Deutschland die Steuersätze ändern, wird auch die Besteuerung in der Schweiz entsprechend angepasst. Alternativ kann Kontoinhaber seine Schweizer Bank auch ermächtigen, den deutschen Behörden die Erträge seines Kontos zu melden. Durch diese Maßnahmen erfolgt entweder in der Schweiz eine Besteuerung, die exakt der deutschen entspricht oder der deutsche Fiskus erhält hinreichende Informationen um die Besteuerung sicher zu stellen.

Sollte der Kontoinhaber versterben, muss die Schweizer Bank entweder Erbschaftsteuer in Höhe von 50 Prozent der Vermögenswerte abführen oder wiederum eine Meldung an die deutschen Finanzbehörden vornehmen.

Mit diesen Regelungen wird einer zukünftigen Steuerhinterziehung in der Schweiz hinreichend vorgebeugt. Das Niveau der Ertragsbesteuerung ist identisch zu dem deutschen und die in Deutschland progressive Versteuerung von Erbschaften erfolgt zum höchstmöglichen Steuersatz. Dies schafft Rechtssicherheit über die Besteuerung und ist zu begrüßen.

Auch für in der Vergangenheit hinterzogene Steuern ist eine Lösung enthalten. Wiederum besteht die Wahl einer Meldung an die deutschen Finanzbehörden oder einer Versteuerung in der Schweiz, in diesem Fall einer Nachversteuerung. Im Falle der Meldung müssen die vollständige Identität des Kontoinhabers, die Kontodaten und die jährlichen Kontostände per 31. Dezember seit 2002 gemeldet werden. Dies entspricht der 10 jährigen Verjährungsfrist für Steuertatbestände.

Die Nachversteuerung erfolgt durch eine einmalige Zahlung. Dabei werden pauschaliert die aufgelaufenen Erträge ermittelt und eine nachfolgend Steuer auf den Kapitalbestand (auf das relevante Kapital) erhoben. Die Steuersätze reichen von 34 bis 41 Prozent, zusätzlich gibt es einen Mindeststeuersatz von 21 Prozent.

Die Relevanz der Mindeststeuer kann aufgrund der fehlenden Informationen über die Steuerfälle nicht geprüft werden. Dieser Steuersatz darf aber nicht mit der deutschen Abgeltungssteuer verglichen werden, da er auf den Kapitalbestand und nicht auf die Erträge angewendet wird.

Mit der Nachversteuerung gelten alle deutschen Ansprüche aus der Einkommen-, Umsatz-, Vermögen-, Gewerbe- sowie Erbschaft- und Schenkungssteuer als erloschen. Ob die Nachversteuerung eine angemessene Höhe hat, lässt sich nicht ermitteln. Da alternativ die Meldung an den deutschen Fiskus zulässig ist, kann davon ausgegangen werden, dass jeder Kontoinhaber die Nachversteuerung nur wählt, wenn sie kostengünstiger ist. Dies ist aber der Nachteil jedes pauschalierenden Verfahrens und muss in Kauf genommen werden, wenn nicht jede Steuerhinterziehung individuell strafrechtlich geahndet werden soll.

Außerdem teilen die Schweizer Behörden den deutschen Behörden am 31. Mai 2013 die 10 wichtigsten Staaten mit, in die Vermögenswerte zwischen Unterzeichnung und Inkrafttreten des Steuerabkommens abgeflossen sind. Dabei werden keine Personennamen genannt. Dies ermöglicht dem deutschen Fiskus zwar den Abschluss ähnlicher Abkommen wie mit der Schweiz.

Es erscheint auf den ersten Blick unbefriedigend, dass durch eine weitere Verlagerung der Vermögensbestände die konsequente Bekämpfung der Steuerhinterziehung verzögert wird. Allerdings sind mit jeder Gesetzesänderung Ankündigungseffekte verbunden. Dies galt z.B. auch für die Erhöhungen der Mehrwert- oder der Grunderwerbsteuer. D.h. bei hinreichender Liquidität wurden die Käufe vor der Steuererhöhung getätigt. Hier wird das Kapital verlagert. Dies muss als normale Ausweichreaktion akzeptiert werden, auch wenn es illegal ist. Die Schaffung der zukünftigen Rechtssicherheit und der konsequenten Besteuerung der deutschen Kapitalvermögen in der Schweiz ist anders nicht zu realisieren.

Die Schweizer Banken leisten innerhalb von 25 Tagen nach Inkrafttreten des Abkommens eine Vorauszahlung von 2 Milliarden Franken. Diese wird unter Bund, Ländern und Gemeinden nach den Anteilen an der deutschen Kapitalertragsteuer verteilt. Damit schafft das Abkommen unmittelbar zusätzliche Einnahmen für den deutschen Fiskus.

Der Gesetzescheck ist Bestandteil des Deutschland-Checks, eine monatlich erscheinende Dauerstudie der INSM und der WirtschaftsWoche. Insgesamt besteht der Deutschland-Check aus drei Teilen: Die Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung, einer Beurteilung neuer Gesetze und einer Umfrage unter Wirtschaftsexperten, Arbeitnehmern und Arbeitgebern.