Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft
Standpunkt von Hubertus Pellengahr

Vertrauen in Markt und Wettbewerb schafft seit 70 Jahren Wohlstand

70 erfolgreiche Jahre des Wohlstands in Deutschland zeigen: in Markt und Wettbewerb zu vertrauen, ist und bleibt der richtige Kurs. Gleichzeitig stellen Markt und Wettbewerb unsere Gesellschaft vor immer neue Herausforderungen, auf welche passende Antworten gefunden werden müssen. Diese Antworten gibt uns weiterhin die Soziale Marktwirtschaft.

19. Juni 2018

INSM-Leitfaden Marktwirtschaft

Vor 70 Jahren war Soziale Marktwirtschaft etwas ganz Neues. Entsprechend skeptisch wurde sie betrachtet. Jahrhunderte lang hatten Herrscher es als ihr souveränes Recht angesehen zu bestimmen, was auf ihren Märkten zu welchen Preisen gehandelt wurde. Brotpreise entschieden schneller über Aufstieg und Fall ganzer Reiche, als manchem lieb war. Heute wissen wir alle, zu welchem Erfolg die Freigabe der Preise und die Einführung der D-Mark vor 70 Jahren führten. Aus unserer heutigen Perspektive erscheint das Risiko, das Ludwig Erhard einging, als er die Zwangsbewirtschaftung beendete und die Preisbindung aufhob, denkbar klein. Wir haben Vertrauen in Markt und Wettbewerb. Dieses Vertrauen beruht auf 70 erfolgreichen Jahren, die uns zu ungeahntem Wohlstand und einem Leben in Freiheit und Sicherheit geführt haben.

Ohne international wettbewerbsfähige Produkte und funktionierende Märkte mit freier Preisgestaltung wären unsere Steuer- und Sozialkassen leer. Bevor es etwas zu verteilen gibt, muss erst etwas erwirtschaftet werden. Ludwig Erhard wurde nicht müde, dies bei jeder Gelegenheit zu wiederholen. Heute mag das als Binsenweisheit erscheinen. Ein Blick in die aktuellen Vorhaben der Bundesregierung zeigt jedoch erschreckend klar, wie viele Politiker sich noch immer am liebsten als Verteiler von Wohltaten inszenieren und sich wenig Gedanken darum machen, wie das Geld in die Kasse kommt, aus der sie ihre Wahlgeschenke verteilen.

Auch nach 70 Jahren sind die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft für viele etwas Neues. Die Ludwig Erhard Stiftung, die INSM und viele andere arbeiten täglich daran, das zu ändern. Aber auch die, die mit den ökonomischen und politischen Grundlagen vertraut sind, dürfen sich nicht auf dem prall gefüllten Kissen des Erfolgs ausruhen. Markt und Wettbewerb produzieren ständig neue Fragen, die neue Antworten erfordern. Genau das ist es, was wir, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, als das Neue bezeichnen.

Dass Ludwig Erhard kein Freund der umlagefinanzierten Rente war, dürfte sich herumgesprochen haben. Dass Konrad Adenauer Erhards Bedenken um die Zukunftsfähigkeit des Umlageverfahrens mit der Fehlprognose „Kinder kriegen die Leute sowieso“ aushebelte, auch. Jetzt liegt es jedenfalls an uns, aus unserem Rentensystem das Beste für alle Betroffenen zu machen. Betroffen sind in diesem Fall tatsächlich alle, nicht nur die Rentnerinnen und Rentner, sondern auch Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Betroffen sind nicht nur Jung und Alt, sondern sogar all die, die noch gar nicht geboren sind. Auch Rentenzahlungen müssen erwirtschaftet werden bevor sie verteilt werden können. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Anhaltende Ungerechtigkeiten verträgt das System nicht.

Bildung war schon immer die Grundlage für steigende Beschäftigung und Wachstum. Die Digitalisierung wird in den kommenden Jahren keinen Bereich unserer Wirtschaft und Gesellschaft unverändert lassen. Es wird immer weniger darauf ankommen, was wir bereits wissen und können, sondern immer mehr darauf was wir neues lernen. Aber auch in einer stark digitalisierten Gesellschaft wird das Manna nicht vom Himmel fallen und Milch und Honig nicht von allein fließen. Erhards Aussage „Arbeit ist und bleibt die Grundlage des Wohlstands“ wird auch in einer digitalisierten Gesellschaft gelten. Damit dieser Wandel gelingt, müssen wir ganz besonders agil sein. Die große Leistung der Sozialen Marktwirtschaft war nicht, dass sie Veränderungen verhindert hat, sondern dass sie Teilhabe am Fortschritt ermöglicht und dort wo es nötig ist, die Folgen des strukturellen Wandels sozialverträglich abfederte.

Den Deutschen ging es noch nie so gut wie heute. Vermutlich genau deshalb schauen sie besonders skeptisch in die Zukunft. Umso ungewisser die ist, desto größer ist der allzu menschliche Drang, möglichst alles so fest wie möglich vor Veränderung zu schützen. Hätte Ludwig Erhard vor 70 Jahren es nicht gewagt, auf den Markt zu vertrauen, die leeren Regale wären leer geblieben. Damit uns Wohlstand und Wachstum auch in den kommenden 70 Jahren erhalten bleiben, brauchen wir Politikerinnen und Politiker mit Weitblick und Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft. Wem es noch an Vertrauen fehlt, dem sei der Blick zurück empfohlen. Er zeigt uns allen eindrücklich, dass die Richtung stimmt.

Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM.