Nur noch geringe Fortschritte – der Osten stagniert
Die Bundesländer erreichen im Vergleich zum Vorjahr nur noch geringe Verbesserungen in der Leistungsfähigkeit ihrer Bildungssysteme. Fortschritten bei den Kindertagesstätten und ganztägigen Betreuungsangeboten stehen Rückschritte bei der Integration gegenüber. Zu diesem Ergebnis kommt der Bildungsmonitor 2015.
Die Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) bewertet anhand von über 90 Indikatoren, inwieweit die Bundesländer Bildungsarmut reduzieren, zur Fachkräftesicherung beitragen und Wachstum fördern. Der Bildungsmonitor wird in diesem Jahr zum zwölften Mal veröffentlicht.
Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg haben die leistungsfähigsten Bildungssysteme aller 16 Bundesländer. Gegenüber dem Vorjahr konnten das Saarland und Bremen am deutlichsten zulegen. Verbesserungen auf deutlich höherem Niveau weisen auch Bayern und Hamburg auf. Die guten Ergebnisse von Sachsen und Thüringen müssen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eingeordnet werden, der vor allem die östlichen Bundesländer in den kommenden Jahren besonders hart treffen wird. Ein größerer Anteil der Beschäftigten ist dort über 55 Jahre alt und muss in den kommenden zehn Jahren ersetzt werden. Dies gilt sowohl für die Lehrkräfte an den Schulen als auch für die besonders wichtigen Fachkräfte in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen. Der Osten wird zusätzlich dadurch belastet, dass dort bisher kaum Zuwanderer leben, was es wiederum erschwert, zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist besonders kritisch zu sehen, dass beim Handlungsfeld Integration in den östlichen Ländern Rückschritte festgestellt wurden – die Schulabbrecherquote unter Ausländern ist gestiegen.
Auch wenn die Länder im Durchschnitt bei der Bewertung des Bildungssystems im Vergleich zum Vorjahr nur geringe Verbesserungen erreichen, konnten das Saarland, Bremen, Bayern oder Hamburg deutlich zulegen. So konnte das Saarland beispielsweise das Angebot dualer Studiengänge erhöhen, in Bremen ist der Anteil vorzeitig aufgelöster Ausbildungsverträge gesunken, in Bayern die Anzahl der Absolventen in den Ingenieurwissenschaften stark gestiegen und in Hamburg der Anteil ganztags betreuter Grundschüler deutlich gewachsen.
In den vergangenen Jahren haben Erfolge bei der Akademisierung wichtige Beiträge zur Fachkräftesicherung erbracht. Allein 20,5 Milliarden Euro sind im Jahr 2013 an zusätzlicher Wertschöpfung durch die seit dem Jahr 2000 steigenden Hochschulabsolventenzahlen entstanden. Der demografische Wandel wird aber zu sinkenden Studienanfängerzahlen aus Deutschland führen. Um die Erfolge auf Dauer zu sichern, ist es daher wichtig, durch die international bekannten Bachelor- und Masterstudiengänge mehr Studierende aus dem Ausland zu gewinnen. Der Bildungsmonitor 2015 zeigt, dass die Bologna-Reform alles in allem erfolgreich ist und Probleme wie hohe Abbrecherquoten bereits vor der Umstellung der Studiengänge bestanden.
„Durch die Bologna-Reform ist das deutsche Hochschulsystem für Studierende aus dem Ausland attraktiver geworden. Durch Zuwanderung über die Hochschulen können wichtige Beiträge zur Fachkräftesicherung und damit zu Wachstum und Wohlstand geleistet werden. Daneben sollten wir uns bemühen, bei der Integration und der Bekämpfung der Bildungsarmut voranzukommen“, so Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM. Pellengahr weiter: „Der Bildungsmonitor zeigt, dass im Bildungssystem wieder deutlichere Fortschritte notwendig sind.“
„Heute erreichen 10,7 Prozent der ausländischen Schulabgänger keinen Abschluss. Vielen fällt deshalb trotz bestehender Fachkräfteengpässe der Übergang in die Berufsausbildung schwer. Schulen benötigen deutlich mehr Personal und die Lehrer Fortbildungsangebote, um alle Schüler optimal fördern zu können. Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen wird dies noch einmal dringender. Asylbewerber sollten ferner bereits nach drei Monaten Zugang zu Integrationskursen erhalten“, erklärt Prof. Dr. Axel Plünnecke, Studienleiter beim IW Köln.
Über die Studie „Bildungsmonitor“
In die Studie Bildungsmonitor 2015 werden 93 Indikatoren einbezogen. Darunter Indikatoren zur Beschreibung der Infrastruktur, beispielsweise die Verfügbarkeit von Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten sowie die Betreuungsrelationen an Schulen. Des Weiteren sind es Indikatoren, die den Zugang zu Bildung beschreiben, wie Schulabbrecherquoten, Abbrecherquoten von Ausländern und der Anteil der Schüler, die von Bildungsarmut betroffen sind. Außerdem werden Indikatoren einbezogen, welche die Qualität der schulischen Leistung und den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen abbilden. Damit messen die Indikatoren sowohl Aspekte der Bildungsgerechtigkeit, als auch Impulse des Bildungssystems zur Stärkung der Qualifikationsbasis der Volkswirtschaft. Die zu Grunde liegenden Daten beziehen sich zumeist auf das Jahr 2013 oder 2014: zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine aktuelleren statistischen Daten in Deutschland vor.
Neben einer Bestandsaufnahme zur Leistungsfähigkeit des Bildungssystems werden die Ergebnisse des Bildungsmonitors 2015 auch mit dem Vorjahr verglichen. So gibt die Studie auch darüber Auskunft, welches Bundesland die größten Verbesserungen in seinem Bildungssystem erreicht hat.