Wirtschaftsliberale in die Politik! - Oder: Warum es gut ist, dass Ludwig Erhard kein Unternehmer wurde
So lange sich Unternehmer und Wirtschaftsliberale nicht stärker in der Gesellschaft engagieren, wird sich der politische Trend der Regulierung und Umverteilung nicht ändern. Ein Aufruf.
Für Wirtschaftsliberale geht nichts über den Unternehmer. Er wird – oft zu Recht – als Quell aller Innovation und Wertschöpfung gefeiert. Er ist der Pin-up-Boy der Marktwirtschaftler. Die Berufe Politiker, Verwaltungsbeamter, Lehrer und öffentlich-rechtlicher Journalist werden von Wirtschaftsliberalen dagegen weniger geschätzt.
Für viele der ökologisch-sozial gesinnten Mitbürger stellt sich die Lage anders da: Für sie sind Unternehmer nicht die Wertschöpfer, sondern eher das Übel unserer Zeit. Sie würden Menschen ausbeuten, die Umwelt verschmutzen und gefährliche, ungesunde oder zumindest unnütze Produkte produzieren, wo immer ihnen fehlende Regulierung Platz dafür lässt. Bewundernswert seien dagegen Menschen, denen es nicht um die Geldvermehrung, sondern um die Geldverteilung gehe.
Während sich die Unternehmer mit ihren Mitarbeitern den Kopf zerbrechen, wie sie ihre Produkte verbessern und vermarkten können, machen “grüne” Journalisten mit Artikeln und Reportagen Meinung, sichern sich umverteilungsaffine Politiker Mehrheiten, bringen sozialbewegte Lehrer Schüler frühzeitig auf Linie, mobilisieren und demonstrieren antikapitalistische Aktivisten medienwirksam und gießen Verwaltungsbeamte politische Vorgaben in Gesetze.
Das Ergebnis: Die einen bestimmen den Zeitgeist, die Meinung und die Politik. Die anderen versuchen, in der Wirtschaft das Beste unter den gegebenen Bedingungen rauszuholen.
Um eine solche Politik und den Zeitgeist zu ändern, müssten Wirtschaftsliberale ihre Scheu überwinden und sich in den Redaktionen, in den Parlamenten, in den Klassenzimmern, auf den Straßen und in den Ministerien für freiheitliche Rahmenbedingungen engagieren.
Die frei gewordenen Plätze in den Vorstandsetagen, Werkshallen und Forschungslabors würden sich wieder füllen. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, gibt es immer auch findige und geschäftstüchtige Menschen, die die unternehmerischen Freiheiten zu nutzen wissen. Welche politische Einstellung diese Menschen haben, spielt für ihre wohlstandsstiftende Arbeit – anders als bei den Meinungsmachern – keine Rolle.
Bei aller Frustration: Es lohnt sich als Freiheitsfreund, Gleichgesinnte nicht nur für das Unternehmertum, sondern auch für die Politik, den Journalismus oder die Verwaltung zu begeistern. Wer weiß, ob es das deutsche Wirtschaftswunder so gegeben hätte, wäre Ludwig Erhard wie sein Vater Textilwarenhändler geworden.
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Autor:
Dr. Nils Hesse ist Volkswirt und Politologe, lebt in Berlin und arbeitet als freier Ordnungsökonom.