Wie Schattenwirtschaft und Korruption wirksam bekämpft werden können

Schwarzarbeit und Korruption zu bekämpfen, ist ein komplexes Untefangen. Um die Übersicht nicht zu verlieren, nähern wir uns dem Thema mit einem FAQ.

Was ist die Definition von Schattenwirtschaft?

Als Tätigkeit in der Schattenwirtschaft wird die Erstellung legaler Güter bezeichnet, die am Staat vorbei erfolgt. Nicht dazu gehören demnach klassische kriminelle Aktivitäten (zum Beispiel Raub, Einbruch) oder die informelle Hauswirtschaft (z.B. DIY, Nachbarschaftshilfe). Als potentielle Motive, eine Tätigkeit in der Schattenwirtschaft aufzunehmen, nennt Prof. Dr. Friedrich Schneider

  1. Vermeidung von Steuern,
  2. Vermeidung von Sozialabgaben,
  3. Umgehung von Mindeststandards und Regularien sowie
  4. Umgehung zeitraubender Verwaltungsprozesse.

Auf den ersten Blick liegt also die Vermutung nahe, dass hohe Steuern, Sozialabgaben und gesetzliche Vorgaben zu einem höheren Maß an Schattenwirtschaft führen.

Wie hängen Schattenwirtschaft und Korruption zusammen?

Der Zusammenhang zwischen der Schattenwirtschaft und Korruption ist in der Wissenschaft umstritten. Es wird sowohl ein substitutiver als auch ein komplementärer Zusammenhang angenommen. Die empirischen Ergebnisse scheinen jedoch eher auf einen verstärkenden Zusammenhang hinzuweisen. Das bedeutet, je höher die Schattenwirtschaft ausgeprägt ist umso mehr Korruption gibt es und umgekehrt.

Welche Faktoren sieht die Wissenschaft als Verstärker schattenwirtschaftlicher Aktivitäten?

Faktoren, die die Schattenwirtschaft stärken, sind die staatliche Überregulierung (wirtschaftlicher) Aktivitäten, das Ausmaß staatlicher Aktivitäten sowie eine hohe Belastung der Bürger und Unternehmen mit Steuern und Abgaben. Korruption wird verstärkt durch hohe Bürokratiekosten und verringert durch einen effektiven Staat und eine hohe wirtschaftliche Freiheit. Wirtschaftliche Freiheit wird negativ beeinflusst, wenn der Staat die Wirtschaft “gängelt” und in sie eingreift sowie durch das Ausmaß staatlicher Aktivitäten. Der Einfluss der Qualität des politischen Systems sowie die Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaates und das Bildungsniveau scheinen demgegenüber eher gering zu sein.

Schattenwirtschaft und Korruption wirken sich negativ auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf sowie das BIP-Wachstum und die Erwerbsquote aus. Korruption bewirkt außerdem eine geringere Unabhängigkeit der Justiz. Nicht zuletzt aufgrund dieser negativen Wirkungen erscheint die Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Korruption sinnvoll.

Wie könnten Maßnahmen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft aussehen?

Wollen Politiker die Schattenwirtschaft bekämpfen, stehen ihnen mehrere Ansätze zur Verfügung. Die wirksamsten Maßnahmen zur Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Korruption dürften gemäß der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung die Reduktion der wirtschaftlichen Regulierung und staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft, eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast für Bürger und Unternehmen, eine Reduktion des Staatssektors und staatlicher Aktivitäten sowie Senkung von Bürokratiekosten sein. Institutionell betrachtet können eine effektive Regierung, eine effiziente Bürokratie und ein qualitativer Rechtsstaat die beiden gesellschaftlich unerwünschten Phänomene reduzieren. Auch unabhängig von der Bekämpfung der Schattenwirtschaft und Korruption dürften diese Maßnahmen gesellschaftlich erwünscht sein.

Die Entwicklung der letzten Jahre mit stetig zunehmender Belastung der Bürger und Unternehmen durch staatliche Überregulierung, steigende Steuern und Sozialabgaben sowie einem Anwachsen des Staatssektors und zunehmenden Bürokratiekosten dürfte der Schattenwirtschaft und Korruption auch in Deutschland zu einem Wachstum verholfen haben. Im gleichen Maße hat die wirtschaftliche Freiheit abgenommen, was ebenso unerwünschte Effekte gehabt haben dürfte.

Was beeinflusst Steuermoral und Steuerhinterziehung?

In einem eigenen Beitrag auf diesem Blog wurden die wichtigsten Faktoren, die die Schattenwirtschaft und Korruption stärken zusammengefasst. Eng mit der dort behandelten Frage verbunden, ist jene, welche Faktoren Einfluss auf die Steuermoral haben und wie die Steuermoral mit dem Ausmaß an Steuerhinterziehung zusammenhängt.

Warum sind die meisten Bürger steuerehrlich, obwohl die Kontrollintensität vielfach gering ist und die Strafen nicht sehr hoch ausfallen?

Umfragen zufolge lehnen mehr als 75 Prozent der Bürger in den deutschsprachigen Ländern Steuerhinterziehung generell ab und weit mehr als 80 Prozent der deutschen Bürger halten den unrechtmäßigen Bezug staatlicher Leistungen für inakzeptabel. Aus ökonomischer Sicht kann eine Fehleinschätzung staatlicher Sanktionsmechanismen die Erklärung dafür sein. Moralische Normen sind aber auch eine mögliche Erklärung. Dabei ist die Steuermoral als ein Produkt vieler verschiedener Faktoren zu betrachten.

Welche Faktoren beeinflussen die Steuermoral?

Offenbar zahlen die Bürger ehrlicher ihre Steuern, wenn sie den Eindruck haben, dass auch ihre Mitmenschen ehrlich ihre Steuern zahlen, die staatlichen Leistungen angemessen sind und Bürger von Behörden anständig und nicht wie Untertanen behandelt werden sowie die staatlichen Institutionen nicht versagen. Die Menschen akzeptieren eine Umverteilung zu ihren Ungunsten aufgrund des Vorteils in einem sicheren und sozial ausgeglichenen Land zu leben.

Einer Fallstudie zu Österreich zufolge beeinflussten sich Steuer- und Sozialstaatsehrlichkeit gegenseitig positiv. Ein hohes Bildungsniveau und Einkommen führt hingegen zu einer geringeren Steuerehrlichkeit. Religiosität und Patriotismus erhöhen die Steuerehrlichkeit demgegenüber deutlich.

Eine empirische Studie zu Belgien, Spanien und der Schweiz ergibt einen positiven Einfluss direkter Demokratie auf die Steuermoral und bestätigt ebenfalls den positiven Einfluss von Nationalstolz und Religiosität. Auch das Vertrauen in staatliche Institutionen sowie eine pro-demokratische Einstellung unterstützen die Steuerehrlichkeit. Verheiratete neigen der Untersuchung zufolge ebenfalls zu einer höheren Steuermoral.

Was kann getan werden, um die Steuermoral zu erhöhen?

Laut Prof. Schneider gibt es zwei Optionen, auf eine bessere Steuermoral hinzuwirken: Abschreckung durch höhere Kontrollintensität und harte Strafen sowie die Verbesserung staatlicher Leistungen (inklusive eines fairen Umgangs mit den Bürgern). Die erste Option zeigt in den meisten Studien jedoch keine klare positive Wirkung. Gute, bürgerorientierte staatliche Leistungen und ein freundlicher, kundenorientierter Umgang mit den Steuerzahlern sind der eindeutig bessere Weg.

Ein hohes Maß an direkter Demokratie und lokaler Autonomie erhöht nicht nur die Berücksichtigung der Präferenzen der Bürger, sondern auch ihre Identifikation mit den staatlichen Institutionen. Nationalstolz, Religiosität, ein faires und transparentes Rechtssystem sowie eine funktionierende Demokratie erhöhen die Steuermoral. Letztlich führt eine Reduktion der Steuerlast, ein Zurückfahren der Regulierung und wirtschaftliche Freiheit zu einer höheren Steuermoral.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass die Bürger ehrlicher sind, wenn sie sich einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis gegenüberstehen sehen: Den guten staatlichen Leistungen sollten also angemessene Steuersätze gegenüberstehen. Gerade dies könnte auch die etwas geringere Steuermoral von Gutverdienern erklären, da den geringeren staatlichen Leistungen, die sie in Anspruch nehmen, höhere Belastungen durch Steuern und Abgaben gegenüberstehen.

Dieser Beitrag basiert zu einem großen Teil auf einem Vortrag von Prof. Dr. Friedrich Schneider anlässlich der Thünen-Vorlesung vor dem Verein für Socialpolitik.

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Autor:

Dr. Markus A. Hessler studierte, lehrte und forschte in Bochum, Hagen und Hamburg. Er arbeitet aktuell als Strategieberater für Digitalisierung, Strategieentwicklung, Marketing-Management, Finance und Projektmanagement und lehrt in betriebs- und volkswirtschaftlichen Schwerpunkten an verschiedenen Hochschulen.

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