Was bezweckt die europäische Bankenunion?

Nach ESM und Fiskalpakt haben sich Mitte Dezember die EU-Finanzminister auf eine gemeinsame Bankenaufsicht geeinigt. Alle Großbanken und öffentlich gestützte Institute sollen künftig einer einheitlichen Kontrolle bei der EZB unterworfen werden. Was bringt der Vorstoß und was bedeutet er für die EZB?

Die Finanzkrise hat die Notwendigkeit einer international einheitlichen Bankenaufsicht deutlich gemacht. Die Finanzwelt agiert global. Eine rein national ausgerichtete Aufsicht öffnet Tür und Tor, Regulierungsvorschriften zu umgehen. Der Fall Hypo Real Estate ist ein Paradebeispiel hierfür. Eine internationale Aufsicht mit einheitlichen Regulierungsstandards ist daher sinnvoll.

Unbestritten ist, dass auch eine Zentralbank stets in die Bankenaufsicht involviert sein muss. Für eine effektive Geldpolitik ist die Zentralbank auf Erkenntnisse der Aufsicht angewiesen. Strittig ist aber die Ansiedlung der Aufsicht ausschließlich bei der EZB.

Hauptaufgabe der Zentralbank ist die Wahrung der Geldwertstabilität. Dieses Ziel kann mit den Aufgaben einer Bankenaufsicht kollidieren. Da bei Turbulenzen einer Bank auch immer die Aufsicht an den Pranger gestellt wird, besteht die Gefahr, dass die Zentralbank versucht, in Not geratene Banken durch großzügige Liquiditätsspritzen möglichst unauffällig zu retten. Kurzfristig mag das gelingen – langfristig werden die Ursachen der Schieflage damit aber nicht beseitigt und die Rückzahlung der Liquiditätshilfen ist fraglich. Darüber kann die Liquiditätsversorgung mit dem Ziel der Geldwertstabilität kollidieren.

Als kleine Nebenbemerkung: Die Bundesbank hat ihrerseits die Übertragung der Aufsicht der deutschen Banken stets mit der Begründung abgelehnt, sie sehe ihre Unabhängigkeit in Gefahr. Daher wurde die BaFin der Fach- und Rechtsaufsicht des Finanzministeriums unterstellt.

Insbesondere Frankreich hat sich vehement dafür eingesetzt, dass die Aufsicht zum 01. Januar ihre Arbeit aufnimmt. Dahinter steckt allerdings weniger das Streben nach einer Verbesserung der Aufsicht, sondern vielmehr der Wunsch mit der europäischen Bankenaufsicht eine gemeinschaftliche Haftung für die Banken innerhalb der EU zu installieren. Vom ursprünglichen Gedanken, mit der Bankenaufsicht auch die Einlagensicherungssysteme innerhalb der EU zusammenzulegen ist man zum Glück wieder abgerückt. Stattdessen wird nun die Idee verfolgt, dass mit der Einrichtung einer europäischen Bankenaufsicht angeschlagene Banken finanzielle Hilfen aus dem ESM erhalten können. In diesem Fall haften nicht mehr die Sparer, sondern die Steuerzahler für die Risiken von Banken im Ausland.

Grundsätzlich richtig ist: Je größer eine Sicherungseinrichtung ist, umso stabiler ist sie auch. Bei der europäischen Bankenunion besteht allerdings der Verdacht, dass es dabei nicht ausschließlich um die Banken geht, sondern um Hilfe für die hoch verschuldeten Staaten. Die Banken sind die größten Kreditgeber der Staaten. Wenn das sinnvolle Ziel, eine wirksame europäische Bankenaufsicht zu schaffen, in den Hintergrund tritt und es in Wahrheit nur um eine Vergemeinschaftung der Schulden geht, wäre das für die Zukunft der EU fatal.

Autor:

Prof. Dr. Th. Hartmann-Wendels ist Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre sowie Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität zu Köln.

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