UN-Konferenz: Klimaschutz kosteneffizient erreichen

Die Erderwärmung nimmt zu, aber die Politik tut sich weiter schwer, sich auf Umsetzungsziele zu einigen. Dabei gäbe es mit einem weltweiten Emissionshandelssystem eigentlich ein einfaches und effizientes Instrument, um den CO2-Ausstoß zu begrenzen. Aber es mangelt am politischem Willen, meint die unabhängige Politikberatung Econwatch. Die Gründe sind vor allem politik-ökonomischer Natur.

Der folgende Policy Brief (.pdf) entstand Grundlage des Econwatch-Panels „Auf dem Weg zu einem neuen Klimaschutzabkommen: Hinweise für einen erfolgreichen Abschluss der UN-Klimakonferenz in Paris“ mit Prof. Dr. Claudia Kemfert (DI W Berlin), Prof. Dr . Georg Meran (Technische Universität Berlin) und Prof. Dr. Joachim Weimann (Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Die Videos wurden im Vorfeld der Veranstaltung aufgenommen. 

Bis zum 11. Dezember 2015 findet in Paris die 21. UN- Klimakonferenz statt. Ziel ist es, ein neues Abkommen mit verbindlichen Klimazielen für alle 194 Mitgliedsstaaten der UN- Klimarahmenkonvention abzuschließen. Damit soll ein Nachfolgevertrag für das 1997 beschlossene Kyoto-Protokoll vereinbart werden, in dem sich die Industriestaaten erstmals völkerrechtlich bindend zu einer Begrenzung des Treibhausgasausstoßes verpflichtet haben. Allerdings haben die US A als wichtiger Emittent von Treibhausgasen das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert und Kanada ist 2011 aus dem Abkommen ausgestiegen. Die Bemühungen um ein Folgeabkommen haben bisher zu keiner Einigung geführt, da die Differenzen insbesondere über Umfang und Verteilung der künftigen Verpflichtungen zur Treibhausgasreduktion, den Beitrag der Schwellen- und Entwicklungsländer sowie die Höhe der Finanztransfers zu groß waren.

Nachdem die G7-Regierungschefs auf Schloss Elmau im Juni 2015 beschlossen haben, dass bereits bis 2050 die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen um 40 bis 70 Prozent gegenüber 2010 reduziert werden sollen und bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vollständig auf den Verbrauch fossiler Energieträger wie Kohle und Erdöl verzichtet werden soll, ist die Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss der Pariser Konferenz gestiegen. „Der Beschluss der G7 übt deutlichen Druck auf die Märkte aus“, sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin.

Im Vorfeld der Konferenz von Paris haben mehr als 170 der 196 Vertragsstaaten, die über 95 Prozent der weltweiten T reibhausgase emittieren, Maßnahmen benannt, mit denen sie bis 2030 Treibhausgase reduzieren wollen. Allerdings würden die benannten „Intended Nationally Determined Contributions “ (INDCs) in der Summe lediglich dazu führen, dass sich das Wachstum der Treibhausgasemissionen abschwächt. Um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf höchstens 2 Grad Celsius zu begrenzen, wäre es hingegen notwendig, wesentlich umfangreichere Maßnahmen umzusetzen und die Emissionen bis 2030 um mindestens 20 Prozent zu senken.

„Eine verbindliche Festlegung der INDCs wäre dennoch als Erfolg der Pariser Konferenz zu werten“, urteilt Claudia Kemfert, trotz aller Schwierigkeiten: so sind die von den Ländern vorgelegten Maßnahmen nicht vergleichbar und eine gegenseitige Überprüfung nur schwer möglich. Dazu müsste zunächst ein einheitliches Bewertungssystem etabliert und Einigkeit darüber erzielt werden, dass die Umsetzung der Maßnahmen überwacht und ihre Nichterfüllung sanktioniert wird.

Nationale Klimareduktionsziele führen zudem nicht dazu, dass Treibhausgasemissionen dort vermieden werden, wo es am kostengünstigsten möglich ist. „Besser als über länderspezifische Reduktionsverpflichtungen zu verhandeln, wäre es, sich auf einen einheitlichen Preis für jede ausgestoßene Tonne CO2 zu einigen“, sagt Georg Meran von der Technischen Universität Berlin. Denn grundlegendes Hindernis für verbindliche Reduktionsverpflichtungen ist einerseits das Trittbrettfahrerproblem – jedes Land hofft auf Beiträge anderer, um selbst ohne Reduktionsverpflichtungen davon zu kommen – und andererseits das starke Gewicht, das Verteilungsfragen in den Verhandlungen haben. Während 1990 die Industrieländer einen Anteil von 62 Prozent an den weltweiten Treibhausgasemissionen hatten, ist ihr Anteil bis 2013 auf 37 Prozent zurückgegangen. Schwellen- und Entwicklungsländer emittieren inzwischen deutlich über die Hälfte der weltweiten Treibhausgase, sehen sich aber überfordert, die finanziellen Lasten und ökonomischen Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen zu tragen. „Daher ist es entscheidend, die Frage, wo wieviel CO2 vermieden wird, von der Frage zu trennen, wer die Kosten dafür trägt. Da die Entwicklungs- und Schwellenländer die größten Belastungen zu tragen haben, müssen sie durch entsprechende Transfers beziehungsweise kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten in einem Emissionshandelssystem entschädigt werden. In Paris einen Prozess anzustoßen, der zu einer kosteneffizienteren Klimapolitik führt und einen Mechanismus für die Lastenteilung etabliert, wäre ein großer Erfolg“, konstatiert Joachim Weimann von der Universität Magdeburg.

Allerdings mangele es an politischem Willen für ein weltweites Emissionshandelssystem. Dies dürfte nicht zuletzt politökonomisch zu erklären sein. Die Förderung der heimischen Industrie im Rahmen der Energiewende weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz sehen wiederwahlinteressierte Politiker lieber im eigenen Land, als über Transfers andere Ländern zu unterstützen und so ein ambitioniertes internationales Klimaabkommen zu ermöglichen. Nationale Industrie- und Klimapolitik sind hier eine unheilige Allianz eingegangen.

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Autor:

Dr. Susanne Cassel und Dr. Tobias Thomas sind Vorsitzende bei Econwatch, einer gemeinnützigen und unabhängigen Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, verständlich und wissenschaftlich fundiert über Wirtschaftspolitik zu informieren und Reformmöglichkeiten aufzuzeigen.

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