Teurer Strom! Wie staatliche Eingriffe den Strompreis in die Höhe treiben

Im neuesten Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz steht u. a. die folgende bemerkenswerte Passage: „Hier ist es in den letzten Jahren zu Fehlentwicklungen gekommen. So entfielen 2010 im Stromsektor von rund 23,7 Mrd. € Investitionen in erneuerbare Energien allein 19,5 Mrd. € und damit über 80% auf die Photovoltaik“ (S.7). Die Darstellung legt es nahe, dass irgendwelche schlimmen Mächte, vermutlich „Marktkräfte“ des Weges gekommen sind und die Investitionen im Stromsektor fehlgeleitet haben. Dem ist jedoch nicht so. Das Problem ist hausgemacht. Es ist ein Problem politischer Steuerung, verantwortlich sind somit Politiker und niemand sonst.

Die Geschichte beginnt mit der Vergütungsstruktur im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – Paragraphen 23 bis 33. Die Vergütungsstruktur setzt selektive Anreize dafür, dass in bestimmte Formen der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen investiert wird. Wer z. B. einen Sonnenkollektor mit einer Leistung von nicht mehr als 30kWh auf einem Gebäude anbringt, erhält eine Preisgarantie für den Strom, den er produziert, von 28,74 ct/kWh. Wer in die Gewinnung von Solarenergie investiert, die nicht an Gebäude gebunden ist, erhält generell 21,11 ct/kWh Vergütung. Wer dagegen in die Verstromung von Klärgas investiert und Anlagen mit nicht mehr als 1 MW Leistung erstellt, erhält lediglich eine Vergütung von 7,16 ct/kWh, Investitionen in Windenergie erbringen in den ersten fünf Jahren nach Inbetriebnahme z. B. eines Windrads eine Vergütung von 9,2 ct/kWh.

Im EEG ist  nicht nur die Höhe der Vergütung geregelt, die dem Erzeuger Erneuerbarer Energie garantiert wird. Im EEG ist auch eine Abnahmepflicht des auf Basis von erneuerbaren Energieträgern erzeugten Stromes geregelt, und der entsprechende Strom genießt bei der Einspeisung Vorrang. Das ist ein einzigartiger Schutzraum, den die Lobbyisten erneuerbarer Energien für ihre Klientel geschaffen haben: Ein Investor, der in die Erzeugung erneuerbarer Energien investiert, hat keinerlei unternehmerisches Risiko. Sein Produkt wird zu einem garantierten Preis in fast beliebiger Menge abgenommen. Nachfrageschwankungen gibt es nicht – was produziert wird, wird auch abgesetzt. Wie wird sich ein rationaler Investor wohl in dieser Situation verhalten?

Die Ökonomie ist von rationalen Akteuren bevölkert. Von rationalen Akteuren wird angenommen, dass sie ihren Nutzen maximieren. Bei erneuerbaren Energien ist die Frage, wie man seinen Nutzen maximiert, schon im EEG geregelt, und zwar durch die Vergütungsstruktur. Wer in Solarenergie investiert, erhält mehr als vier Mal so viel Vergütung pro kWh produzierter Energie wie derjenige, der z. B. in Windenergie investiert. Wen außer Politikern wundert es da, dass die Investitionen zu 80% in Solarenergie geflossen sind? Nun könnte man sagen, dass diese Entwicklung nicht vorherzusehen war, weil z. B. das Verhältnis der Investitionskosten in eine Solaranlage im Vergleich zum Stromertrag ungünstiger ist als dies bei Windenergie der Fall ist. Aber auch diese vielleicht vorhandene „Schieflage“ müssen Investoren bei ihrer Investitionsentscheidung nicht berücksichtigen. Auch dafür sorgt das EEG. Durch Abnahme- und Preisgarantie macht es die entsprechenden Investoren zu geschätzten Schuldnern von Banken. Folglich finanzieren Investoren zu günstigen Kredit-Konditionen das für sie auf kurze Frist rentabelste Projekt: Solarstrom.

Aber Solarstrom ist die teuerste Variante der Stromerzeugung und mit einem Anteil von 4% (2011) eher eine Randerscheinung unter den Varianten erneuerbarer Energieerzeugung. Die Investition in Solarstrom ist somit eine Fehlallokation von Mitteln, die wiederum von jemandem bezahlt werden muss. Und es trifft, wie zumeist, die Endverbraucher, denn die Kosten für den teuren Solarstrom werden von den Energieunternehmen, die den Strom ja auf Geheiß des EEG abnehmen müssen, an die Endkunden umgelegt, und zwar wiederum auf Geheiß des EEG. Dazu wird das im EEG erfundene Konstrukt der Differenzkosten bemüht. Umgelegt werden „nur“ Differenzkosten. Die Differenzkosten errechnen sich aus dem Garantiepreis für Solarenergie, also z. B. 28,74 ct/kWh, abzüglich des Marktpreises, zu dem Strom z. B. an der EPEXSpot Börse in Paris gehandelt wird. Heute, am 22. Juni, kostet dort eine kWh deutschen Stroms rund 5 ct/kWh. Der Differenzpreis, der auf die Endverbraucher abgewälzt wird, beläuft sich somit auf 24,74 ct/kWh. Allein der Differenzpreis beträgt bereits das Fünffache des Marktpreises.

Die dargestellte „Fehlentwicklung“ ist in ihrer Gesamtheit auf den Eingriff deutscher Politiker in den Strommarkt zurückzuführen und darauf, dass sich scheinbar niemand im Deutschen Bundestag vorstellen konnte, dass ein Akteur, der vor die Wahl gestellt wird, sich zwischen einer sicheren Auszahlung von 10.000 Euro und einer sicheren Auszahlung von 10 Euro zu entscheiden, sich in jedem Fall für die 10.000 Euro entscheiden wird. Gerade Politiker und Bundestagsabgeordnete hätte das eigentlich klar sein müssen!

Dieser Beitrag erschien auch auf http://sciencefiles.org.

Autor:

Michael Klein

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