Spielraum ist vorhanden
Auf und nieder, immer wieder. So könnte man die Debatte der politischen Akteure über die Höhe der Krankenkassenbeiträge zusammenfassen. Im Ergebnis wurden die Beiträge vor neun Tagen aber erst einmal auf den historischen Höchststand von 15,5 Prozent angehoben. Jetzt diskutiert die Große Koalition wieder über eine Senkung – finanziert über Steuern oder höhere Schulden. Nicht berücksichtigt wird bisher, dass im bestehenden System erhebliche Effizienzreserven schlummern. Das Einsparvolumen liegt zwischen 5,6 und 9,8 Milliarden Euro; Potential für eine Beitragssatzsenkung von bis zu einem Prozentpunkt. Effizienzreserven sind Folge des mangelnden Wettbewerbs im Verhältnis der Kassen zu den Leistungserbringern. Das zeigt sich in überhöhten Preisen und zu hohen Fallzahlen bei Leistungen der Krankenhäuser und Arztpraxen, Überkapazitäten bei Krankenhäusern und überzogenen Handelsmargen bei Arzneimitteln. Ein Vergleich zeigt: Es gibt Bundesländer, die erbringen die selben Leistungen erheblich günstiger als andere. So wird von den Kassen die Behandlung einer Blinddarm-Entzündung in Rheinland-Pfalz um 10 Prozent höher erstattet als in Schleswig-Holstein. Andererseits gibt es Bundesländer, in denen die Bürger auffällig häufig ein Krankenhaus aufsuchen – beispielsweise im Saarland um 13 Prozent häufiger als im Bundesdurchschnitt. Das gesetzlich vorgeschriebene gemeinsame und einheitliche Handeln der Kassen verhindert einen Preiswettwerb. Mit mehr Preiswettbewerb und einem besseren Vertragsmanagement könnten die Kassen in den Bereichen Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken die ermittelten Effizienzreserven einsparen und so den Spielraum für eine nachhaltige Senkung der Beiträge schaffen.
Zur Grafik: In Schleswig-Holstein wird die Behandlung einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus mit 2.330 Euro vergütet – das günstigste Bundesland im Ländervergleich. Ein Krankenhaus in Rheinland-Pfalz kann für die selbe Leistung hingehen 2.569 Euro abrechnen. Nach den Berechnungen der Studienautoren müssten sich die teuren Länder mindestens am Bundesdurchschnitt orientieren.
Autor:
Prof. Dr. Stefan Felder ist Professor für Volkswirschaftslehre, insb. Gesundheitsökonomik an der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen.