Schuldenschnitt ist unausweichlich

Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos treibt ein Thema die Gemüter um: Wie können wir die Schuldenkrise in Europa lösen? Eine Ausweitung des Rettungsschirms führt am wahren Problem vorbei und führt uns nur noch weiter in Richtung einer Transferunion, die vor allem Deutschland erheblich schaden würde. Denn die Befürworter eines größeren Rettungsschirms tun so, als wäre das Ganze eine Liquiditätskrise. Heißt: Wir gehen davon aus, als könnten vorübergehende Kredite die Probleme der europäischen Schuldenstaaten lösen. Doch so einfach ist es nicht. Denn das eigentliche Problem ist, dass die Schuldenberge so hoch sind, dass sie realistisch betrachtet nie mehr zurückbezahlt werden können. Ein Schuldenschnitt ist deshalb unausweichlich.

Die entscheidende Frage ist dann: Zahlen die anderen Länder, oder werden auch private Gläubiger beteiligt? Verzichtet man darauf, private Gläubiger mit ins Boot zu holen, fragen sich die Steuerzahler der Geberländer zu Recht, warum sie für die Zeche aufkommen sollen.

In einer Marktwirtschaft gilt, dass Investoren einerseits Gewinne ihrer Investitionen beanspruchen können, sie andererseits aber auch Verluste tragen sollten. Das spricht dafür, auch private Gläubiger an den Kosten zu beteiligen. Doch auch das ist schwierig, denn dann muss man aufpassen, nicht wieder ein Lehmann-Szenario auszulösen. Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, dass bei einem Schuldenschnitt zumindest bei der Abwicklung der betroffenen Banken in der Eurozone die Steuerzahler herangezogen werden. Die Gefahr ist allerdings groß, dass die Politik diesen Schritt scheut, man erst einmal abwartet und mit dem Rettungsschirm die Schulden in Griechenland und Irland weiter ansteigen lässt. Das wäre die denkbar schlechteste Lösung.

Autor:

Prof. Dr. Clemens Fuest ist Präsident des Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium der Finanzen.

Datum:
Themen:

Das könnte Sie auch interessieren