Schützt den Freihandel vor den Populisten
Bei der Europawahl haben Nationalisten große Erfolge gefeiert. Mit ihren Forderungen nach wirtschaftlicher Abschottung bedrohen sie den Wohlstand der EU. Gegen die Bewegung muss ein starker Kommissionspräsident antreten.
Rechtspopulisten und Linke sind sich manchmal sehr ähnlich. Wenn Marine Le Pen gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) wettert, klingt das genauso wie in einer Ortsgruppe der Globalisierungskritiker von Attac.
Zwei unterschiedliche politische Richtungen haben dieselbe falsche Idee: Sie glauben, dass man die Wirtschaft durch Abschottung stärkt. Wohlstand schafft man aber durch Produktivität und Innovation – und die entstehen durch Wettbewerb. Um Konkurrenz zu fördern, müssen Handelshürden abgerissen und nicht aufgebaut werden.
Beispiel TTIP: Das Abkommen mit den USA könnte die Produktivität in einigen Sektoren um 3,5 Prozent erhöhen. Das Pro-Kopf-Einkommen in der EU würde dann um bis zu fünf Prozent steigen.
Außerdem verschafft ein freier Handel Europa Zugang zu neuen Absatzmärkten. Mit mehreren Schwellenländern verhandelt die EU deshalb über sogenannte Economic Partnership Agreements (EPAs). Die Abkommen würden die schnell wachsenden Exportmärkte für die von Jugendarbeitslosigkeit geplagten Staaten am Rande Europas öffnen.
Europa steht beim Thema Freihandel vor wichtigen Entscheidungen und bräuchte starkes Führungspersonal, das sich für das Thema begeistert. Doch die EU-Kommission scheint durch das Geschacher um Jean-Claude Juncker geschwächt. Zudem bestimmen die populistischen Globalisierungskritiker nach ihren Wahlerfolgen zunehmend die Agenda. Die europäischen Entscheidungsträger dürfen vor ihnen nicht einknicken. Sie müssen mit guten Argumenten überzeugen und die Märkte der EU weiter öffnen.
Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung zuerst auf WiWo.de erschienen.
Autor:
Prof. Dr. Andreas Freytag ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist zudem als Honoraprofessor an der Universität Stellenbosch und am Institute for international Trade der Universität Adelaide tätig. Neben den Fragen zur deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik interessieren ihn außenwirtschaftliche und entwicklungspolitische Themen.