Plädoyer für einen effizienten Bürgerstaat
Ohne eine grundlegende Revision der staatlichen Auf- und Ausgaben werden die Vorgaben der Schuldenbremse für Bund und Länder nicht zu erfüllen sein. Der durch die Reformen der Sozial-, Wirtschafts- und Bildungspolitik in den sechziger und siebziger Jahren expandierte Staatsapparat muss nun für ein schrumpfendes, wachstumsschwächeres Land zurechtgestutzt werden. Dies wird auf massiven Widerstand stoßen. Die politischen und öffentlichen Reaktionen auf die Hartz-Reformen haben deutlich gemacht, wie schwer es im demokratischen Gruppenstaat fällt, einmal beschlossene Leistungen zu kürzen.
Und dennoch: Bei dem nach 1970 begonnene Ausbau des Wohlfahrtstaates galt die Maxime: je mehr Leistungen, desto besser. Fragen nach Effektivität und Effizienz wurden vernachlässigt. Nachdem in den frühen sechziger Jahren der Bildungsnotstand ausgerufen worden war, setzte eine Bildungsexpansion ein. Dann beschlossen die Kulturminister nicht mehr an internationalen Vergleichsstudien teilzunehmen. Das Resultat dieser Verweigerung zeigte vor gut zehn Jahren die erste PISA-Studie: Im internationalen Vergleich war Deutschlands Bildungssystem nur Mittelmaß.
Auch in der Konjunkturpolitik glaubte man Effektivität und Effizienz vernachlässigen zu können. Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz führte nicht zu einem konsequenten antizyklischen Handel, es war vielmehr die Ermächtigung für eine permanente Neuverschuldungspolitik. Zusätzlich entfaltet die Finanzreform von 1969 mit ihrem Umbau der föderalen Finanzbeziehungen zum Kooperationssystem fatale Anreizwirkungen. Weder für die Nehmer noch für die Geber unter den Bundesländern ist es seither attraktive durch eine gesteigerte Wirtschaftsdynamik für mehr Steuereinnahmen zu sorgen.
Die insofern notwendige Revision der Staatstätigkeit wird aber nur gelingen, wenn die Regierung die Bürger befähigt, ein höheres Maß an Mitverantwortung für gemeinsame Angelegenheiten zu übernehmen. So bedarf es beispielsweise in der Sozialpolitik kein Zurück mehr hinter die Verknüpfung von Förderung und Fordern. Vielmehr müssen die Anreize der Grundsicherung zur Arbeitsaufnahme weiterentwickelt werden. Von überwölbender Bedeutung ist jedoch die Schuldenbremse als Garant für eine Zukunft ohne permanente Neuverschuldung.
Dem Beitrag liegt ein Namensartikel im Handelsblatt vom 01/02.04.2011 zugrunde.