Moratorium für Erneuerbare zum Netzausbau nutzen
An der Börse gibt es Strom zu Schleuderpreisen. Trotzdem bezahlen private Haushalte inzwischen 25 Cent und mehr für die Kilowattstunde Strom. Und für die meisten Verbraucher wird Strom fortwährend teurer, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht ausgesetzt und schließlich durch ein effizienteres Fördersystem ersetzt wird.
Die Stromkosten für Haushalte und Wirtschaft steigen unaufhörlich, obwohl Strom an der Strombörse zurzeit außergewöhnlich günstig ist. Ein Hauptgrund dafür ist die Förderung der Erneuerbaren Energien durch das Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), das für ein wachsendes Angebot an Ökostrom sorgt – häufig auch zu Zeiten, in denen die Nachfrage gering ist. Die Folge sind niedrige oder gar negative Strompreise an der Börse. Dann muss der überflüssige Strom sogar gegen Gebühr ins Ausland entsorgt werden.
Bedauerlicherweise entlasten sinkende Börsenstrompreise die meisten Stromverbraucher jedoch nicht. Im Gegenteil: Sinkende Börsenpreise führen sogar zu steigenden Stromrechnungen bei privaten Haushalten und jenen Unternehmen, die nicht von der sogenannten EEG-Umlage befreit sind.
Der Grund: Je niedriger der Preis ist, zu dem Strom an der Börse angeboten und verkauft werden kann, umso mehr müssen die Verbraucher für die Förderung von Ökostrom bezahlen. Durch die EEG-Umlage wird nämlich genau die Differenz zwischen staatlich garantiertem Abnahmepreis und tatsächlich erzielten Verkaufserlös für Ökostrom ausgeglichen. Sinkt der Strompreis an der Börse, wird diese Differenz größer und die Umlage steigt. Das ist paradox und alles andere als effizient, aber solange das EEG in der jetzigen Form beibehalten wird, wird sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern.
Das käme die Verbraucher aus weiteren Gründen teuer zu stehen: Durch die staatlich garantierte Abnahme wird grüner Strom produziert, egal, ob er gebraucht wird oder nicht. Und ohne dass die Voraussetzungen für eine zuverlässige Versorgung mit dem schwankend anfallenden Ökostrom gewährleistet sind. Dazu müssen aber die Netzkapazitäten massiv ausgebaut werden – auch über Grenzen hinweg. Zudem gibt es zu wenige Speichermöglichkeiten und auch ein Lastmanagement ist in Deutschland kaum entwickelt. All dies sorgt dafür, dass wir regelmäßig Strom ans Ausland verscherbeln müssen, damit bei uns die Netze nicht zusammenbrechen. Das freut nicht jeden unserer europäischen Nachbarn, denn dadurch kann auch deren Netzstabilität gefährdet werden.
Weil mit jedem Tag die Kosten weiter steigen, ist es höchste Zeit für ein Moratorium, mit dem das EEG so lange ausgesetzt wird, bis es durch ein neues, besseres Fördersystem abgelöst werden kann. Wichtige Kriterien für ein neues System sind neben der Kosteneffizienz zum einen, dass der avisierte Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch punktgenau erreicht werden sollte, um die Verbraucher nicht über Gebühr zu belasten, und zum anderen, dass das Angebot sich nach der Nachfrage richtet. Gleichzeitig sollte der weitere Ausbau der Erneuerbaren mit dem Ausbau der Stromnetze harmonisiert werden.
Kernbestandteil eines solchen Systems sollte das Quotenmodell sein, das Energieversorgern einen bestimmten Anteil an Erneuerbaren an ihrem Strom-Mix vorschreibt. Da Ökostromproduzenten sich bei einem solchen Fördersystem an den Marktpreisen orientieren müssten, würde nur noch in die effizientesten Technologien investiert. Und zwar nur so lange, bis die Zielquote für Erneuerbare erreicht ist. Den Verbrauchern blieben im Vergleich zum EEG langfristig Kosten im mehrstelligen Milliardenbereich erspart.
Autor:
Prof. Dr. Manuel Frondel ist außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.