Maklerkosten: Warum das Bestellerprinzip rechtlich verankert werden muss

Mit einer Gesetzesinitiative für das Bestellerprinzip bei den Maklerkosten des Immobilienerwerbs will die grüne Bundestagsfraktion Marktwirtschaft und Wettbewerb mehr Geltung verschaffen. Da ist ein zweiter Blick geboten. Nicht überall, wo Wettbewerb drauf steht, ist auch Wettbewerb drin. Gerade Grüne und Linke haben da in der jüngeren Vergangenheit einigen Etikettenschwindel betrieben.

Zunächst einmal erfordert die Idee der Vertragsfreiheit in der Marktwirtschaft fraglos, dass es zwischen Angebot und Nachfrage einen Punkt der Verbindlichkeit gibt. Die Leitlinien der Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg bringen es altbewährt auf den Punkt: „Der Ehrbare Kaufmann steht zu seinem Wort, sein Handschlag gilt.“ Das heißt, wenn jemand ein Angebot ausdrücklich annimmt, dann steht er in der Pflicht, die Ware abzunehmen und die vereinbarte Gegenleistung zu erbringen. Wer den Vertrag geschlossen hat, ist dafür verantwortlich. Wer bestellt, bezahlt. Wenn man eine Lokalrunde ausgibt, braucht man danach nicht anzufangen, mit dem Wirt zu diskutieren, dass man all die Schnäpse ja nicht selbst getrunken hat.

Wenn ein Immobilieneigentümer einem Makler den Auftrag gibt, einen Käufer für seine Immobilie zu finden, dann haben die beiden sich einen Handschlag gegeben. Unerheblich, ob der Eigentümer gewerblich oder nicht handelt – bei der Höhe der Werte von Immobilien kann man in der Regel kaufmännisches Handeln erwarten; für den Makler gilt das ohnehin. Der Handschlag besiegelt Leistung (Vermittlung) und Gegenleistung (Courtage). Wie beides im Detail aussieht, darüber wird man freilich vorher eifrig verhandeln und feilschen. Und dementsprechend wird der Auftraggeber die Zahlung auch von der ordentlichen Leistungserbringung abhängig machen.

Für den ordentlichen Kaufmann ist ein Vertrag eine Frage der Ehre. Eine Frage des Vertrauens. Und eben dieses Vertrauen ist das Fundament einer freiheitlichen Marktwirtschaft. Dieses Vertrauen bedeutet: Der Auftragnehmer fühlt sich verpflichtet, die Leistungen vereinbarungsgemäß zu erbringen, nicht zuletzt weil er ein anderes Mal als Auftraggeber selbst ordentliche Vertragserfüllung erwartet. Der Auftraggeber hingegen fühlt sich verpflichtet, die Leistung vereinbarungsgemäß zu entlohnen, nicht zuletzt weil er ein anderes Mal als Auftragnehmer selbst ordentliches Entgelt erwartet.

Ohne dieses Vertrauen auf eine Moral des Handelns kann Marktwirtschaft nicht funktionieren. Diese Moral verlangt Eigenverantwortung und Haftung beider Vertragsparteien, die nicht abgewälzt werden können, weil man sonst nicht mehr weiß, an wem man das nötige Vertrauen festmachen soll. Wegen dieser Moral des Handelns kommt Marktwirtschaft mit wenigen Regeln aus und wirkt selbstregulierend.

Wie ist nun der Istzustand im Immobiliengeschäft insbesondere bei Wohnimmobilien? Der Eigentümer beauftragt den Makler mit der Verkaufsanbahnung seiner Immobilie. Der Makler bietet Interessenten das Objekt zum Kaufpreis zuzüglich Courtage an. Wenn es zum Abschluss zwischen Verkäufer und Käufer kommt, stellt der Makler die Courtage dem Käufer in Rechnung. Auch wenn sich der Käufer im Kaufvertrag üblicherweise zu dieser Kostenübernahme verpflichtet, ist das natürlich Unsinn. Der Käufer hat dem Makler keinen Handschlag gegeben. Die beiden sind ursprünglich gegenseitig keine Verpflichtung eingegangen.

Das ist dann fast so, wie wenn ich zum Essen eingeladen bin und dann auf Kosten des Gastgebers eine Lokalrunde bestelle, und der Wirt entscheidet, was er bringt.

Wenn man zu einer solchen ungewöhnlichen Abwälzung von „wer bestellt, bezahlt“ greift, liegt die Vermutung nahe, dass da jemand versucht, Markt und Wettbewerb für die eigenen Interessen zurechtzubiegen. Bei der gegebenen Marktsituation ist das gut vorstellbar. Zwischen Verkäufer und Makler hat der Verkäufer tendenziell die stärkere Position. Er besitzt das Handelsgut, könnte es gegebenenfalls auch ohne Makler verkaufen, und an Maklern herrscht keine Knappheit. Der Verkäufer würde daher normalerweise versuchen, seine Marktposition derart auszunutzen, dass er die Maklerleistung möglichst günstig bekommt. Denn für den Käufer ist Kaufpreis und Maklergebühr einerlei. Den Käufer interessiert nur der gesamte Kaufpreis, egal aus was sich das für wen zusammensetzt. Umso niedriger die Maklergebühr also, umso mehr kann der Verkäufer einnehmen.

Zwischen Verkäufer und Käufer hat derzeit ebenfalls der Verkäufer die stärkere Marktposition, weil Immobilien knapp sind. Wenn der Makler jetzt den Verkäufer dazu bringt, dass er ihn unter seinen Mantel schlüpfen lässt, dann erbt der Makler die Marktmacht des Verkäufers und setzt die mit der Courtageforderung gegenüber dem Käufer ein. Der hat dann keine Chance mehr, zu verhandeln und zu feilschen, weil der Handschlag ja schon lange stattgefunden hat.

Der Immobilienmaklerbranche ist genau das gelungen: das Unter-den-Mantel-schlüpfen-Prinzip als Standard einzuführen. Für die Verkäufer ist das durchaus bequem, er muss nur noch den Prozess anstoßen und am Ende unterschreiben. Ansonsten kann er sich aus der Verantwortung ziehen. Der Verkäufer macht sich das Leben einfach, zu Lasten des Käufers. Der Makler macht sich die Abrechnung einfach, ebenfalls zu Lasten des Käufers.

Wenn man Gleiches mit Makler oder Verkäufer treiben würde, wären sie empört. Und deswegen sollten sie es auch lassen. Das Bestellerprinzip ist für den ehrbaren Kaufmann selbstverständlich. Denn der ehrbare Kaufmann reflektiert die Folgen seines Handelns für sein Umfeld. Deswegen ist ihm bewusst, dass eine freie Marktwirtschaft von eigenverantwortlichen Akteuren bestimmt wird, die selbständig eine klare Moral des Handelns hochhalten.

Wer Freiheit will, sollte sie nicht unmoralisch ausnutzen, sonst muss er damit leben, dass die Freiheit beschränkt wird. Denn wenn die Moral nicht genügt, wird sie durch Regeln ersetzt.

Die Forderung der Grünen, das Bestellerprinzip beim Kauf von Immobilien verpflichtend zu machen, ist daher in der gegebenen Situation ordnungspolitisch und marktwirtschaftlich vollkommen gerechtfertigt, absolut angemessen und fair. Eine kluge Regel, die nicht mehr fordert, als es sowieso ehrbares kaufmännisches Verhalten wäre.

Hätten es die Grünen nur damit bewenden lassen. Leider mussten sie der wohlbegründeten Forderung nach einer rechtlichen Durchsetzung des Bestellerprinzips noch einen ordnungspolitischen Sündenfall beifügen: die grundsätzliche Deckelung der Maklercourtage auf zwei Prozent des Kaufpreises.

Das widerspricht nun nachgerade ihrer ersten Forderung, die darauf baut, dass Wettbewerb und Vertragsfreiheit für den allgemeinen Wohlstand zweckdienlich sind. Warum in die Preisfindung eingreifen, wenn man die Wettbewerbsordnung fair gesichert hat?

Und eine solche Begrenzung der Maklergebühren wird Wohnimmobilien keinen Cent günstiger machen – es verdient dann nur gegebenenfalls der Verkäufer mehr. Im Gegenteil: Die Makler werden wegen der prozentualen Deckelung ein noch größeres Interesse haben, die Immobilienpreise möglichst hoch zu treiben.

So hilft der Antrag letztendlich weder der Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft noch der Schaffung mehr bezahlbaren Wohnraums. Schade.

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Autor:

Gerd Maas ist Unternehmer im oberbayerischen Landkreis Rosenheim, Publizist, Leiter Wirtschaftsethik-Kommission der Familienunternehmer e.V. und bloggt regelmäßig unter Maashaltig.

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