Lohnstückkosten: In Deutschland stabil
Deutschland sei zu stark auf die Lohnbremse getreten und sorgt so mit für die Ungleichgewichte in Europa. Doch die genauere Betrachtung zeigt: Die Lohnstückkosten in Deutschland sind nach wie vor vergleichsweise hoch. Darunter leidet die Wettbewerbsfähigkeit – denn Andere sind günstiger.
„Die Zahl allein sagt nichts über die Qualität aus“, ist eine der Weisheiten Muhammad Alis. Der schwer kranke Champion wurde vor kurzem 70 Jahre alt. Ali bezog seinen Satz auf das Alter, dessen Qualität sich seiner Meinung nach nicht über Zahlen messen lässt. Ein Spitzenranking von „AAA“ hingegen sagt schon etwas über die Qualität eines Unternehmens oder Staates aus – vor allem, wenn es nur wenige bekommen.
Deutschland verteidigt seine Spitzenbewertung auch, weil wir eine hoch wettbewerbsfähige Industrie haben, die durch Qualität, aber auch mit moderaten Preisen punktet. Durch relativ stabile Arbeitskosten wurde die Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren verbessert: Der aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) zufolge sind die Lohnstückkosten in Deutschland seit 1999 bis heute konstant geblieben, während sie in den übrigen Eurostaaten um zwölf Prozent gestiegen sind. Manche Länder werfen Deutschland sogar schon vor, man habe zu stark die Lohnbremse getreten und sorge so für die europäischen Ungleichgewichte.
Davon kann aber keine Rede sein. Denn im internationalen Vergleich weist das Lohnstückkostenniveau des verarbeitenden Gewerbes immer noch den fünfthöchsten Wert auf. Länder mit denen die deutsche Industrie am stärksten konkurriert, haben laut IW die Lohnstückkosten sogar reduziert: in Amerika um elf und in Japan um 32 Prozent. Das ist ein Problem. Die sinkenden Lohnstückkosten beispielsweise in den USA machen im Zusammenwirken mit dem schwachen Dollar US-Ausfuhren sehr attraktiv und wettbewerbsfähig. Die Boston Consulting Group prognostiziert, dass der Süden der USA bis 2015 die mit am billigsten Produktionskosten in der westlichen Welt anbieten kann. Es gilt, sich nicht irritieren zu lassen. Deutschland ist nicht „lohnmagersüchtig“. Die ökonomische Faustregel Lohnsteigerungen nach dem Produktivitätswachstum auszurichten, besitzt noch immer Gültigkeit.
Dies ist ein Beitrag aus der Reihe “WachstumsBlog”. In einem bis zwei Beiträgen pro Woche beschäftigen sich Wirtschaftsexperten im ÖkonomenBlog mit Themen rund um nachhaltiges Wachstum.
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Autor:
Dominique Döttling ist geschäftsführende Gesellschafterin der Döttling & Partner Beratungsgesellschaft mbH, Uhingen und Mainz und Botschafterin der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.