Krugmans Münzenzauber

Paul Robin Krugman ist Ökonom, lehrt in Princeton Volkswirtschaftslehre und hat 2008 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Sein jüngster Vorstoß zur Prägung einer 1 Billionen Dollar Platin-Münze durch die US-Regierung wird in Amerika heiß diskutiert.

Für mich zeigt Krugmann damit vor allem, welche Scharlatanerie hinter seiner Neo-Keynesianischen Ideologie steckt. Statt die Ursachen der desaströsen US-Budgetpolitik in den Fokus seiner Lösungsvorschläge zu stellen – explosionsartiger Anstieg der Staatsschulden wegen hoher Rüstungs- und Sozialausgaben, gleichzeitig eine marode Infrastruktur und ein miserables Bildungssystem -, bietet er allen Ernstes Münzenzauber.

Krugman will eine gesetzliche Ermächtigung zur Prägung von Platin-Gedenkmünzen durch die US-Regierung (üblicherweise zu Nominalwerten im niedrigen Dollar-Bereich) nutzen, um den republikanisch dominierten Kongress politisch auszubremsen. Denn spätestens Ende Februar sind die USA zahlungsunfähig, weil dann die derzeitige absolute Verschuldungsobergrenze von 16,4 Billionen Dollar überschritten wird. Deshalb sind die Republikaner in der Lage, den US-Präsidenten und seine Demokraten als politischen Preis für die schlichte Anhebung des Schuldendeckels zu Sparmaßnahmen zu nötigen.

Mit seinem Münzenkniff will der Nobelpreisträger den Ausgabenspielraum der US-Regierung aber gerade um 1000 Milliarden Dollar erhöhen und damit den Zwang zur Konsolidierung unterlaufen. Nach seiner Lesart würde die Regierung nämlich neue Staatsanleihen in dieser Höhe begeben können, sobald sie die 1 Billionen-Dollar-Münze bei der US-Notenbank eingezahlt hat. Über Sparmaßnahmen will Krugmann erst garnicht diskutieren; diese würden die Konjunktur abwürgen. Er plädiert – wie immer – für expansive Fiskalpolitik. Doch seine eierlegende Wollmilchsau, sprich –Münze, erinnert mich eher an jene Hyperinflationszeiten, als in der Weimarer Republik Banknoten mit Milliarden- und Billionenbeträgen gedruckt wurden.

Wie ernst Krugman seinen Vorschlag auch immer gemeint haben mag: die Metabotschaft, die dahinter steckt, ist gefährlich. Die staatliche Ausgabendynamik darf nicht gebremst werden. Sparen ist des Übels. Konsumiert auf Teufel komm raus – und sei es auf Pump!

Doch kreditfinanzierter Wohlstand ist auf Sand gebaut. Auch die USA werden massiv sparen müssen, wenn sie ihre Bürgerinnen und Bürger nicht mittelfristig durch hohe Inflation enteignen wollen, ob es Krugman und seinen Jüngern nun passt oder nicht.

Politiker (und ihre Wählerinnen und Wähler) tun sich in vielen alten Industrieländern schwer, die Staatsausgaben zu reduzieren. Meist werden Buchungstricks angewandt, um echtes Sparen zu vermeiden. Krugmans Idee aus Absurdistan ist Wasser auf die Mühlen aller, die gern das Wort vom Kaputtsparen im Mund führen. Nicht nur Eurosünder-Länder sind findig, wenn es um kreative Buchführung geht. Spanien etwa erhöhte in den vergangenen zwei Monaten kurzfristig seine Liquidität, indem sich die Regierung bei den Rücklagen des staatlichen Pensionsfonds in fast zweistelliger Milliardenhöhe bediente. Auch die irische Regierung hat vor Jahren auf dem Weg zur ‚Konsolidierung’ diesen bequemen Weg eingeschlagen. Doch Rücklagenverzehr bedeutet immer, für die Zukunft noch riesigere Finanzierungsdefizite in Kauf zu nehmen. Dass die Pensionszusagen der beamteten Staatsdiener in Deutschland nicht durch Rücklagen gedeckt sind, passt zur Leichtfertigkeit, mit der die Politik generell Leistungszusagen für Millionen Menschen ohne solide Finanzierung verspricht.

Die ganze Dramatik des kreditfinanzierten Wohlstands in Europa belegt ein Zitat der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, das sie selbst beim Abwehren neuer Ansprüche im politischen Alltag stärker bedenken sollte: „Wir schaffen mit sieben bis acht Prozent der Weltbevölkerung noch etwa rund 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Welt. Wir haben aber auch rund 50 Prozent der Sozialausgaben der Welt: Sieben bis acht Prozent der Menschen haben 50 Prozent der Sozialausgaben.“ Wir zahlen soziale Leistungen inzwischen dauerhaft mit Krediten – eine der Hauptursachen für die immense Verschuldung in weiten Teilen Europas. Pervers!

Autor:

Oswald Metzger ist Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Von 1994 bis 2002 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. Er ist Geschäftsführer des Konvent für Deutschland.

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