Kein Ausweg aus der Niedrigzinsfalle für die Sparkassen

Durch die niedrigen Zinssätze muss der Bund immer weniger für seine Schulden bezahlen.Angesichts Nullzinspolitik fordern die Sparkassen staatliche Sparanreize. Der Staat soll seine Vorteile durch die niedrigen Zinsen an die Sparer weitergeben. Doch damit lässt sich höchstens ein Teil der Probleme lösen. Das Grundproblem bleibt bestehen.

Während sich Finanzminister Wolfgang Schäuble trotz hoher Verschuldung über sinkende Zinsausgaben freut und fast zum Nulltarif neue Schulden aufnehmen kann, leiden die privaten Sparer in Deutschland. Tagesgeldkonten und Sparbücher erzielen keine Rendite mehr, sodass weniger gespart wird. Die Sparkassen, die ebenso leiden, fordern nun zum Lastenausgleich staatliche Sparanreize.

Damit will man den ungerechten Nebeneffekten der europäischen Geldpolitik entgegentreten. Denn die Geldpolitik der EZB trifft nicht alle Sparer gleich, sondern insbesondere die deutsche Mittelschicht, die oft Kunde bei den Sparkassen ist. Dies geschieht über zwei Kanäle:

Erstens wird insbesondere die Verzinsung risikoarmer Anlageformen (Bankeinlagen) durch die Nullzinspolitik gegen Null gedrückt (finanzielle Repression). Dies trifft insbesondere die risikoaverse deutsche Mittelschicht, die in der Vergangenheit aufgrund niedriger Inflationsraten auf das Sparbuch vertraute. Die obersten Einkommensschichten, die große Anteile ihres Vermögens in Form von Aktien- und Immobilien, etc. halten, werden dagegen begünstigt, da die Geldpolitik der EZB diese Vermögenspreise nach oben treibt.

Zweitens wirkt die Geldpolitik der EZB über den Reallohnkanal negativ auf die Einkommen der Mittelschicht. Das billige Geld der Zentralbanken begünstigt Spekulationsphasen auf den Finanzmärkten, in deren Verlauf kleine privilegierte Bevölkerungsschichten hohe Spekulationsgewinne privatisieren (z.B. in Form von Boni). Platzt die Blase, dann kommt es zu geldpolitischen Rettungsaktionen und die Banken müssen rekapitalisiert werden. Dies hat negative Folgen für das Lohneinkommen breiter Bevölkerungsschichten (Lohnrepression).

Denn die Staatsverschuldung steigt an, was den öffentlichen Sektor zur Zurückhaltung in den Lohnverhandlungen zwingt. Die Lohnpolitik im öffentlichen Sektor hat Signalfunktion für den privaten Sektor, wo in der Krise die Löhne ebenfalls gedrückt werden. Das Lohnniveau der Mittel- und Unterschicht wurde deshalb in den letzten Jahrzehnten allenfalls konstant gehalten. Insbesondere die jungen Bevölkerungsschichten wurden in weniger abgesicherte und schlechter bezahlte (prekäre) Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Die Folge ist eine sinkende Ersparnisbildung, weil am Ende des Monats weniger auf dem Konto verbleibt.

Der Vorschlag der Sparkassen versucht den ersten Kanal zu kitten. Ein Teil der derzeitigen Zinsersparnis für den Staat, den die sehr expansive Geldpolitik schafft, würde dem Sparer zurückgegeben. Er vernachlässigt aber den zweiten Kanal. Denn je mehr die realen Lohneinkommen der Mittelschicht stagnieren oder fallen, desto geringer ist deren Ersparnisbildung. Spätestens mit der nächsten patzenden Immobilien- und Aktienmarktblase (die die EZB gerade treibt) dürfte sich dieser Trend noch weiter beschleunigen.

Der Vorschlag der Sparkassen setzt deshalb nicht bei Ursachen an, sondern an den Symptomen. Es droht eine klassische Interventionsspirale wie sie der Ökonom Ludwig von Mises schon 1929 beschrieben hat! Die negativen Nebeneffekte der sehr expansiven Geldpolitik sollen durch neue Interventionen beseitigt werden. Die eigentliche Ursache des Problems bleibt hingegen unberührt. Die beste Therapie für die Sparkassen wären höhere Leitzinsen der EZB. Das Risiko spekulativer Blasen auf den Finanzmärkten würde reduziert, reale Löhne könnten wieder stärker steigen, Haushaltssparen sowie die Kreditvergabe an den privaten Sektor würden wieder attraktiv. Nur dann wird das Geschäftsmodell der Sparkassen auf lange Frist bestehen bleiben.

Autor:

Prof. Dr. Gunther Schnabl ist Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig.

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