Inflation frisst Rendite

Der demographische Wandel stellt vor allem unsere sozialen Sicherungssysteme vor große Herausforderungen. Mehr Kapitaldeckung, weniger Umlage – das war das Credo der Rentenreform. Das wird nun zum Problem. Die niedrigen Zinsen sorgen für niedrige Renditen bei den Lebensversicherern. Den Rest besorgt die Inflation.

Wie organisieren Gesellschaften in Zeiten der säkularen Alterung ihrer Bevölkerung, die Folge des demographischen Wandels ist, ihre Alterssicherungs- und Gesundheitssysteme? Und das in Zeiten, in denen die Renditen an den Finanzmärkten schmelzen wie Butter in der Sonne und der Aufbau eines Kapitalstockes enormen Inflationsrisiken unterliegt. Diese Frage gehört zu den schwierigsten Aufgabestellungen in der Politik.

Viele Jahre haben Banken und Versicherungen, Fondsgesellschaften und Pensionsfonds uns Bürger mit drastischen Worten vor den „Versorgungslücken“ gewarnt, die unseren gewohnten Lebensstandard im Alter bedrohen, weil das gesetzliche Rentenniveau immer weiter absinkt. Viele Billionen Spargelder wurden in den vergangenen Jahrzehnten den Finanzmarktakteuren anvertraut. Bei den großen institutionellen Anlegern ballte sich eine Kapitalmacht, die zu immer riskanteren Geschäftsmodellen führte. Schließlich mussten die Renditeversprechen ja immer höher und höher werden, um die Klienten bei Laune zu halten und die Konkurrenz auszustechen. Doch in welchem Ausmaß kapitalgedeckte Rentensysteme unter massiven Kurs- und Renditeverlusten leiden, das hat für Millionen von Amerikanern und Engländern die Finanzmarktkrise der vergangenen Jahre drastisch gezeigt. Einbußen von 30% und mehr pro Jahr sind keine Seltenheit.

Dass eine ausschließlich kapitalgedeckte Rente sehr krisenanfällig sein kann, zeigen die jüngsten Turbulenzen auf den Märkten. In Deutschland hat man sich richtigerweise entschlossen, die Altersvorsorge auf mehrere Beine zu stellen. Die gesetzliche Rente kann durch private Vorsorge wie Riester oder einer betrieblichen Vorsorge flankiert und ergänzt werden. So werden Risiken auf drei Säulen verteilt.

Auf Dauer können an den Finanzmärkten dieser Welt keine signifikant höheren Renditen erwirtschaftet werden wie in der Realwirtschaft. Wer seinen Kunden über Jahre zweistellige Renditen verspricht, während sie in der Realwirtschaft bei durchschnittlich dreieinhalb Prozent liegen, der predigt den Diebstahl im Kapitalismus. Gerade die Finanzmarktakteure, die viele Jahre von diesem System profitiert haben, haben das Vertrauen von Millionen Sparern mutwillig zerstört. Denn heute fürchten zu Recht viele, dass künftig die Inflation die schönen Renditeträume auffrisst, der Sparer also der Dumme sein wird.

Dabei steht objektiv fest, dass Lebensstandardsicherung im Alter ohne private Vorsorge überhaupt nicht möglich ist. Deshalb ist eine Politik notwendig, die überzeugend für solide Staatsfinanzen streitet. Denn nur dort, wo Staat wie Bürger nachhaltig wirtschaften, kann auf Dauer Vertrauen in die Geldwertstabilität wachsen. Und nur dort, wo dieses Vertrauen besteht, wird auch für das Alter und die Pflege im Alter angespart.

 

Autor:

Oswald Metzger ist Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Von 1994 bis 2002 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. Er ist Geschäftsführer des Konvent für Deutschland.

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