Griechenland ist als Euro-Land nicht zu retten
Das zweite Rettungspaket für Griechenland ist geschnürt. Für eine kurze Dauer ist die Refinanzierung des Landes damit sichergestellt. Doch das hilft den Hellenen nur für den Moment. Denn die strukturellen Probleme bleiben ungelöst. Langfristig hilft Griechenland nur ein weitaus drastischerer Schritt.
Im medialen Schatten der Bundespräsidentendebatte sind in den vergangenen Tagen und Wochen aberwitzige Rettungsprogramme für ein Land konstruiert worden, dem nicht zu helfen ist, wenn es im Euro-Raum bleibt. Erst wenn Griechenland aus dem Euro austritt und zur eigenen Währung– verbunden mit einer massiven Abwertung – zurückkehrt, wird das Land die Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen.
Denn das Kernproblem Griechenlands, aber auch Portugals, Spaniens und Italiens liegt darin, dass dort die Preise im ersten Jahrzehnt der Euroeinführung explodiert sind. Die Löhne stiegen kreditfinanziert, hohe Leistungsbilanzdefizite entstanden. Das Geld für den Importüberhang lieh man sich im Ausland. Die Eurorendite in Gestalt rapide fallender Finanzierungskosten wurde nicht in die Konsolidierung der Staatsbudgets gesteckt, sondern als Einladung zu exzessiver, weil vermeintlich billigerer Verschuldung verstanden. Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt, im Öffentlichen Dienst und bei der sozialen Sicherung unterblieben komplett. Wollte Griechenland wettbewerbsfähig werden im Euroraum, müssten sich die Einkommen der Bevölkerung etwa halbieren. Ohne eigene Währung und die Möglichkeit zur Abwertung – unmöglich! Da versinkt jede Gesellschaft in Anarchie und Bürgerkrieg.
Die dreistellige Milliardensumme des zweiten Griechenland-Rettungspakets wäre deshalb besser angelegt, wenn sie den Griechen den Weg aus dem Euro ebnen würde. Denn natürlich müssten die insolventen griechischen Banken gestützt werden, wenn es zu einem Bank-Run käme.
Was der Deutsche Bundestag am kommenden Montag mit seiner Zustimmung zum zweiten Griechenland-Rettungspaket bewirkt, wird aber gerade nicht zur Rettung beitragen, sondern sich eher als Konkursverschleppung entpuppen. Wie können wir einem Land, in dem die Politik zum reinen Selbstbedienungsladen verkommen ist und die öffentliche Verwaltung weitgehend inkompetent und ineffizient wirkt, ernsthaft zutrauen, dass es innerhalb von Jahren wieder kapitalmarktfähig wird?
Es ist schon paradox: Während wir Deutschen in den Jahren nach der Euro-Einführung unsere eigene Anpassungskrise mit Massenarbeitslosigkeit, sinkenden Reallöhnen und Renten zu bewältigen hatten, einschneidende Arbeitsmarktreformen auf den Weg bringen mussten, frönten die Krisenländer einem kreditfinanzierten Konsum-Hype. Und für die Versäumnisse der Krisenländer soll Deutschland jetzt den Kopf hinhalten?
Ich bin überzeugt, dass die Gläubiger an der Wall Street die Mär von der Ansteckungsgefahr eines griechischen Euro-Austritts instrumentalisieren. Die jetzige Rettung wird Deutschland einholen und Begehrlichkeiten in allen anderen südeuropäischen Ländern wecken. Wer Griechenland auf diese Weise dauerhaft subventioniert, wird auch den anderen Krisenländern dauerhaft beistehen müssen. Doch an dieser Last wird sich die deutsche Volkswirtschaft kräftig verschlucken.
Autor:
Oswald Metzger ist Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Von 1994 bis 2002 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. Er ist Geschäftsführer des Konvent für Deutschland.