Good & Bad Banks sauber trennen
Der Ausweg aus der Finanzkrise führt nur über eine Bereinigung der Bank-Bilanzen: Was passiert mit den toxischen Assets? Kommenden Mittwoch will die Bundesregierung den Steinbrück II-Plan beraten. Eine Alternative dazu bietet das Modell des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin): Saubere Trennung in Good und Bad Banks und Rekapitalisierung der Privatbanken durch vorübergehende (Teil-) Verstaatlichung.
Von Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann und Dr. Dorothea Schäfer
Es muss mindestens fünf vor zwölf sein, wenn der Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, die Beseitigung der toxischen Papiere aus den Bankbilanzen zur Priorität vor den weltweiten Konjunkturpaketen macht und Bundeskanzlerin Merkel Bad Banks zur Chefsache erklärt. Aber noch immer wird die Thematik nicht mit der nötigen Konsequenz angegangen.
Eine Bad Bank ist vor allem aus zwei Gründen notwendig: Zum einen wegen der Unsicherheit der Marktteilnehmer über die Ausfallrisiken der toxischen Papiere und daraus resultierend, über die Werthaltigkeit der Bankbilanzen. Zum anderen wegen dem quartalsweise wiederkehrenden Wertberichtigungsbedarf durch die toxischen Papiere und die dadurch anhaltende Bedrohung des Eigenkapitals der Bank. Es ist schwer vorstellbar, dass sich der Markt für die toxischen Papiere wiederbelebt. Zudem sind wahrscheinlich die Ausfallrisiken bei diesen Papieren hoch.
Das DIW Berlin hat kürzlich ein Modell vorgelegt (Wochenbericht Nr. 13/2009 des DIW Berlin), mit dem eine saubere Trennung in Good und Bad Banks gelingen kann. Kernpunkte sind eine Wertberichtigung der Problemaktiva auf den gegenwärtigen Marktwert. Für die unverkäuflichen, toxischen Papiere beträgt dieser null. Der Wertberichtigungsbetrag reduziert das bilanzielle Eigenkapital. Damit tragen die Altaktionäre den Verlust aus den Fehlinvestitionen. Der Staat übernimmt die Papiere zum Marktwert – toxische Papiere zum Wert von null – und sorgt auf eigene Kosten für die weitere Verwertung. Gleichzeitig rekapitalisiert er die Good Banks mittels Anteilserwerb. Das kann auch die vollständige Übernahme bedeuten. Die Beteiligungsrisiken sind jedoch nach Auslagerung der Problemaktiva für den Steuerzahler tragbar. Defizite der Bad Bank(s) gehen zu Lasten des Staates, Überschüsse werden an die Altaktionäre ausgeschüttet. Nach Ende der Krise werden die Anteile an den Good Banks schnellstmöglich reprivatisiert. Alle systemrelevanten Banken müssen teilnehmen. Das Modell ist sowohl mit mehreren dezentralen Bad Banks als auch mit einer zentralen Bad Bank kompatibel.
Zwei Seiten einer Medaille: Auslagerung und Verstaatlichung
Unter den Bedingungen des DIW Modells sind Bad Banks und (Teil-)Verstaatlichung keine Alternativen, sondern zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Bad Bank ermöglicht die Auslagerung fauler Wertpapiere aus der Bankbilanz in eine eigenständige Verwertungseinheit. Die Banken können so weitere Abschreibungen verhindern und unbelasteter wirtschaften. Der Staat konzentriert seine Mittel weitgehend auf die Kapitalisierung der Good Banks, anstatt sie für den Aufkauf von Aktiva zu verschwenden, deren Werthaltigkeit höchst zweifelhaft ist. Durch die Staatsbeteiligung erhalten die Banken frisches Kapital und der Staat direkten Einfluss. Die Gemeinschaft der Steuerzahler muss so zwar in Vorleistung gehen, aber hält auch die „Trümpfe in der Hand“. Sie bekommt zum einen werthaltige Beteiligungen an den Good Banks. Zum anderen kann sie am Ende der Laufzeit der toxischen Papiere eventuelle Überschüsse der Bad Bank an die Altaktionäre ausschütten, anstatt sich gegebene Gelder mühsam wieder zurückholen zu müssen.
Diese Vorgehensweise macht den Banken, ihren Aktionären und Managern klar, dass sie für den angerichteten Schaden zuallererst selbst aufzukommen haben. Das entspricht ordnungspolitischen Grundsätzen, wirkt disziplinierend und baut in der Zukunft einem übergroßen Risikoappetit vor. Letzteres ist dringend notwendig. Rückhalt für Rettungsaktionen in diesen Größenordnungen dürfen Politiker zwar erwarten, wenn es sich um einmalige Jahrhundertereignisse handelt, nicht aber wenn sich das jetzige Szenario alle 10 Jahre wiederholt.
Steinbrück-Plan enthält Risiken
Die Bundesregierung favorisiert nun jedoch ein Modell, das sehr viel anders konzipiert ist als das DIW Modell. Bei der so genannten Zweckgesellschaftslösung geht der Staat in Vorleistung, bekommt aber keinen einzigen Trumpf in die Hand. Eine Bank lagert ihr Schrottpapier an eine Zweckgesellschaft aus und übernimmt dafür eine staatlich garantierte Schuldverschreibung in Höhe des Buchwertes. Über die Laufzeit des Schrottpapiers muss die Bank eine Rückstellung bilden, die die Differenz zwischen Buchwert und Marktwert ausgleichen soll. Wenn also eine Bank ein toxisches Papier mit einem Buchwert von 100 Euro in der Bilanz stehen hat, dann gibt sie es zu diesem Wert an die Zweckgesellschaft ab und erhält im Gegenzug eine staatlich garantierte Schuldverschreibung über ebenfalls 100 Euro. Diese Schuldverschreibung wird durch eine staatliche Garantie abgesichert. Bei einem tatsächlichen Marktwert des Schrottpapiers von 30 Euro muss die Bank somit eine Rückstellung im Wert von 70 Euro über die Laufzeit des Papiers bilden. Am Ende zahlt die Bank die Rückstellung an den Staat aus, um damit den Unterschied auszugleichen, zwischen den 100 Euro, die die Bank erhalten hat und den 30 Euro, die der Staat von der Bank bekommen hat. Der Steuerzahler würde so in der Tat nicht belastet.
Soweit die Theorie, in der Praxis aber beinhaltet der Plan der Regierung einige Risiken: Rückstellungen, die dem Staat zustehen sind Fremdkapital. Das heißt der Staat ist Fremdkapitalgeber der Bank, aber kein Eigenkapitalgeber. Die logische Schlussfolgerung ist daher, dass mit dem Steinbrück’schen Modell das Eigenkapitalproblem der Banken nicht gelöst werden kann.
Der Steuerzahler geht mit der Ausgabe der Staatspapiere und den Garantien in Höhe des Buchwertes in Vorleistung. Am Ende muss sich die Steuerzahlergemeinschaft das eingesetzte Geld zurückholen. Was aber passiert, wenn die Banken zum Rückzahlungszeitpunkt argumentieren, dass die hohen Zahlungen an das Staatssäckel ihre Kreditvergabefähigkeit gegenüber dem Mittelstand massiv einschränkt?
Es entstehen private Banken mit staatlichen Garantien. In den USA haben die Immobilienfinanzierer Freddie Mac and Fannie Mae gerade lebhaft vor Augen geführt, wie diese Konstellation den Risikoappetit anheizt. Auch ein Großteil der Probleme der Landesbanken wäre ohne staatliche Gewährträgerhaftung möglicherweise nie entstanden.
Das Problem der Festsetzung des Marktwertes der toxischen Papiere ist kaum lösbar. Mit der Höhe der Bewertungsspielräume steigen jedoch auch die Manipulationsmöglichkeiten. Wird der aktuelle Marktpreis zu hoch angesetzt, fällt die Rückstellung zu klein aus. Entsprechend klein wäre dann auch die Zahlung, die die Bank nach Ablauf eines Papiers an den Staat gibt, und entsprechend groß wäre der Verlust für den Steuerzahler.
Das Prinzip der Freiwilligkeit macht den Staat bei der Festsetzung des Marktpreises erpressbar. Die Banken können dann ihre Teilnahme vom Marktpreis der toxischen Papiere abhängig machen. Will der Staat eine breite Säuberung der Bilanzen erreichen, ist eine Überbewertung vorprogrammiert.
Die Geschichte der Einrichtung von Bad Banks hat gezeigt, dass die Kosten für den Steuerzahler vor allem dann gering sind, wenn der Staat im Zuge der Einrichtung einer oder mehrerer Bad Banks auch Anteile an den Good Banks erhält. Unser Ansatz erlaubt eine transparente Befreiung von den Problemaktiva und eröffnet den Banken so einen aussichtsreichen Neustart, wie er in der gegenwärtigen Wirtschaftslage dringend geboten ist. Der Plan der Regierung ist demgegenüber mit weitaus mehr Unwägbarkeiten verbunden, vor allem für den Steuerzahler.
Alternative Modelle und Diskurs auf dem ÖkonomenBlog:
Das „Zero-Bonds-Modell“ von Prof. Dr. Ulrich van Suntum, eine bilanzrechtliche Sichtweise von Prof. Dr. Jörg Baetge, sowie Kommentare zum Steinbrück-Plan von Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels und dem Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler finden Sie hier.
Autor:
Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann ist Direktor des Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH (IZA).