GKV: "Wenn Flut ist, erkennt man nicht, wer nackt schwimmt"
Noch sprudeln die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung – der wachsenden Wirtschaft und den guten Arbeitsmarktzahlen sei Dank. Doch die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung werden das Einnahmenplus voraussichtlich schon im Jahr 2014 in ein Minus verwandeln. Doch das müsste nicht so sein.
„Wenn Flut ist, erkennt man nicht, wer nackt schwimmt“. Dieses Zitat wird dem Finanzinvestor Warren Buffet zugeschrieben. Er beschrieb damit die Situation von Banken, die trotz fehlenden Geschäftsmodells vor der Finanzkrise noch üppige Gewinne verbuchen konnten. Erst die Krise legte offen, welche Institute überlebensfähig sind und welche nicht.
In einer ganz ähnlichen Situation wie viele Banken vor der Krise befindet sich die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Im vergangenen Jahr konnte die GKV einschließlich des Gesundheitsfonds noch einen Überschuss von über 9 Milliarden Euro verbuchen. In diesem Jahr wird aufgrund der guten Lage am Arbeitsmarkt voraussichtlich nochmals ein Überschuss erwirtschaftet. Die Überschüsse täuschen jedoch darüber hinweg, dass der Reformdruck in der GKV hoch ist. Bereits im nächsten Jahr wird sich die Kassenlage voraussichtlich verschlechtern; man muss mit einem – wenn auch noch geringen – Defizit rechnen.
Zwar steigen die Beiträge bei anhaltend guter Lage am Arbeitsmarkt weiter an, doch
beschleunigt sich der Anstieg der Gesundheitsausgaben. Die Aufwendungen für das Krankengeld nehmen weiter mit hohem Tempo zu. Hinzu kommt, dass viele Kassen Prämien ausschütten werden. Schließlich wurden die Vergütungen sowohl für die Leistungen der Krankenhäuser als auch für die der Ärzte aufgestockt. Und der Bund hat seinen Zuschuss für die Jahre 2013 und 2014 um 2,5 bzw. 3,5 Milliarden Euro gesenkt, um seinem eigenen Schuldenziel näher zu kommen. Mit der Abschaffung der Praxisgebühr wurden zudem die Fehlanreize in der GKV verstärkt.
Die GKV benötigt dringend größere Reformen. So wäre es richtig gewesen, die Praxisgebühr zu einem echten Selbstbehalt umzuwandeln. Eine jährliche Eigenbeteiligung mit Obergrenze hätte das Ziel effektiver erreicht, dass nur ärztliche Behandlungen beansprucht werden, die tatsächlich benötigt werden. Denn nach wie vor sind die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen überdurchschnittlich hoch.
Angesichts der Demografie können wir uns das nicht mehr leisten. Das ganze System muss effizienter werden. Dazu müssen sich über kurz oder lang auch die Krankenkassen echtem Wettbewerb stellen.
Ausführliche Informationen zu den Berechnungen finden Sie im Policy Brief “Sozialversicherung bald wieder im Minus?” des IfW-Kiel.