Für die Abschaffung des Soli ist genug Geld da

Einnahmen durch den Solidaritätszuschlag.Die Einnahmen der öffentlichen Haushalte sind so hoch wie nie. Dennoch will der Bundesfinanzminister die Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit höheren Steuern kompensieren. Das sollten die Bürger nicht hinnehmen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble denkt darüber nach, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Das wäre eigentlich eine gute Idee. Doch Herr Schäuble will auf die Einnahmen offenbar nicht verzichten: Um den Wegfall des Soli auszugleichen, will er im Gegenzug die Einkommensteuer erhöhen. Die Bevölkerung sollte sich dagegen wehren.

Über zwei Jahrzehnte nach der Einführung der Zusatzabgabe für den Aufbau Ost wäre es an der Zeit, die Bürger zu entlasten: Durch die sogenannte kalte Progression steigen die Steuern ohnehin Jahr für Jahr. Das Ende des Soli könnte einen Ausgleich schaffen. Für die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West hilft er ohnehin kaum. Dafür sind nicht öffentliche Gelder, sondern private Investitionen nötig. Eine Steuersenkung würde die Rahmenbedingung verbessern. Weil Bund und Länder derzeit darüber verhandeln, wie ihre Finanzbeziehungen nach 2019 aussehen sollen, bietet sich die Chance für eine grundlegende Neuausrichtung.

Spielraum gibt es genug. Die öffentlichen Haushalte verfügen über so hohe Einnahmen wie noch nie. Große Teile davon werden jedoch verschwendet. Das zeigt sich nicht nur an Großprojekten wie dem Flughafen Berlin-Brandenburg oder der Elbphilharmonie. Jedes Jahr zahlt der Staat auch Subventionen in Höhe von mehr als 160 Milliarden Euro – in der Regel, um unproduktive Arbeitsplätze in nicht mehr wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweigen zu sichern. Schon eine Kürzung von zehn Prozent würde ausreichen, um die Abschaffung des Soli zu kompensieren: Dieser brachte 2013 gerade einmal 14,5 Milliarden Euro ein.

Es ist leicht, die Wähler mit Geschenken zu locken. Angesichts der sich verdüsternden langfristigen Aussichten in der Eurozone sorgen sich viele Menschen aber davor, ob sich Deutschland die hohen Staatsausgaben noch leisten kann. Politiker, die jetzt das Problem beherzt angehen, müssen sich deshalb nicht davor fürchten, abgestraft zu werden – ganz im Gegenteil.

Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung zuerst in der Wirtschaftswoche erschienen.

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Prof. Dr. Andreas Freytag ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist zudem als Honoraprofessor an der Universität Stellenbosch und am Institute for international Trade der Universität Adelaide tätig. Neben den Fragen zur deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik interessieren ihn außenwirtschaftliche und entwicklungspolitische Themen.

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