Fünf Fliegen mit einer Klappe: Konsenslösung für die Zukunft des Solidaritätszuschlags

Seit Jahren wird über die Zukunft des Solidaritätszuschlags gestritten. Während einige für die Abschaffung plädieren, wollen andere auf die zusätzlichen Mittel nicht verzichten. Der Autor plädiert für eine Konsenslösung.

Das niedersächsische Finanzgericht hat Ende August erneut das Bundesverfassungsgericht angerufen, um zu klären, ob der Solidaritätszuschlag nicht gegen das Gleichheitsgebot aus Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Die FDP möchte den Abbau des Zuschlags zum Kapitel des nächsten Koalitionsvertrages machen. Die Bundesländer möchten den „Soli“ für die dauerhafte Finanzierung der West/Ost-Infrastruktur behalten. Die Bundeskanzlerin und der Bundesverkehrsminister wollen ihn für Infrastrukturinvestitionen des Bundes. Der Bundesfinanzminister hat ihn dauerhaft in seine Finanzplanung eingebaut.

Da zerren viele Füchse am gleichen Karnickel. Tatsache ist: Der Solidaritätszuschlag ist abbaubar. 1992 ist er schon einmal ganz entfallen, nach dem der deutsche Beitrag zum 1. Golfkrieg finanziert war. Und im Jahr 1997 hat sich der damalige Finanzminister Theo Waigel – gegen den Rat seiner eigenen Haushaltsbeamten – mit der FDP auf eine Reduzierung von 7,5 % auf 5,5 % (damals 7 Mrd. DM)  verständigt.

Der Bund könnte also auch alleine, ohne Beteiligung des Bundesrats, über den „Soli“ entscheiden. Aber da – unabhängig vom Wahlausgang am 22.Septermber – wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer ohnehin eine zumindest partielle große Koalition zu erwarten ist, wäre es politisch sinnvoll, beim Soli gleich auf Konsens zu setzen und alle Begehrlichkeiten unter einen Hut bringen. Ein solches Paket wäre auch schon vor 2019, dem Jahr des Auslaufens des Solidarpaktes II, zweckmäßig, weil damit die Gefahr einer Außerkraftsetzung durch das Bundesverfassungsgericht und damit dem Wegfall aller 14 Mrd. € Steuereinnahmen des Bundes beseitigt würde.

Konkret könnte ein Umwandlungspaket für den Soli wie folgt aussehen:

  • 1 ½ %-Punkte oder knapp 4 Mrd. € gingen auf zwanzig Jahre (unter neuem Namen) in die Verkehrsinfrastrukturmittel des Bundes. Am besten sie flössen in einen Verkehrsfinanzierungsfond. Gleichzeitig müsste der Haushaltsgesetzgeber sich verpflichten, die übrigen Infrastrukturinvestitionen nicht entsprechend zu verringern. Für den Infrastrukturhaushalt des Bundes wäre das ein Zuwachs von über 30 %.
  • 2 Prozentpunkte oder 5 Mrd. € würden in den Einkommensteuertarif so eingearbeitet, dass der Spitzensteuersatz über 42% hinausgeht, aber unter den 44,31% verharrt, die heute einschließlich „Soli“ bei hohen Einkommensbestandteilen abgeschöpft werden.
  • 2 Prozentpunkte oder 5 Mrd. Euro würde für eine Nettoentlastung der Steuerzahler genutzt, zum Beispiel um die kalte Progression im Bereich der unteren und mittleren Einkommen zu begrenzen.

Von einer solchen Lösung würden

  • die Bundesländer und ihre Gemeinden mit knapp 3 Mrd. € jährlich profitieren. Sie sind nämlich im Unterschied zum „Soli“ mit 42,5 bzw. 50 % an der Einkommen- und Körperschaftsteuer beteiligt, in deren Tarife die Sonderabgabe teilweise eingearbeitet würde.
  • Der Bund erreicht eine reduzierte, aber rechtlich gesicherte Einnahmequelle,
  • die Verkehrsinfrastruktur in Ost und West würde verbessert,
  • eine PKW-Maut würde entbehrlich
  • und die Steuer- und Abgabenzahler könnten (etwas) aufatmen.
Autor:

Dr. Walther Otremba ist Vorsitzender des Bundesverbands Briefdienste. Von 2006 bis 2011 war er Staatssekretär in den Bundesministerien für Wirtschaft, der Finanzen und der Verteidigung.

Datum:
Themen:

Das könnte Sie auch interessieren