Finanztransaktionssteuer auf Irrwegen
Seit Wochen wird das Thema Finanztransaktionssteuer immer wieder aufgewärmt. Dabei ist sie offensichtlich nicht die Lösung für die derzeitigen Probleme. In allen diskutierten Varianten zeigt die Finanztransaktionssteuer große Schwachpunkte.
Die Finanztransaktionssteuer hat zwei Hauptziele: Ein fiskalisches, also die Erzielung eines Steuerertrags, der in Folge der Finanzkrise von allen Staaten gut gebraucht werden kann, und ein nichtfiskalisches, die Eindämmung von Spekulation und Hochfrequenzhandel. Beiden Phänomenen wird eine Mitverantwortung für die Finanzkrise gegeben. Schon hier wird ein Zielkonflikt deutlich: Eine hohe Finanztransaktionssteuer dämmt möglicherweise Hochfrequenzhandel und Spekulation wirksam ein und erreicht so das nichtfiskalische Ziel. Das fiskalische Ziel kann aber auf diesem Weg nicht erreicht werden, da die Zahl der besteuerten Transaktionen stark sinken würde und entsprechend weniger Geld in die Kassen fließt. Eine niedrige Besteuerung hingegen kann durchaus einen hohen Steuerertrag bedeuten, hätte gleichzeitig aber wahrscheinlich keinen nennenswerten Effekt auf den Umfang der Spekulationen und Hochfrequenzgeschäfte.
Die konkrete Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer entscheidet also darüber, welche Ziele erreicht werden. Fest steht aber: Ein nationaler Alleingang ist keine Lösung, die Akteure würden an andere Märkte ausweichen und sich so der Steuer entziehen. Sowohl das fiskalische als auch das nichtfiskalische Ziel wären so nicht zu erreichen.
Wird auf die Umsätze von Unternehmen an den Finanzmärkten eine Brutto-Umsatzsteuer erhoben, ist eines sicher zu erwarten: Die Steuer wird auf die Kunden übergewälzt. Dies verschlechtert die Investitionsbedingungen und wirkt sich negativ auf Wachstum und Beschäftigung aus. Auch die private Vermögensbildung, z.B. als Altersvorsorge, würde darunter leiden.
Auch die britische Börsensteuer, die gerne als Kompromissvorschlag eingebracht wird, stellt keine ernstzunehmende Alternative dar: Sie besteuert den stark kritisierten Hochfrequenzhandel nicht und zieht Wettbewerbsverzerrungen nach sich. Die fiskalische Zielsetzung ließe sich durch die vom IWF empfohlene Finanzaktivitätssteuer erreichen. Das nichtfiskalische Ziel, die Eindämmung von Spekulation und Hochfrequenzhandel, könnte jedoch nur über regulatorische Maßnahmen (zum Beispiel eine Reform der Finanzmarktordnung) erreicht werden.
Es zeigt sich: Das Konzept der Finanztransaktionssteuer hat viele Schwächen und ist aufgrund der Zielkonflikte in sich nicht schlüssig. Die Finanztransaktionssteuer ist ein Irrweg, der nicht weiter verfolgt werden sollte.
Autor:
Prof. Dr. Rolf Peffekoven ist ehemaliger Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Zwischen 1991 und 2001 war er Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.