ESM konterkariert die Stabilität
Die zahlreichen Maßnahmen der Euroretter haben bisher allenfalls bedenkliche Nebenwirkungen gezeigt. Haftung und Eigenverantwortung werden durch EFSF und ESM aufgeweicht. Die Prinzipien von Maastricht werden systematisch untergraben. Und genau darin liegt das Problem der Krisenbekämpfung.
Ob Fiskalpakt, EFSF, „die dicke Berta“ oder ESM – die Euro-Rettungspolitik ist kurzatmig und erfolglos und verschleppt die Krise. Die Grundprinzipien des Maastrichter Vertrags, die den Euro nach Vorbild der D-Mark stabil halten sollten, werden ins Gegenteil verkehrt: Aus der No-Bail-Out Klausel wird durch den ESM eine faktisch unbegrenzte Haftung, falls das Verfassungsgericht den permanenten Rettungsschirm nicht für verfassungswidrig erklärt. Das Verbot einer Staatsfinanzierung durch die EZB wird unterlaufen, die Geldwertstabilität wird durch die extreme Ausweitung der Geldmenge gefährdet. Das gleicht der Politik, mit der Italien, Griechenland, Spanien und Co. in vor-Euro-Zeiten jahrzehntelang agiert hat und ist genau das Gegenteil dessen, was man den deutschen Steuerzahlern bei der Euro-Einführung versprochen hat. So ist der Euro nicht zu retten.
Die konsequenten Regelverletzungen haben das Vertrauen in die Euro-Länder stark beschädigt. Nur wenn das Vertrauen wieder hergestellt werden kann, kann die Schuldenkrise überwunden werden. Der Fiskalpakt war ein Versuch, das Vertrauen zurückzugewinnen. Doch er ist gescheitert: Denn im Ernstfall ist er genauso weich wie die Maastrichter Verträge. Die Sanktionen sind nicht weitreichend genug, als dass sie glaubwürdig sind. Wieso droht man einem Land nicht mit dem Rauswurf aus der Euro-Zone, wenn es sich nicht an die vereinbarten Spielregeln hält? Das ist die einzige Sanktion, die wirklich hilft.
EFSF und vor allem der ESM sind keine Hilfe und konterkarieren sogar die Stabilitätsregeln. Die Rettungstöpfe belohnen Länder, die unsolide gewirtschaftet haben. Der EFSF darf nicht in einem permanenten Rettungstopf in unbegrenzter Höhe münden. Ein in Schwierigkeiten geratenes Land muss seine Wettbewerbsfähigkeit selbst wieder herstellen, auch wenn dies einen vorübergehenden Austritt aus der Euro-Zone bedeutet. Im Falle eines Zahlungsausfalls großer Länder und drohender Verwerfungen auf den Finanzmärkten ist es sinnvoller, zielführender und billiger, Finanzinstitute zu retten. Um die Kosten für die Steuerzahler möglichst gering zu halten könnten die Kosten durch zukünftige Gewinne abgetragen werden. Geld- und Fiskalpolitik müssen wieder strikt getrennt werden. Zurück zu mehr Haftung und Eigenverantwortung durch Regelbindung – nur so kann der Euro gerettet werden.
Autor:
Prof. Dr. Ulrich van Suntum ist geschäftsführender Direktor des Centrums für angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Münster (CAVM) und stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (Alfa).