Erfolgreich konsolidieren und (nebenbei) reformieren

Diese Staaten haben ihren Staatshaushalte nachhaltig konsolidiert.

Neben Griechenland, Spanien und Deutschland haben fast alle OECD-Staaten hohe Staatsschulden aufgebaut. Laut Stabilitäts- und Wachstumspakt darf die Schuldenquote nicht über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Deutschland nähert sich gerade der 80-Prozent-Marke an. Wie ist es möglich, einen so immens defizitären Staatshaushalt zu konsolidieren?

Seit dem Zweiten Weltkrieg mussten bereits viele OECD-Staaten ihre Staatshaushalte neu sortieren und aufgebaute Schulden abbauen. Die Ergebnisse sind durchaus unterschiedlich. Einige Länder waren erfolgreich, andere scheiterten auf ganzer Linie. Worin unterscheiden sich also die unterschiedlichen Wege? Anders gefragt: Was vereint die erfolgreichen Konsolidierungsstrategien?

Grundsätzlich gibt es zwei Ansatzpunkte: die Einnahmen erhöhen oder die Ausgaben senken. Beide sind nicht ohne Gefahren. Zunächst könnte die Strategie höherer Einnahmen verfolgt werden. Erfolgreiche Beispiele dafür gibt es aber nicht, trotz des enormen politischen Verführungspotentials. Denn erstens würden dadurch strukturelle Haushaltsprobleme weiter bestehen und zementiert; Anreize zur sparsamen Haushaltsführung entstünden keine, und die Probleme tauchten in wenigen Jahren wieder auf. Und zweitens besteht durch die Globalisierung ein spürbarer Wettbewerb zwischen den Steuersystemen. Schließlich sind die Steuersätze wichtige Standortfaktoren und hohe Steuern Bremsklötze für das Wachstum. Steuererhöhungen bewirken unter sonst gleich bleibenden Bedingungen somit eine Abwanderung von Arbeitsplätzen. Im internationalen Vergleich gab es zwar einige Staaten, die im Zusammenhang ihrer erfolgreichen Konsolidierung ihre Abgabenlast moderat anhoben. Keinesfalls lag darin jedoch der Schwerpunkt ihrer Strategie. Andere Länder haben es sogar geschafft, während der Konsolidierungsphase die Steuer- und Abgabenlast zu senken – zum Teil sogar deutlich.

Das führt uns zur Ausgabensenkung. Kritiker der „Kürzungsstrategie“ warnen, die Konjunktur dürfe nicht kaputt gespart werden. Gerade in der Krise müsse der Staat die Erwartungen durch fiskalische Impulse stabilisieren. Hierbei wird jedoch nicht gesehen, dass es bei einer nachhaltigen Konsolidierung nicht nur kurzfristige, sondern auch dynamische und mittel- bis langfristige Effekte gibt. Im Zeitraum 1980 bis 2005 waren es viele Länder  die sich kraftvoll aus der Verschuldungskrise gespart haben – und zwar langfristig erfolgreich. Fünf Staaten gelang es in der Konsolidierungsperiode die Ausgabenquote (Staatsausgaben in Prozent des BIP) sogar um mehr als 10 Prozent zu senken. (siehe Grafik). Die Kürzungen erfolgten vor allem bei der allgemeinen Verwaltung, im Wirtschaftsbereich (hier vor allem bei den Subventionen, weniger bei den Investitionen) und der Verteidigung. Der Sozialbereich wurde nur mäßig angepackt. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in Deutschland wird es heute allerdings wohl nicht mehr möglich sein, ohne Kürzungen und Umstrukturierungen (Stichwort Bürgergeld) in den Sozialbudgets eine nachhaltige Konsolidierung zu erreichen. Das heißt, die Kürzungen sollten – und das ist die große Chance – mit Reformen einhergehen, die zu veränderten Anreizen und Dynamiken in der Wirtschaft führen. Diese Chance zu verpassen, wäre eine Unterlassungssünde an der jungen Generation!

Zusammengefasst: Es gibt zahlreiche Staaten, die erfolgreich und nachhaltig ihre strukturellen Defizite in den Griff bekommen konnten. Es ist nicht einzusehen, warum Deutschland nicht auch zu einer nachhaltigen Finanzpolitik in der Lage sein sollte.

Autor:

Prof. Dr. Andreas Freytag ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist zudem als Honoraprofessor an der Universität Stellenbosch und am Institute for international Trade der Universität Adelaide tätig. Neben den Fragen zur deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik interessieren ihn außenwirtschaftliche und entwicklungspolitische Themen.

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