Energiewende: Steigende Kosten, weniger Naturschutz
Nach der Nuklearkatastrophe in Japan fordern Bürger wie Politiker den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft. Doch welche Folgen dies für den Klimaschutz und die Versorgungslage in Deutschland hätte, wird dabei selten thematisiert.
Rechnerisch wurden 52,71 Prozent der Stromnachfrage der Industrie im Jahre 2008 mit Atomstrom gedeckt. Für die gesamte deutsche Stromnachfrage gilt: Sollten die im Rahmen des Moratoriums abgeschalteten Kraftwerke stillgelegt bleiben, müssen kurzfristig rund fünf Prozent des benötigten Stroms anderweitig erzeugt oder eingespart werden. Seit dem Beginn des AKW-Moratoriums importiert Deutschland Atomstrom aus Nachbarländern. Will man langfristig darauf verzichten, stehen als Alternativen Kohle, Gas und erneuerbare Energien zur Diskussion. Egal welche dieser Optionen auch gewählt wird, die Stromkosten dürften steigen.
Aber auch die Klimaziele dürften wackeln. Ein Braunkohlekraftwerk kann zwar die Leistung eines Kernkraftwerks nahezu ersetzten, jedoch mit weitaus schlechterer Klimabilanz. Hoffnungsträger sind vor allem erneuerbaren Energien. Doch um etwa die jährliche Strommenge eines Kernkraftwerks durch Wind zu ersetzten, müssten etwa 1.000 modernste Windkrafträder an Land bzw. 500 Stück am Meer errichtet werden. Und um den Strom aus Wind dann zu den Verbrauchern zu transportieren, fehlen derzeit rund 3.600 Kilometer an Transportnetzen. Deren Ausbau sorgt aber schon im Vorfeld für Proteste.
Wir müssen uns also entscheiden: Wollen wir klimaneutrale und atomfreie Energie, müssen wir auch bereit sein, höhere Kosten zu tragen und beim Naturschutz Abstriche zu machen.
Autor:
Dr. Hubertus Bardt ist Geschäftsführer und Leiter des Wissenschaftsbereiches am Institut der deutschen Wirtschaft.