Die Luftfrachtbranche

Deutschlands Gewerkschaften haben in den letzten 20 Jahren fast die Hälfte ihrer Mitglieder verloren.

Ich sitze an meinem Fenster und gucke nach den Flugzeugen, die auf dem Flughafen Frankfurt landen – mein Haus liegt ziemlich genau in der Einflugschneise. Ich würde so gerne mal einen A-380 sehen. Damit war mir bis jetzt kein Glück beschieden. Was häufiger kommt, sind die MD-11 der Lufthansa Cargo. Das sind große, dreistrahlige Maschinen, gebaut von McDonnell Douglas, noch bevor es bei den Flugzeugkonstrukteuren nur Airbus und Boeing gab. Heute kamen davon schon drei, denke ich. Die Lufthansa Cargo hat 18 von denen. Das ist ihre gesamte Flotte. Die größte Frachtairline der Welt, FedEx, hat 664 Flugzeuge.

Und ich muss plötzlich denken: ist das nicht vollkommen ineffizient, dass es x Frachtairlines gibt, die alle in Frankfurt Personal und Material unterhalten? Jede einzelne mit einem Vorstand, der viel Geld kostet? Wäre es nicht viel billiger, wenn die sich ihre Frachthubs alle teilen würden? Die nicht mehr doppelt und dreifach anfliegen müssten? Wenn sie alle zusammen ihre Flugzeuge bestellen würden? Vielleicht könnte das eine Behörde organisieren, die das große Ganze überblickt? Da könnte man Fracht doch viel billiger transportieren – zum Nutzen aller.

Es ist sehr schwer, gegen so eine Idee zu argumentieren. Ihr Nutzen ist offensichtlich. Ihre Kosten sind versteckt. Es mag ja sein, dass an einem bestimmten Punkt ganze Wirtschaftszweige öffentlich zu bündeln Sinn macht. Nur was, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern? Dann ist es sehr schwer, auf diese Änderungen zu reagieren. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die Menschen hinter der öffentlichen Leitung perfekt informiert sind über den Gang der Welt und auf diesen optimal reagieren können, zeigt die Erfahrung: der öffentliche Sektor bewegt sich nur ungern. Doch was auf lange Sicht zählt, ist die Möglichkeit, die volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren schnell neu zu organisieren. Ohne Antrag, dessen Bearbeitung vier Wochen braucht. Um der erste zu sein, der von einem Trend profitiert.

Deswegen ist es gar nicht schlimm, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund seit 1990 die Hälfte seiner Mitglieder verloren hat. Wer so stark für unflexible Regelungen ohne Ausnahme eintritt, erreicht das Gegenteil dessen, was er anstrebt: Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen. Trotzdem bin ich immer wieder erstaunt, dass der DGB behauptet, für „die Menschen“ in diesem Land zu sprechen. Lufthansa Cargo behauptet ja auch nicht, FedEx zu vertreten.

Autor:

Matthias Bosbach

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