Der Emissionshandel braucht verlässliche Rahmenbedingungen
Muss Klimaschutz teuer sein? Die Reform des Emissionshandels ist im europäischen Parlament gescheitert. Doch niedrige Preise sind kein Ausdruck von Marktversagen. Ohnehin scheint das Interesse an hohen Zertifikatpreise eher politisch zu sein.
Das Europaparlament hat entschieden keine CO2-Zertifikate vom Markt zu nehmen. Der Grund für die Debatte war der anhaltend niedrige Börsenpreis für Verschmutzungsrechte. Mit einer Verknappung des Angebots wollte man erreichen, dass der Zertifikatepreis ansteigt. Denn mit dem Preis steigen die Anreize für Investitionen zur CO2 Vermeidung, so die Argumentation.
Doch der niedrige Handelspreis ist kein Ausdruck dafür, dass der Markt für die Verschmutzungsrechte nicht funktionieren würde und rechtfertigt daher auch keinen staatlichen Eingriff. Der Preisverfall hat Gründe: Einerseits sorgt die schwache wirtschaftlichen Entwicklung in Europa dafür, dass weniger produziert und damit weniger CO2 ausgestoßen wird. Auch der starke Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland hat zu einem unerwartet niedrigen Verbrauch an Emissionsrechten geführt. Und schließlich haben die Unternehmen in den vergangenen Jahren bereits einiges in Umweltschutzmaßnahmen investiert – und dies auch außerhalb Europas, wodurch ein zusätzliches Angebot an Emissionsrechten entstanden ist. Der niedrige Preis für CO2 Zertifikate ist also Ausdruck dafür, dass die aktuellen Klimaschutzziele günstiger zu erreichen sind, als vor einigen Jahren gedacht.
Ein staatlicher Eingriff in den Zertifikatemarkt würde vor allem eines erzeugen: Unsicherheit in die Verlässlichkeit der Marktregeln. Unternehmen planen ihre Investitionen langfristig und brauchen deswegen verlässliche Rahmenbedingungen. Stabilisierend würde sich eine klare längerfristige Perspektive über die weiteren Reduktionsziele auswirken.
Ohnehin liegt der Verdacht nahe, dass die Forderung nach einer Verknappung der Zertifikate auch einen fiskalpolitischen Hintergrund hat. Beispielsweise hat der Klimafonds der Bundesrepublik Deutschland, der aus den Einnahmen des Handels gespeist werden sollte, seine Mittel 2012 von 780 Millionen Euro drastisch kürzen müssen. An dieser Stelle liegt das Anreizproblem in diesem eigentlich funktionierenden System: Die für die Zuteilung letztendlich verantwortlichen Staaten haben ein fiskalpolitisches Interesse an hohen Zertifikatepreisen.
Autor:
Dr. Hubertus Bardt ist Geschäftsführer und Leiter des Wissenschaftsbereiches am Institut der deutschen Wirtschaft.