Der Arbeitsmarkt braucht Flexibilität
Nach den Hartz-Reformen hat sich Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland sehr positiv entwickelt. Doch wenngleich die Erwerbstätigkeit deutlich angestiegen ist und mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit Erfolge zu vermelden sind, ist der Arbeitsmarkt bei genauerer Differenzierung nach Arbeitsmarktsegmenten jedoch noch immer mit Problemen konfrontiert.
So gilt es die Beschäftigung von Frauen, älteren Arbeitnehmern und von Geringqualifizierten in den Arbeitsmarkt durch eine Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen zu fördern. Insbesondere für die Geringqualifizierten konterkariert eine zunehmende Regulierung die bisherigen Beschäftigungserfolge und das in einer Zeit der konjunkturellen Abkühlung.
Der Arbeitsmarkt ist angesichts des demografischen Wandels und eines sich noch verstärkenden Mangels an Leistungsträgern bereits heute mit Problemen konfrontiert. Um diese Entwicklung auszugleichen kommt der Förderung des (Wieder)-Einstiegs von Frauen in die Erwerbstätigkeit eine besondere Rolle zu. Zwar haben Frauen durch eine verstärkte Partizipation auf dem Arbeitsmarkt insgesamt bereits erheblich zu einer Steigerung der Erwerbstätigkeit beigetragen, dennoch liegt die Erwerbsquote von Frauen noch immer deutlich unter der von Männern. Befragungen zeigen dabei, dass insbesondere Frauen mit Kindern im Haushalt einen Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit durch die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung anstreben, die häufig im Rahmen von Minijobs stattfindet. Um mehr Frauen für den Arbeitsmarkt zu aktivieren, sind insofern eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine Veränderung der Aufnahme von Beschäftigung durch bessere Arbeitsanreize notwendig.
Der demografische Wandel lenkt die Aufmerksamkeit auf die Gruppe der älteren Erwerbstätigen (55-65 Jahre), deren Anzahl in Zukunft weiter zunehmen wird. Diese Gruppe ist zwar aufgrund des rigiden Kündigungsschutzes besonders vor einem Verlust des Arbeitsplatzes geschützt, wird aber durch diesen gleichzeitig bei der Suche nach einer neuen Stelle benachteiligt, sodass ältere Arbeitslose im Schnitt überdurchschnittlich von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Außerdem liegt das effektive Renteneintrittsalter trotz der Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters in Deutschland noch immer später als in anderen OECD Staaten. Zentrale Stellschrauben für die erforderliche Steigerung der Erwerbsquote der Älteren sind in diesem Zusammenhang die Einführung flexibler Übergänge zwischen Arbeits- und Rentenalter sowie ein Festhalten am gesetzlichen Rentenalter von 67.
Arbeitslosigkeit ist aber vor allem ein Problem der Geringqualifizierten und für die Zukunft die größte Herausforderung. So nehmen die Arbeitsmarktchancen der Geringqualifizierten durch die Globalisierung und Mechanisierung weiter ab. Auf langfristige Sicht ist es daher notwendig, das Qualifikationsniveaus insbesondere bei jüngeren Arbeitnehmern zu erhöhen, indem beispielsweise durch präventive Maßnahmen die Anzahl von Schul- und Ausbildungsabbrüchen vermindert wird. Darüber hinaus müssen flexible Beschäftigungsverhältnissen, besonders in der Zeitarbeitsbranche als Einstiegsmöglichkeit für Geringqualifizierte erhalten und ausgebaut werden. Nach der Deregulierung im Jahr 2003 hat hier ein erhebliches Beschäftigungswachstum stattgefunden und vielfach haben die Beschäftigungsverhältnisse von Geringqualifizierten in dieser Branche als Einstieg und Aufstieg in bessere Positionen gedient. Vor diesem Hintergrund scheinen gerade die Geringqualifizierten Opfer des Mindestlohns sowie der Pläne einer stärkeren Regulierung der Zeitarbeit durch die Bundesregierung zu werden.
Eine ausführliche Analyse liefert die Studie “Chancen für Alle” von Prof. Bräuninger im Auftrag der INSM.
Autor:
Prof. Dr. Michael Bräuninger ist als Professor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und als freier Autor und Berater im Bereich Economic Trend Research tätig.