Das EEG ist eine sozialpolitische Zeitbombe
Die Ökostromförderung belastet Einkommensschwache besonders stark. Die Regierung muss den rasanten Anstieg der Strompreise dringend stoppen. Ansonsten könnten viele Bürger die Energiewende bald ablehnen.
Die Energiewende ist eines der wichtigsten Projekte der Regierung – und eines der teuersten. Falsche Anreize zur Förderung der Erneuerbaren Energien machen die Energiewende wesentlich teurer, als eigentlich notwendig. Darunter leiden vor allem die ärmeren Haushalte. Denn sie müssen einen viel größeren Anteil ihres Einkommens für ihre Stromkosten ausgeben als besser gestellte Haushalte.
Ein armutsgefährdeter Dreipersonenhaushalt, dessen Einkommen bei 60% des Medianäquivalenzeinkommens liegt, musste im vergangenen Jahr fast fünf Prozent seiner Einnahmen für Strom aufbringen. 2009 waren es nur etwas mehr als vier Prozent. Deutlich geringer ist die relative Belastung für gutsituierte Haushalte. Eine dreiköpfige Familie mit einem Nettoeinkommen von etwa 6000 Euro gibt weniger als zwei Prozent ihrer monatlichen Einnahmen für Strom aus. Auch 2009 waren es nur etwa 1,6 Prozent. Preisanstiege fallen also, gemessen am Einkommen, viel weniger ins Gewicht.
Auch Senioren mit niedriger Rente oder Arbeitslose werden stark belastet. Die Stromrechnung eines alleinstehenden Arbeitslosen beträgt mittlerweile knapp 42 Euro, 2006 waren es nur 28 Euro. Besonders unfair: Der Gesetzgeber kalkuliert bei der Berechnung seiner Transferleistung nur mit knapp 33 Euro Strom- und Instandhaltungskosten. In den vergangenen Jahren wurde die Hilfe nicht ausreichend an den Preisanstieg angepasst.
Diese soziale Schieflage wird sich verschlimmern: Aufgrund der überambitionierten Ziele der geplanten Energiewende könnten sich die Strompreise in den kommenden 15 Jahren vervielfachen. Auch die jüngste Novelle des Gesetzes ändert daran wenig. Das EEG wird so mehr und mehr zu einer sozialpolitischen Zeitbombe.
Eine effiziente Alternative zum aktuellen Regelung wäre ein Quotenmodell. Dieses schreibt Stromversorgern vor, wie viel Ökostrom sie vermarkten müssen. Bei realistischen Zielvorgaben wäre das eine marktwirtschaftliche Lösung, die den Preisanstieg stoppen könnte. Die Zeit dafür drängt: Denn wird die Belastung der Privathaushalte nicht begrenzt, könnten viele Bürger das Verständnis für die Energiewende bald verlieren.
Lesen Sie das dazügehörige Diskussionspapier des RWI
Autor:
Prof. Dr. Manuel Frondel ist außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.