Bologna-Reform: Besser als der Ruf

In der Debatte um die Bologna-Reform hagelt es immer wieder Kritik. Oft ist dabei die Rede von Verschulung der Studiengänge und dem Bachelor-Abschluss als ungenügende Qualifikation. Auch der hohe Druck auf die Studierenden und die geringere Flexibilität werden kritisch gesehen. Doch die Vorwürfe entsprechen nicht der Faktenlage, wie eine Sonderauswertung im aktuellen INSM-Bildungsmonitor zeigt.

Mit der Bologna-Reform sollte alles besser werden: kürzere Studienzeiten, harmonisierte Lehrpläne oder einfach im Ausland studieren. Doch bis heute ist die Reform umstritten. Der Leistungsdruck für die Studenten sei zu groß, die Mobilität hätte abgenommen oder die Zahl der Studienplätze sei zu knapp. Doch eine Pauschalverurteilung ist nicht angebracht.

Leistungsdruck hat sich kaum Verändert

Die oft vertretene These, dass die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor/Master eine Erhöhung des Leistungsdrucks zur Folge hatte, lässt sich nicht generell beantworten. Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Studierenden in der Mehrheit einen positiven Eindruck ihres Studiums haben und sich die Studienqualität durchaus signifikant verbessert hat. Bachelor-Studierende sind in ihrem Studium genauso zufrieden wie andere Studierende. 79 Prozent würden sich wieder für ihr Studium entscheiden. Zwar klagen rund die Hälfte der Studierenden über hohe Leistungsanforderungen, doch dies gilt sowohl für Bachelor- und Masterstudierende als auch für jene aus traditionellen Studiengängen. Es gibt Grund zur Annahme, dass der Leistungsdruck kein spezifisches Problem des neuen Systems ist. Wichtiger Kritikpunkt bleibt die klarere Formulierung der Prüfungsanforderungen und eine bessere Kopplung von Lehr- und Prüfungsinhalten.

Mobilität hat nicht nachgelassen

Die Zahl der Studierenden, die mit der Absicht einen Abschluss zu machen ins Ausland gehen, steigt seit 20 Jahren durchgehend. Auch die Möglichkeit, über das ERASMUS-Programm im Ausland zu studieren, wird immer stärker genutzt. Deutschland ist dabei eines der Länder, das die meisten Teilnehmer entsendet. Als Gründe, sich gegen einen Auslandsaufenthalt zu entscheiden, werden meist finanzielle Aspekte und eine Verlängerung der Dauer des Studiums genannt. Weniger ausschlaggebend scheint hingegen das Argument der Reform-Kritiker zu sein, dass die starre Struktur des Studiengangs die Mobilität verringere. Dennoch gibt es durchaus Nachbesserungsbedarf bei Strukturen und Information, um den Studenten den Auslandsaufenthalt zu erleichtern.

Masterplätze sind selten knapp

Umfragen zeigen, dass die Gründe für eine spätere Aufnahme eines Masterstudiums oft nicht die überhöhten Zugangsvoraussetzungen sind. Stattdessen will ein Großteil der Bachelorabsolventen zunächst Berufserfahrung sammeln. Hinzu kommt, dass viele Studenten den Bachelorabschluss als ausreichend für den Berufseinstieg ansehen. Diejenigen die sich für einen Masterstudienplatz entscheiden, bekommen in der Regel ihren bevorzugten Studienplatz. Dennoch muss weiterhin überlegt werden, wie das Angebot an Masterplätzen für die Zukunft aufrechterhalten werden kann, wenn die Übergangsquoten konstant auf hohem Niveau bleiben.

Übertritt in den Arbeitsmarkt verbessert sich

Auch der Einwand, dass der Einstieg in den Arbeitsmarkt den Bachelorabsolventen verwehrt bleibe, lässt sich nicht bestätigen. Befragt man Unternehmen, ist die Mehrheit sowohl mit den fachlichen Kompetenzen als auch der beruflichen Leistungsfähigkeit der Absolventen zufrieden. Auch die geringen Arbeitslosenquoten von Bachelorabsolventen sprechen für diesen Befund. Bezüglich des Einstiegsgehaltes gab in einer Befragung die Hälfte der Unternehmen an, ihren Bachelor- und Masterabsolventen in etwa das gleiche zu zahlen. Dabei entspricht das durchschnittliche Gehalt einem für Hochschulabsolventen üblichem Niveau.

Altlasten müssen überwunden werden

Eines der größten Probleme, das jedoch bereits aus der Zeit vor der Bologna-Reform bekannt ist, ist die hohe Abbruchquote. Zwar zeigt sich kein einheitlicher Trend, doch es muss im allgemeinen Interesse von Politik und Wirtschaft seien, die Quoten dauerhaft zu senken. Der Ausbau und die Verbesserung der Studienberatung können dazu beitragen.

Auch das Studium in Teilzeit neben dem Beruf ist nicht sehr verbreitet, obwohl das Interesse an Fortbildung gegeben ist und Unternehmen bereit sind, die Bachelorabsolventen bei der Fortbildung zu unterstützen. Probleme von Seiten der Hochschulen sind vor allem Anwesenheitspflichten und Seminarzeiten, die eine Vereinbarung von Studium und Beruf erschweren. Hier sind mehr Flexibilisierung und die Ausweitung von Online-Angeboten gefragt.

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Autor:

Prof. Dr. Axel Plünnecke ist stellvertretender Leiter des Wissenschaftsbereichs Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik und Leiter des Kompetenzfelds Humankapital und Innovationen beim Institut der deutschen Wirtschaft.

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