Blasen, Möbel und unser unfaires Geldsystem

Immer mehr und immer billiger pumpen die Notenbanken Geld in die Märkte. Preis- und Investitionsblasen sind die Folge. Die Immobilienpreise steigen, wie in Zeiten vor der Finanzkrise. Und die Staaten können mit dem billigen Zentralbankgeld munter ihre Schulden finanzieren. Doch fest steht: Die Blase platzt – irgendwann.

Viel spreche ich von den Blasen auf den Immobilienmärkten und wie ihr Platzen Löcher in die Bankbilanzen reißt. Auch über die Ursachen dieser Blasen habe ich hier schon geschrieben, die insbesondere in der Geldpolitik liegen. Zu niedrige Zinsen verfälschen die Rendite von Immobilienprojekten und lassen sie für Investoren und Selbstkäufer attraktiver erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Die Folge ist, dass mehr gebaut wird. Dazu braucht man Kapital. Doch Kapital ist knapp. Was für den Bau von Immobilien verwendet wird, wird an anderer Stelle fehlen. Wenn zu viele Immobilien gebaut werden, müssen die Mittel für andere Investitionen logischerweise zu gering sein.

Man könnte nun einwenden, dass uns diese Blasen nicht weiter tangieren müssen, sie blubbern ja im Ausland. Doch erstens finanzieren die Rettungsschirme die Kreditverluste der Banken in den Blasenländern, zweitens führen die Bewegungen des Fluchtkapitals und der zur Heilung missbrauchte EZB-Niedrigzins auch bei uns zu Blasen, drittens haben die Blasen Folgewirkungen. Diese Folgewirkungen sind nicht sofort ersichtlich. Doch man mache sich klar: An jedem Neubau ist natürlich die Baubranche beteiligt, es werden Baumaterial, Maschinen und Handwerker benötigt. Aber ein Neubau will auch möbliert werden. Die Möbelindustrie lebt von der beim Zubau von Wohnungen erforderlichen Erstausstattung. Wohl und Wehe der Möbelindustrie hängen daher am Schicksal des Baus. Sie ist konjunkturabhängig.

Das merke ich in meinem Wahlkreis. Ostwestfalen-Lippe ist ein Möbelzentrum. Hier werden viele Möbel für den deutschen Markt und den Export gebaut. In den letzten Jahren hat die regionale Branche stark von den Entwicklungen auf den Immobilienmärkten im benachbarten Ausland profitiert. Neue Fertigungskapazitäten wurden aufgebaut und qualifiziertes Personal ausgebildet und eingestellt. Die Region hat gewonnen. Doch nun platzen die Immobilienblasen im Ausland, Wohnungen werden nicht fertiggestellt oder stehen leer. Exportmärkte wie Frankreich und die Niederlande brechen ein. Der Absatz deutscher Möbel auf dem französischen Markt schrumpfte im Januar 2013 gegenüber dem Vorjahr um rund 16 Prozent, der in Italien um rund 12 Prozent. Die Lage auf den Auslandsmärkten bleibt angespannt. Im Februar wurden laut Verband der Möbelindustrie VDM 5,7 Prozent weniger deutsche Möbel ausgeführt als im Vorjahr.

Das Beispiel der Möbelindustrie zeigt, wie Blasen die Wirtschaftsstrukturen auch in angrenzenden Wirtschaftszweigen verzerren. Die künstliche Nachfrage nach Wohnungen hat vorgespiegelt, dass eine dauerhafte Nachfrage nach Möbeln zu erwarten sei. Die Peripherie-Blasen haben somit zu Investitionen in Deutschland geführt, die sich jetzt als Fehlinvestitionen erweisen können. Eine Blase im Immobiliensektor verzerrt somit nicht nur die Struktur der Investitionen dort, sondern in ihrem Gefolge auch den Aufbau anderer Industrien.

Dabei bleibt es nicht. Aus dem Markt höre ich, dass die Kreditbranche derzeit bevorzugt deutsche Möbelhäuser finanziert. Man rechnet wegen des deutschen Immobilienbooms – die Immobilienblasen wandern durch Europa und sind nun in Deutschland – mit einem Anziehen der Nachfrage, die bedient werden müsse. Man braucht Schauräume und neue, repräsentative Verkaufsflächen. Dafür brauchen die Möbelhändler Kredite, die ihnen von den Banken derzeit mit Kusshand zufliegen. Die Bonität der Möbelhändler wird in Erwartung besten Geschäfts kaum geprüft. Problematisch wird dies, wenn die Kredite nicht schnell genug vor Platzen der deutschen Immobilienblase rückgeführt werden. Dann werden die Möbelhändler in Schwierigkeiten geraten und mit ihnen die Banken. Blasen führen nur zu einer Scheinnachfrage. Investitionen, mit denen diese Scheinnachfrage bedient werden soll, müssen sich als schlecht erweisen. Das bedeutet: Immenser Wohlstand wird vernichtet. Wir könnten alle viel reicher sein, wenn es keine Blasen gäbe. Jede Blase bedeutet die Vernichtung von Kapital, von Zeit und Arbeitskraft.

Für dieses Zerstörungswerk der Blasen ist die Geldpolitik  verantwortlich. Das muss man sich bewusst machen. Die von den Zentralbanken befohlenen Niedrigzinsen bedeuten, dass Investitionen nur scheinbar gute Renditen abwerfen. In Wirklichkeit wird produziert, wofür wir keine Verwendung haben. Millionen von Arbeitsstunden werden verschwendet – Millionen von Arbeitsstunden, die abgeleistet werden, ohne dass am Ende ein bleibendes Werk entsteht. Stattdessen wird für die Müllhalde produziert – und ich übertreibe nicht. Diese Verschwendung von Arbeits- und Lebenszeit ist im Grunde ein Verbrechen.

Man führe sich vor Augen: Was wäre denn, wenn wir nicht dafür arbeiten würden, damit Blasenprojekte erbaut werden, sondern einfach in der Hängematte die Sonne genießen würden? Ich sage es Ihnen: Wir wären genauso vermögend. Es macht keinen Unterschied, ob Sie für Blasen arbeiten oder in der Sonne liegen. Doch die falsche Geldpolitik sorgt dafür, dass Sie Überstunden machen, statt sich zu bräunen. Das ist der Grund, warum ich seit Jahren für die Abschaffung des Zentralbankunwesens bin und für die Einführung einer marktwirtschaftlichen Geldordnung mit konkurrierenden Privatwährungen. Marktgeld würde uns nicht nur wohlhabender machen, sondern wäre auch gerechter und fairer.

Dieser Beitrag ist zuerst im Newsletter von Frank Schäffler erschienen.

Autor:

Frank Schäffler war bis 2013 Abgeordneter der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag.

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