Billiglohnland Deutschland?

Arbeitskosten in Deutschland und Frankreich je Arbeitsstunde

Die deutsche Lohnzurückhaltung sei der Grund dafür, weshalb der Euro unter Druck gerät, hieß es jüngst von Seiten unserer französischen Nachbarn. Denn das deutsche Lohndumping sei die Ursache für die hohen Leistungsbilanzdefizite vor allem der südeuropäischen Staaten. Gefordert wurde: Deutschland solle durch Anhebung des Lohniveaus seine Inlandsnachfrage stärken, um damit die exportschwachen Länder – darunter die Schuldensünder Griechenland, Spanien und Portugal – wieder wettbewerbsfähig zu machen.

Eine absurde Forderung. Denn trotz der moderaten Zuwächse der vergangenen 13 Jahre hat Deutschland immer noch die dritthöchsten Lohnkosten in Europa. Fakt ist: Die Arbeitskosten je geleisteter Stunde in der Industrie waren im Jahre 2008 in Deutschland (33,58 Euro) und Frankreich (33,23 Euro) fast identisch. Während Deutschland schmerzhafte Reformen durchgeführt hat, haben vor allem die südeuropäischen Länder über ihren Verhältnissen gelebt. Mit dem Lohn zu argumentieren, ist also wenig überzeugend. Der deutsche Wettbewerbsvorsprung kam nicht mit der Währungsunion über Nacht, sondern ist vielmehr das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Deutsche Produkte sind weltweit gefragt, weil sie mit ihrer Qualität überzeugen. Zudem ist es der deutschen Industrie gelungen Nischen zu besetzen. Kurz: Nicht Lohndumping, sondern Spitzenleistung und Innovation sind die Grundlage des erfolgeichen deutschen Exportmodells.

Mehr zur Krise des Euro finden Sie im INSM Griechenland-Dossier

Autor:

Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft.

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