Amazon ist ein Symptom

Buchverlage und Autoren zielen mit ihrem Kampf gegen Amazon auf ein Symptom. Die Ursache für die Probleme des traditionellen Buchhandels ist allerdings der Strukturwandel durch die Digitalisierung. Ihn zu verhindern hieße, die Menschen vom Lesen abzuhalten.

Gegen den Online-Buchhandel zu sein, gehört für viele Buchverlage und Autoren mittlerweile zum guten Ton. Sie stören sich an den Rabattforderungen, wie sie Amazon an die Verlagsgruppe Bonnier stellt. Und sie sind empört über die E-Book-Flatrate, mit der der Online-Händler in den USA für monatlich 9,99 Dollar unbegrenzten Zugang zu rund 600.000 E-Books und vielen Hörbüchern anbietet. Amazon diktiere „der Welt die Regeln, nach denen Bücher gelesen, geschrieben und publiziert werden“, schreibt die Zeit. Sie fasst damit die Kritik an dem Internetriesen zusammen. Buchverlage, Autoren und auch mancher Politiker sehen in Amazon einen Monopolist, gegen den vorgegangen werden muss. Die Verlage sollten ein Kartell gegen die vermeintliche Macht von Amazon bilden, lautet eine ihrer Forderungen.

Amazons Anteil am Online-Buchhandel liegt in Deutschland zwar bei 80 Prozent. Am gesamten Buchmarkt sind es aber gerade mal 25 Prozent. Der Konzern ist also ganz sicher kein Monopolist. Ein Monopol haben dagegen Autoren und Verlage auf ihr Werk, während Amazon aus Reputationsgründen darauf angewiesen ist, möglichst alle am Markt verfügbaren Buchtitel zu führen und von den Verlagen zu kaufen. Die Marktmacht der Verlage ist vermutlich auch der Grund, weshalb Amazon nun von seinen ursprünglichen Forderungen abgerückt ist. Auch wenn sich nun das Feuilleton der FAZ freut, dass die Verlage sich erfolgreich gegen Preissenkungen bei E-Books zur Wehr haben setzen können, ist dies für Verbraucher eine schlechte Nachricht. 

Das Problem des traditionellen Buchhandels ist aber nicht Amazon. Vielmehr macht ihm der Strukturwandel zu schaffen, den die Digitalisierung ausgelöst hat. Amazon ist dafür nur ein Symbol. Der Online-Händler setzt sich vor allem durch, weil die digitale Welt den Kunden bequemes Einkaufen ermöglicht. Dazu kommen maßgeschneiderte Beratung aufgrund der Kaufhistorie des Kunden und der ähnlicher Nutzer sowie ein größeres Sortiment. Sollten sich E-Books weiter durchsetzen, werden Verlage als Vermittler zwischen Autor und Handel überflüssig.

Es gibt im mit der Buchpreisbindung ohnehin schon regulierten Buchhandel keinen weiteren Regulierungsbedarf. Wer den Strukturwandel oder günstige Preise für E-Books durch Einschränken marktwirtschaftlicher Prinzipien verhindern will, würde damit vor allem eines tun: die Leute vom Lesen abhalten.

Autor:

Prof. Dr. Justus Haucap ist Direktor des Duesseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Partner der Düsseldorf Competition Economics GmbH und früherer Vorsitzender der Monopolkommission.

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