Lunch-Diskussion: Kein Wachstum, kein Wohlstand.

Produktivitätsfortschritt ist die Keimzelle von Wirtschaftswachstum. – Doch Deutschland befindet sich im fünften Rezessionsjahr in Folge: Immer mehr Mobile und Produktive verlassen das Land. Dadurch steigt der Druck auf die aktuelle Bundesregierung, denn kontinuierliches Wachstum könnte den Haushalt entlasten, eine Umverteilung ermöglichen und den Sozialstaat bezahlbar halten.

Genau deshalb betreffe Wirtschaftswachstum jeden einzelnen ökonomischen Aktiven, wie Prof. Dr. Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft (IfW-Kiel) in seiner Keynote am 10. November im F.A.Z. Atrium ausführte. Dabei sprach er von der Tendenz einer Negativspirale durch Umverteilungskonflikte bei begrenzten Kapazitäten. Das Potenzial für soziale Spannung steige, weil die Kluft zwischen Erwirtschaftetem und Beanspruchtem größer werde. Diese Abwägung schwäche zusätzlich die wirtschaftliche Dynamik und ökonomische Tätigkeit, weswegen es wichtig sei zu verstehen, dass Standortpolitik immer etwas für die Immobilen, d. h. weniger gut ausgebildeten, ist, da besser ausgebildete im Notfall die Möglichkeit hätten das Land zu verlassen.

„Auch für die Abgabenschraube gilt: Nach fest kommt ab. Wenn Sie sie überdrehen, lohnt sich ökonomische Aktivität weniger und sie müssen damit rechnen, dass die besonders Produktiven, die zugleich besonders mobil sind, als Erste das Land verlassen. […] Und es wird für diejenigen die zurückbleiben immer härter. […] Standortpolitik ist immer etwas für die Immobilien […] d. h. die weniger gut ausgebildeten. Für die oberen 10.000 und die sehr gut ausgebildeten brauchen Sie im Zweifel keine gute Standortpolitik. Die können, wenn es zu schlimm wird, das Land verlassen.“

In einem kontrovers aufgestellten Panel unter Moderation von Dr. Inga Michler von Welt, diskutierten Sepp Müller, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, Christian Dürr, Parteivorsitzender der FDP und Ulrike Hermann, Wirtschaftsredakteurin bei der taz über mögliche Grenzen des Wachstums und Handlungsspielräume für Staat und Politik.

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Schwächeres Wachstum verändere den finanziellen Rahmen politischer Entscheidungen, wie der Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion Müller anmerkte:

„Mit fehlendem Wachstum und steigenden Sozialausgaben werden wir täglich Verteilungsdiskussionen haben, die zwischen den Generationen und zwischen den Parteien ablaufen.“

Ulrike Hermann hob hervor, dass wirtschaftliche Entwicklung langfristig in der Verantwortung stehe, ökologische Belastungsgrenzen einzuhalten:

„Man kann nicht einfach sagen wir wachsen weiter, wenn die Erde das nicht erträgt. […] Ich sehe die Vorteile des Wachstums. Mein einziger Punkt ist: Dass ich nicht glaube, dass wir diesen Kurs unendlichen fortsetzen können. […] Ich bin für den Kapitalismus, aber wir müssen langsam mal die Augen öffnen und sehen, dass wir direkt auf die Katastrophe zusteuern.“

Sie lenkte dennoch ein, dass man dafür demokratische Mehrheiten brauche. Kooths hingegen forderte, das tiefe Misstrauen gegenüber Marktprozessen zu überwinden. Ein Wust an Bürokratie fessle durch viele Einzelfallregulierungen die ökonomische Dynamik und müsse vielmehr in allgemeine Regeln gegossen werden. Dem stimmte Müller zu, er würde die Zahl der Beamten und Angestellten bei der Bundesverwaltung um 50 Prozent reduzieren.

Der FDP-Parteivorsitzende Dürr forderte:

„Dieses Land muss mehr Risiko wagen. […] Und zwar nicht, indem wir Politiker entscheiden lassen, sondern indem wir die Soziale Marktwirtschaft entscheiden lassen.“

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