Rentenalter an Lebenserwartung koppeln
Mit dem langsamen schrittweisen Ansteigen des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre bis 2031 wurde ein gesellschaftlicher Kompromiss gefunden: Auf diese Weise werden die Lasten der Demografie zwischen Rentnern und Beitragszahlern aufgeteilt. Wenn die Lebenserwartung in Deutschland – was zu wünschen ist – auch nach 2031 weiter steigt, sollte auch das Renteneintrittsalter weiter erhöht werden. Andernfalls würden allein die Jüngeren die Kosten dieser weiteren Steigerung der Lebenserwartung tragen. Denkbar wäre, von drei Monaten mehr Lebenserwartung zwei Monate länger zu arbeiten und einen Monat länger Rente zu beziehen. Das entspräche auch ungefähr dem aktuellen Verhältnis von Arbeitszeit und Rentenbezugszeit. Mal angenommen, die Lebenserwartung würde innerhalb von zehn Jahren um neun Monate steigen, läge das Renteneintrittsalter 2041 bei 67,5 Jahre. Der pauschale Vorwurf, auf diese Weise drohe innerhalb kürzester Zeit die „Rente mit 70“, ist also falsch. Denn umgekehrt gilt auch: Sofern die Lebenserwartung nicht weiter steigt, bliebe auch das Renteneintrittsalter unverändert.
„Rente mit 63“ auslaufen lassen
Die „Rente mit 63“ wurde offiziell zur Unterstützung von Menschen eingeführt, die in körperlich sehr anstrengenden Berufen arbeiten (wie etwa Dachdecker oder Maurer). Da diese das reguläre Renteneintrittsalter kaum erreichen könnten, sollten sie laut Politik die Möglichkeit haben, schon vorher abschlagsfrei in Rente zu gehen. Empirisch zeigt sich aber, dass die „Rente mit 63“ überwiegend von Menschen mit körperlich wenig fordernden Tätigkeiten, etwa im öffentlichen Dienst, genutzt wird. Auch haben ihre Nutzer eher mittlere als geringe Einkommen. Gleichzeitig werden durch die stärker gestiegenen Beiträge im Zuge der „Rente mit 63“ Geringverdiener besonders stark belastet, da für sie die Abzüge für die Sozialversicherungen den größten Teil der Lohnabzüge darstellen. Insofern ist sie eine Umverteilung von unten nach oben. Die „Rente mit 63“ sollte daher abgeschafft werden. Würde man sie bis 2031 langsam auslaufen lassen, würde die Rentenversicherung bis 2045 um knapp 227 Milliarden Euro entlastet. Der Anstieg des Rentenbeitrags fiele um 0,5 Prozentpunkte geringer aus.
Altersarmut gezielt bekämpfen – außerhalb der Rentenversicherung
Rentner, die in Armut leben, verdienen die Unterstützung der Solidargemeinschaft. Wichtig ist dabei, dass Unterstützung gezielt gewährt wird, um mit öffentlichen Geldern effizient umzugehen und keine neuen Ungerechtigkeiten zu schaffen. Die 2021 eingeführte Grundrente erfüllt beide Kriterien nicht. Zum einen, weil sie unabhängig von der genauen Vermögenssituation gewährt wird. Zum anderen, weil durch sie sowohl ungleiche Rentenbeitragszahlungen zu ähnlichen Renten führen, als auch gleiche Beitragszahlungen zu unterschiedlichen Renten. Dies geschieht, da unter gewissen Bedingungen (33 Jahre an „Grundrentenzeiten“ wie z.B. Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehungszeiten, nicht aber Zeiten mit freiwilligen Beiträgen sowie ein durchschnittlicher Verdienst von weniger als 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes) Rentenpunkte aufgewertet werden – bei Nicht-Erfüllung der Kriterien aber nicht. Das ist ungerecht und nach Expertenmeinung evtl. sogar verfassungswidrig und enorm bürokratisch. Altersarmut muss gezielt nach einer Bedürftigkeitsprüfung und wie bisher mit der Grundsicherung im Alter adressiert werden. Bei der Rente muss wiederum gelten: Wer mehr einbezahlt, muss auch mehr herausbekommen.
Mindestvorsorgepflicht für Selbstständige einführen
Die Hauptursache von Altersarmut ist fehlende Altersvorsorge. Davon sind auch Selbstständige betroffen. Sie sollten daher zur Mindestaltersvorsorge verpflichtet werden, damit sie später nicht von der Allgemeinheit über Steuern finanziert werden müssen. Ausnahmeregelungen für Existenzgründer in der Start-up-Phase sind sinnvoll, da Selbständige oftmals in den ersten Jahren nach Gründung wenig oder gar kein Geld verdienen. Dabei sollte ihnen selbst überlassen werden, wie sie für ihr Alter vorsorgen, um der notwendigen Flexibilität einer Selbständigkeit Rechnung zu tragen. Falsch wäre es, Selbstständige zwangsweise in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Das würde die demografisch bedingte Schieflage der Rentenversicherung verstärken, da der zusätzlichen Liquidität in der Gegenwart Rentenanwartschaften für die Zukunft entgegenstehen.
Kapitalgedeckte Altersvorsorge breit fördern
Aufgrund des demografischen Wandels kann das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente den Lebensstandard im Alter nicht garantieren. Es ist daher notwendig, das Umlageverfahren mit zusätzlicher Vorsorge am Kapitalmarkt zu ergänzen. Trotz immer wieder vorkommender kurzfristiger Schwankungen zahlen sich Kapitalmarktinvestitionen über einen langen Anlagezeitraum aus. Zusammengenommen kann so ein höheres Sicherungsniveau erreicht werden als durch eine alleinige Absicherung über das Umlageverfahren. Da die zu diesem Zweck eingeführte Riester-Rente wegen überzogener bürokratischer und inhaltlicher Hürden keine ausreichende Verbreitung erreicht hat, sollte der unter der Ampel diskutierte Ansatz einer Neuaufstellung der privaten Vorsorge in Form eines staatlich geförderten Altersvorsorgekontos wieder aufgegriffen werden. Hierfür wären u.a. auch steuerliche Anpassungen notwendig (z.B. bessere Verlustverrechnungsmöglichkeiten und die Wieder-Einführung einer Spekulationsfrist). Grundsätzlich sollte bei privater und betrieblicher Vorsorge daher auf Beitragsgarantien verzichtet werden, um die Vorteile von Kapitalmarktinvestitionen voll ausnutzen zu können.